- Pfalz-Express - https://www.pfalz-express.de -

EU-Fondspaket: Jetzt folgen heftige Diskussionen – doch der ”Deutsche Riese” hat gewonnen

Europäisches Parlament in Straßburg.
Quelle: pixabay

Nach mehr als vier Tagen fast ununterbrochenem Verhandlungsmarathon ist das 750 Millionen Euro Paket zur Stützung der europäischen Wirtschaft von den Staatschefs der 27 europäischen Staaten beschlossen worden.

Was für viele nach einer Einigung unter konstruktiven Gesichtspunkten aussieht glich tatsächlich eher einem Politischen Schlachtfeld. Denn die 500 Milliarden die ursprünglich quasi als zinslose Geldgeschenke verteilt werden sollten, wurde vorrangig von den nördlichen Staaten vergleichsweise wie ein Casino Bonus ohne Einzahlung [1] eingestuft.

Ähnlich wie in einem Online-Casino erhalten die Länder Geldgeschenke ohne eigenes Risiko. Das Risiko hingegen trägt die Bank – oder in diesem Fall die Geberländer. Nach deren Meinung erhalten hauptsächlich die südlichen Staaten Geldgeschenke ohne sich am Topf beteiligen zu müssen.

Widerstand der sparsamen Vier hat Erfolg und findet Unterstützer

Schon zu Beginn der Verhandlungen zeichnete sich mit dem Block der sparsamen Vier, also Österreich, Schweden Niederlande und Dänemark ein mächtiger Block ab der sich gegen die geplanten Geldgeschenke aussprach.

Dass diese nicht alleine mit Ihren Vorbehalten waren zeigte sich, als Finnland dem Block beitrat und die Widerstandsgruppierung verstärkte. Der Druck auf die anderen Mitgliedsstaaten hatte Erfolg denn nach vier Verhandlungstagen konnte die Summe der Unterstützungszahlungen von 500 Milliarden auf 390 Milliarden gedrückt.

Der Rest des Finanzpaketes immerhin 360 Milliarden Euro wird als Kreditleistung an die jeweiligen Mitgliedsländer vergeben. Wer aber glaubt das nach der Einigung nun alle Probleme beseitigt sind liegt definitiv falsch.

Die Probleme hinter dem vermeintlichen Erfolg

Schon bei den Verhandlungen wurden viele Probleme und Unstimmigkeiten zwischen den Mitgliedsstaaten ausgeklammert und diese werden sich wohl im Nachhinein noch schwerwiegend bemerkbar machen. Einer dieser Streitpunkte war, dass nur rechtsstaatliche Nationen diese Fördergelder bekommen sollten.

Polen und Ungarn wären damit von Geldzuwendungen ausgeschlossen worden. Doch diese Forderung wurde am Ende vorläufig unter den Tisch fallen gelassen. Polen und Ungarn sehen sich indes in ihren Handlungen bestärkt. Eine Rückkehr zu rechtsstaatlichen Prinzipien, wie einer unabhängigen Justiz und Pressefreiheit, ist somit wohl nicht so schnell zu erwarten.

Eine weitere Problematik ist die Tatsache das während der Verhandlungen eine Umverteilung des Geldes beschlossen wurde. So wird wohl weitaus weniger Geld in die Bereiche Forschung, Entwicklung und Erziehung fließen, wie von Frau Van der Leyen ursprünglich erhofft.

Was im ersten Moment wenig dramatisch klingt, hat langfristig allerdings erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Ländern wie Italien und Spanien. Diese Länder werden in den nächsten Jahren Schwierigkeiten haben, im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben – eben, weil ihnen die technologischen Entwicklungen fehlen.

Doch wer glaubt, dass der 750 Milliarden Poker jetzt sein vorläufiges Ende findet, sieht sich getäuscht. In jedem der 27 Mitgliedsländer muss das Hilfspaket [2] noch durch die Parlamente. Wird es nur in einem davon nicht angenommen, muss das gesamte Paket von den Staatschefs neu verhandelt werden, denn ein solcher Beschluss muss immer einstimmig erfolgen.

Und der Gewinner ist….. Deutschland

Es mag für viele absolut erstaunlich sein, aber der Gewinner beim Kampf um diesen Milliarden Poker ist die Bundesrepublik Deutschland.

Und das gleich aus mehreren Gründen:

· Deutschland muss weniger zahlen als erwartet. Statt wie ursprünglich geplant 500 Milliarden, werden nur 390 Milliarden rückzahlungsfrei verteilt. Für die Bundesrepublik heißt das, dass sie ebenfalls entsprechend weniger zahlen muss. Als größter Nettozahler in Europa hat Deutschland somit auch die größte Ersparnis.

· Zusätzliches Geld für Deutschland: Kanzlerin Merkel hat es geschafft dafür zu sorgen, dass 500 Millionen Euro in Ostdeutschland investiert werden. Gerade für strukturschwache Regionen wie Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ist das eine wichtige Finanzspritze.

· Die Bundesrepublik ist nicht mehr der Buhmann Europas: Jahrelang wurde Deutschland vor allem von Staaten wie Italien für ihre wirtschaftliche Misere und der mangelnden Unterstützung durch die EU verantwortlich gemacht. Durch den Widerstand der “sparsamen Vier” zeigte sich nun, dass es nicht nur die Bundesrepublik ist, die sich gegen Italiens Haushaltspolitik stellt.

Für Deutschland, als momentan ratsführende Nation, verbessert sich so die Rolle als Vermittler zwischen den EU-Staaten. Gleichzeitig konnte während des Gipfels, ein deutlich engerer Schulterschluss mit Frankreich erzielt werden. Das kann und wird sich wahrscheinlich positiv auf zukünftige politische Projekte in Europa auswirken.

· Durch neuen Verteilungsschlüssel mehr Vorteile: Gleich zum Anfang des Gipfels wurde ein neuer Verteilungsschlüssel für die Fördergelder beschlossen. Grund dafür war eine langfristige Unwägbarkeit, bei der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung der EU-Staaten. Doch durch den neuen Verteilungsschlüssel, fließen nun weitaus mehr finanzielle Mittel zurück nach Deutschland, wie zuvor gedacht.

· Die Vormachtstellung Deutschlands wird weiter ausgebaut: Einer der wichtigsten Knackpunkte im 750 Milliarden-Poker sind die gekürzten Forschungsmittel. Die Entwicklung der anderen Staaten wird dadurch langfristig gebremst. Deutschland als einer der führenden Forschungs- und Technologienationen kann somit seinen Vorsprung noch deutlicher ausbauen.

Harte Verhandlung und viele Gewinner

Um aus einem so komplizierten Verhandlungspoker auch einigermaßen glimpflich herauszukommen, brauchen Staatschefs Nerven wie Stahl, solide Informationen und politischen Weitblick.

Die Chancen, hier Erfolg zu haben ist tatsächlich so hoch, wie im Synergy Casino [3] die Hausbank zu sprengen. Doch so wie es scheint, können sich trotzdem nach diesem Verhandlungsmarathon eine ganze Reihe der Staatschefs, als Sieger fühlen.

Von den Führern der sparsamen Vier, Italien und Spanien als größte Nutznießer des Finanzpakets über Polens und Ungarns Regierungschef, bis hin zu Merkel und Macron, denen eine hervorragende Vermittlung gelungen ist.

Print Friendly, PDF & Email [4]