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Einigkeit bei allen Fraktionen: Bürgerbeteiligung in Landau sehr erwünscht

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Gestern im Landauer Rathaus…
Foto: Ahme

Landau. Ungewohnt einig war  man sich im Stadtrat über Punkt 3 der Tagesordnung in der letzten Stadtratssitzung. Es geht darin um „aktive Bürgerbeteiligung als wichtiger Bestandteil der politischen Willensbildung“. 

Nachdem die SPD-Fraktion den Antrag auf Durchführung einer Anhörung gestellt hatte (genauer Wortlaut im Anschluss), äußerten sich die Fraktionen sowie OB Schlimmer im Stadtrat-Plenum.
Schlimmer erklärte, dass am 7. Oktober ab 17 Uhr ein Symposium, wahrscheinlich im Alten Kaufhaus stattfinden werde, das interaktiv mit einer Moderation gestaltet werden solle.

Man wolle bestimmt keine „Klick-Demokratie“ unterstrich noch einmal Dr. Ingenthron, Fraktionsvorsitzender der SPD. Durch den Bau eines Rechenzentrums und dadurch verbesserte technische Möglichkeiten könnten sich neue Perspektiven ergeben. Der Bürger solle in einen Prozess der Verantwortung mit einbezogen werden. Interessant sei auch in diesem Zusammenhang, wie dies in anderen Kommunen geklappt habe.

Von „Leitplanken“, die gesetzt werden müssten, sprach Susanne Schröer von den Grünen. Wichtige Themen seien noch nicht angesprochen worden, mehr Transparenz von nöten. Zur Transparenz gehörten nach Meinung  der Grünen die Einbeziehung von einer Enquete-Kommission Rheinland-Pfalz und dem Verein „Mehr Demokratie e. V.“. Anhörungen sollten öffentlich sein.

Peter Lerch von der CDU sprach sich ebenfalls für eine Bürgerbeteiligung aus: „Das macht Sinn, obwohl das Thema nicht neu ist“. Man solle in den Fraktionen Vorschläge, was die Teilnehmer betreffe, besprechen.

Die FWG  machte sich Gedanken, wie in Zeiten erschreckend geringer Wahlbeteiligungen eine praktische Umsetzung direkter Bürgerbeteiligung umsetzbar sein könnte. Wie Mehrfachnennungen vermeiden, wie möglichst viele Leute einbinden: diese Fragen beschäftigte FWG-ler Wolfgang Freiermuth.

In diesem Symposium sollten auch Risiken besprochen werden, gab Jochen Silbernagel von der FDP-Fraktion zu bedenken. Dazu bedürfe es Fachleuten. „Uns ist das Herz aufgegangen beim Thema Bürgerbeteiligung“ schwärmte Bertram Marquardt von der UBFL. „Die SPD liegt hier voll auf UBFL-Linie“, so Marquardt. Auch Marquardt betonte die Wichtigkeit von Transparenz, aber auch die Frage des richtigen Standortes des geplanten Rechenzentrums müsse berücksichtigt werden.

Beispiele für Bürgerbeteiligung wurden auch genannt. Schlimmer verwies auf die Prämierung des Untertorplatzes oder auf den „Runden Tisch Barrierefreiheit“. Im Übrigen solle man die Bürgerschaft nicht mit Bagatellumfragen behelligen. (desa)

Info Antrag SPD-Fraktion:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
hiermit stelle ich im Namen der SPD-Stadtratsfraktion gemäß § 35 Abs. 2 der Gemeindeordnung den Antrag auf Durchführung einer Anhörung.

Hintergrund: Bürgerbeteiligung als wichtiger Bestandteil der politischen Willensbildung. Die Diskussion um die Frage, wie Bürgerinnen und Bürgern an der politischen Willensbildung in einer Gemeinde beteiligt werden können, nimmt immer breiteren Raum ein. Auch in Landau beschäftigen sich Rat und Verwaltung mit diesem Thema,nicht zuletzt in der Annahme, dass sich durch den Bau eines Rechenzentrums und
dadurch verbesserte technische Möglichkeiten neue Perspektiven ergeben.

Dabei kann die Technik nur eine Grundlage dafür bilden, was an Bürgerbeteiligung tatsächlich machbar und gewünscht ist. Die entscheidende Größe ist der Wille von Rat und Verwaltung sowie eine angemessene personelle und finanzielle Ausstattung.
Der Rat wird eine Anhörung darüber durchführen, wie Bürgerinnen und Bürger mittels  moderner Kommunikation stärker an der politischen Arbeit partizipieren und sich einbringen können. Die SPD-Fraktion hat dieses Ansinnen in der Ratssitzung am 28.Januar begrüßt und der geplanten Anhörung aus Überzeugung zustimmt.

Bei gleicher Gelegenheit habe ich aber auch darauf hingewiesen, dass die netzbasierte Bürgerbeteiligung wiederum nur einen Teilaspekt darstellt. DieDiskussion, Meinungsbildung und Artikulation von Interessen wird sich auch weiterhin ganz wesentlich im Gespräch, in der persönlichen Begegnung abspielen. Das Netz
kann das nicht ersetzen, sondern ergänzen!
Zielsetzung:
Gerade jüngere und ältere Menschen gehören zu den Gruppen, deren Einbindung in die politische Willensbildung, aber auch in das bürgerschaftliche Engagement besonders wichtig und lohnend ist. Junge Menschen können hier Erfahrungen sammeln, Ideen einbringen und deren Realisierung begleiten. Sie lernen demokratische Prozesse und deren Chancen und Grenzen kennen.

Ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger verfügen über ein riesiges Potenzial an Erfahrungen, oft auch an Kraft und den Willen, diese nutzbringend für die Allgemeinheit einzubringen. Ihre Zahl nimmt beständig zu, so dass dies im besten Sinn ein „Wachstumsmarkt“ ist.

Wie können beide Bevölkerungsgruppen ihre Interessen möglichst wirkungsvoll artikulieren? Wie kann die Stadt Landau diesen großen Teil der Bevölkerung möglichst sinnvoll und effizient einbinden? Bisherige Ansätze, wie die Wahl eines Jugendparlaments, haben nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt.

Eine Anhörung kann dazu beitragen herauszufinden, welchen Weg die Stadt einschlagen sollte. Das heißt also nicht, dass wir das Rad vollständig neu erfinden müssen, sondern wir sollten vor allem von den Erfahrungen anderer profitieren und sie dann nutzbringend für Landau einsetzen.

Wir erhoffen uns durch eine Anhörung Impulse für den Diskussionsprozess in Landau.Die Bereitschaft zum Engagement von Menschen ist eine enorme Ressource, die wir stärker noch als bisher nutzen sollten. Welchen Weg wir dabei als Kommune einschlagen und welche Strukturen am Ende dieses Prozesses stehen, wollen wir
bewusst offen lassen.
Referenten:
Es sollten Vertreter anderer Gebietskörperschaften eingeladen werden, die bestimmte Modelle erprobt haben und die uns davon berichten können, was sich dort bewährt hat und warum möglicherweise Ansätze gescheitert sind.
Als Referenten könnten weiterhin eingeladen werden einerseits Vertreter von Jugendorganisationen, von örtlichen Jugendvertretungen unterschiedlicher Varianten, ggf. aber auch von losen oder festen Zusammenschlüssen junger Menschen, die sich mindestens punktuell, besser aber dauerhaft für und in einer Kommune engagieren
und die Interessen der jungen Menschen bündeln und artikulieren.
Auf der anderen Seite sollten Repräsentanten der Landesseniorenvertretung Rheinland-Pfalz e. V. geladen werden. Die Landesseniorenvertretung ist der Dachverband von über 90 kommunalen Seniorenräten in Rheinland-Pfalz.
Auch hier bietet es sich an, Vertreter von Kommunen einzuladen, in denen
unterschiedliche Formen von Beteiligung für und durch ältere Bürgerinnen und Bürger
erfolgreich praktiziert werden.

Auch das Seniorenbüro Landau sollte in die Anhörung einbezogen werden. Hier wird wertvolle praktische Arbeit von älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern geleistet. Es ist aber kein Organ der Willensbildung. Möglicherweise kann hier eine Verknüpfung, eine Kooperation oder eine Weiterentwicklung des Seniorenbüros ein fruchtbarer Ansatz sein. Wir setzen jedenfalls darauf, keine unnötigen Doppelstrukturen zu schaffen.

Verfahren:
Aus Gründen der Praktikabilität schlagen wir eine zweigeteilte Anhörung vor.

Ausblick:
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Aus Bürgerbeteiligung und Interessenartikulation erwachsen vielfältige Chancen für unsere Stadt. Dazu gibt es viele Modelle und Verfahrensweisen, aus denen wir die passenden Komponenten für Landau auswählen sollten. Nutzen wir die Erfahrungen anderer und machen uns auf
den Weg, um Defizite zu beseitigen und die bestehenden Ansätze in angemessener
Weise auszubauen.

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