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Diktat aus Mainz: Hauenstein muss mit Dahn fusionieren – Verbandsgemeinderat im Dilemma

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Die Bürger sind unzufrieden und fühlen sich von Mainz nicht ernst genommen.
Foto: hi

Hauenstein. Der Andrang der Bevölkerung war groß in der 27. Sitzung des Verbandsgemeinderats, der daher ausnahmesweise im Bürgerhaus tagte, als es am vergangenen Dienstag darum ging, ob die VG Hauenstein „freiwillig“ Verhandlungen mit der VG Dahn aufnehmen soll über eine Fusion.

Die bekannten Fakten:

1. Eine Bürgerbefragung an der Wahlurne fand am 7. Mai 2017 statt, zusammen mit der Landratswahl.

Das Ergebnis ist bekannt: In den Ortsgemeinden des Luger Tals haben rund 90% der betroffenen Bürger für eine Fusion mit der VG Annweiler votiert. Auch in Hauenstein selbst haben sich 68% für Annweiler ausgesprochen. (Nur Hinterweidenthal hatte mit 56% mehrheitlich für Dahn gestimmt).

Die Wahlbeteiligung war mit rund deutlich höher als bei der Landratswahl.

2. Die VG Hauenstein hatte in einem „Sondierungsbericht“ das Ergebnis ihrer Gespräche und Überlegungen zusammengefasst und durch Bürgermeister Werner Kölsch an das Innenministerium übergeben.

Darin wurde auf die einstimmigen Ratsbeschlüssen der Ortsgemeinden des Luger Tals für eine Eingliederung in die VG Annweiler hingewiesen.

Es wurde ausdrücklich auf die im Gesetz genannten fünf Kriterien Erfordernis der Raumordnung, Landschaftliche und topografische Gegebenheiten, öffentliche Verkehrsinfrastruktur, historische und religiöse Bindungen und Beziehungen Bezug genommen.

3. In einem einstimmigen Votum des Ortsgemeinderats Hauenstein bekundeten die Ratsmitglieder ihren Respekt vor dem Bürgerwillen, der sich im eindeutigen Ergebnis der Wählerbefragung spiegelt.

In der Begründung stellten die Räte fest, dass sich die wirtschaftlichen Verbindungen Hauensteins dominant in Richtung Vorderpfalz entwickelt haben.

Dies gelte auch für einen großen Teil der kulturellen Interessen der Bevölkerung. Annweiler sei mit dem Queichtal eine ganz natürliche Verbindung für die Hauensteiner.

4. In einem Beschluss des Kreistags Südwestpfalz wird mehrheitlich entschieden, die VG Hauenstein nicht aus dem Kreis ausscheiden zu lassen.

Die Gesetzeslage ist eindeutig. Bei Gebietsänderungen im Rahmen der laufenden Kommunal- und Verwaltungsreform ist es Sache des Gesetzgebers, derzeit also der SPD-geführten Landesregierung in Mainz, die im Gesetz aufgeführten Kriterien abzuwägen und dann zu entscheiden.

Der Abwägungsprozess bei der Landesregierung  – so ist zu vermuten – verengt sich auf den Beschluss des Kreistags Südwestpfalz.

Jedenfalls findet in keinem Wort der erklärte Bürgerwille Erwähnung. Die Verbandsgemeinde Hauenstein wird aufgelöst und mit der VG Dahn fusioniert.

Basta. Entweder in der Freiwilligkeitsphase durch Verhandlungen der VG-Räte, ansonsten droht die Zwangsfusion. Frei nach Goethe in der Erlkönigballade: Und bist du nicht willig, so brauch‘ ich Gewalt.

In dieser Situation musste der Rat der VG Hauenstein am 12. Juni darüber abstimmen, ob er freiwillige Verhandlungen mit der VG Dahn aufzunehmen bereit ist. In der Aussprache darüber wurde das Dilemma deutlich, in das Hauenstein durch die Mainzer Landesregierung gebracht wurde.

Andreas Wilde (SPD): „Wir als SPD-Fraktion haben alle Beschlüsse unterstützt, um zu einer kreisübergreifenden Lösung zu kommen, die dem Bürgerwillen entspricht. Wir sind nicht zufrieden mit der Richtungsentscheidung, dass wir im Landkreis Südwestpfalz bleiben müssen. Aber den Kopf in den Sand zu stecken, bringt nichts. Eine Zwangsfusion wäre nachteilig für die Einwohner in den Ortsgemeinden. Daher stimmen wir für die Aufnahme von Verhandlungen mit Dahn“.

Norbert Meyerer (CDU) hält die angeführten Argumente aus Mainz für „scheinheilig“: „Mit keinem Wort geht der Staatssekretär Kern in seinem Brief auf die Argumente im Sondierungsbericht ein. Der Befehl lautet eindeutig: Ihr werdet zur VG Dahn addiert. Wir sind gegen ein untertäniges Einknicken vor der Obrigkeit und lehnen daher Verhandlungen ab, zumal die Verbandsgemeinde gar nicht berechtigt ist, ein Fusions-Ergebnis zu verhandeln, solange die Ortsgemeinden noch nicht darüber abgestimmt haben, ob sie einer Fusion mit Dahn überhaupt zustimmen.“

Hauensteins Ortsbürgermeister, Bernhard Rödig (FDP), schließt sich den Ausführungen von Meyerer an und betont: „Die Bürgerbefragung ist nach strengen Vorgaben der Landesregierung an der Wahlurne durchgeführt worden. Ich fühle mich dem Votum der Bürger verpflichtet. Die Beteiligung der Bürger ist ein Kernelement unserer Demokratie. Der Stil der Landesregierung ist undemokratisch. Ich bin nicht bereit, mich dem Diktat aus Mainz zu beugen. Wir sind keine Untertanen und lassen nicht mit uns spielen.“

Jürgen Brödel (BfW), Ortsbürgermeister von Wilgartswiesen, erklärt: “Die Landesregierung macht hier einen großen Fehler. Sie rüttelt damit an der Basis unserer Demokratie. Das Bürgervotum war eindeutig. Und jetzt soll der Bürgerwille missachtet werden. Die Volksvertreter in Mainz müssen mal wieder den Boden suchen, sonst hat unsere Demokratie keine Bestandsgarantie. Die BfW wird versuchen, in den Verhandlungen das Beste herauszuholen.“

Herbert Schwarzmüller (FWG), Ortsbürgermeister in Schwanheim, ist gleichermaßen ungehalten und meint: „Die Art und Weise, wie mit uns und unseren Bürgern umgegangen wird, ist nicht in Ordnung. Auch die CDU-Landrätin, Susanne Ganster, hat vor ihrer Wahl gesagt, dass sie sich für den Bürgerwillen einsetzt. Und kaum im Amt, ist sie dagegen.“

Die FWG-Fraktion sei dafür, zunächst zu verhandeln. Dann sei über das Ergebnis in den Ortsgemeinden abzustimmen.

Auch Manfred Seibel von den Grünen schließt sich allen Vorrednern ausdrücklich an und führt aus: „Auch wir haben seitens der Grünen alles In Mainz unternommen, um dem Bürgerwillen zu entsprechen. Aber das ist jetzt abgelehnt worden. Wir wollen daher nun im Rahmen der Vorgaben durch die Landesregierung das Beste für unsere Bevölkerung herausholen. Wenn das Verhandlungsergebnis vorliegt, werden wir sehen, wie die Ortsgemeinden darüber abstimmen. Am Ende steht uns immer noch der Klageweg offen. Dafür sind im Haushalt vorsorglich bereits 30.000 Euro eingestellt.“

Auf Antrag der SPD-Fraktion wurde namentlich abgestimmt. Gegen die Aufnahme von Verhandlungen mit Dahn über eine freiwillige Fusion stimmten die CDU-Ratsmitglieder Markus Pohl, Markus Meyer, Alfred Busch, Michael Zimmermann sowie Berhard Rödig (FDP).

Norbert Meyerer enthielt sich der Stimme. Die anderen 17 Ratsmitglieder stimmten für den Vorschlag zur Aufnahme von Verhandlungen. (hi)

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