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Erdogan vergleicht Absage von Auftritten mit „Nazi-Praktiken“

Präsident Erdogan bei einem Wahlkampfauftritt in Karlsruhe. Foto: pfalz-express.de/Licht [1]

Präsident Erdogan bei einem Wahlkampfauftritt in Karlsruhe.
Archivbild: pfalz-express.de/Licht

Istanbul  – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Absage von Auftritten türkischer Politiker in Deutschland scharf kritisiert.

Das Vorgehen unterscheide sich nicht von den früheren „Nazi-Praktiken“, sagte Erdogan am Sonntag bei einer Rede in Istanbul. Er habe geglaubt, Deutschland habe diese Zeiten hinter sich gelassen, so der türkische Präsident weiter.

Zuletzt waren mehrere Veranstaltungen mit türkischen Politikern in Deutschland gestoppt worden, darunter ein Wahlkampfauftritt des türkischen Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci in Frechen bei Köln, die baden-württembergische Stadt Gaggenau hatte die Genehmigung für eine Veranstaltung der Union Europäisch-Türkischer Demokraten mit dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag widerrufen.  

Kauder:  „unglaublich und nicht akzeptabel“

Volker Kauder, der Fraktionsvorsitzende von CDU/CSU, hat die Vorwürfe des türkischen Präsidenten scharf kritisiert: „Das ist ein unglaublicher und nicht akzeptabler Vorgang, dass der Präsident eines Nato-Mitgliedes sich so über ein anderes Mitglied äußert“, sagte Kauder im „Bericht aus Berlin“. „Und vor allem einer, der mit dem Rechtstaat ja erhebliche Probleme hat.“

Am Samstag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel noch mit Ministerpräsident Binali Yildirim telefoniert, doch zu einer Beruhigung der deutsch-türkischen Beziehungen hat das offenbar nicht beitragen können: „Ich weiß nicht, ob überhaupt jemand Erdogan im Augenblick deeskalieren kann“, so Kauder. „Der hat nur seine Idee im Kopf, sein Präsidialsystem durchzusetzen und man merkt aus seiner Reaktion, dass er durchaus ja auch die Sorge hat, verlieren zu können, und deswegen reagiert er so.“

Ein Auftrittsverbot für türkische Politiker in Deutschland lehnt Kauder weiterhin ab: „Ich bleibe aber dabei, dass wir genau nicht in diese Falle tappen dürfen, dass wir das jetzt machen, was Erdogan macht – nämlich Grundrechte zu beschneiden.“ Allerdings mahnt er mit Blick auf einen möglichen Auftritt von Erdogan in Deutschland: „Wenn weiter solche Formulierungen kommen, dann muss das schon auch zu der Reaktion führen, um klar zu sagen, das dulden wir auf deutschem Boden nicht.“

Die Linken-Bundestagesabgeordnete Sevim Dagdelen bekräftigte im „Bericht aus Berlin“ ihre Forderung nach einem Auftrittsverbot für türkische Regierungsvertreter. „Wir dürfen als Demokratie nicht zuschauen, wenn einfach eine Demokratie abgeschafft wird und eine Diktatur errichtet wird“, betonte sie.

„Meinungsfreiheit beinhaltet nicht die Freiheit für die Einführung der Todesstrafe, gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland sozusagen zu hetzen. Und Deutschland zu einer Wahlkampfarena der türkischen Regierung zu machen, wo die Opposition gleichzeitig in der Türkei in den Foltergefängnissen eingekerkert ist.“

Erdogans Nazi-Vergleich kritisierte Dagdelen als „eine ungeheuerliche Verharmlosung des deutschen Faschismus“ und als eine Verhöhnung der Opfer. „Und wenn etwas hier irgendwie an den früheren Faschismus erinnert, dann ist das doch die Methode Erdogans: Nämlich Journalisten, Presse und auch die Opposition auszuschalten. Seine Gewaltpolitik und gleichzeitig auch die Säuberung des Staatsapparates und seine Hetztiraden.“

(dts Nachrichtenagentur/red)

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