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Digitale Gesundheitsanwendung in Deutschland

Quelle: pixabay.com [1]

Der Deutsche Bundestag hat das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) für eine bessere Gesundheitsversorgung durch Digitalisierung und Innovation im Dezember 2019 beschlossen.

Ärzte dürfen seit Oktober 2020 deshalb den rund 73 Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), die oft auch als Gesundheitsapps bezeichnet werden, auf Rezept verschreiben. Die digitalen Hilfsmittel sollen die Förderung der Gesundheit unterstützten sowie bei der Erkennung, Überwachung und Behandlung von Krankheiten und Behinderung helfen.

Was ist eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA)?

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) werden durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Qualität, Datenschutz und Datensicherheit sowie einen positiven Versorgungseffekt geprüft und zertifiziert. Werden die in §139e Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) definierten Kriterien durch eine Gesundheitsapp erfüllt, kann diese als DiGA in das „Verzeichnis für Digitale Gesundheitsanwendungen“ aufgenommen werden.

Eine DiGA muss dazu laut der Definition des BfArM folgende Merkmale besitzen:

· Medizinprodukt der Risikoklasse I oder IIa
· Die Hauptfunktion basiert auf digitalen Technologien
· Die DiGA hilft bei der Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen.

Die Nutzen einer DiGA

Laut der DiGA-Verordnung [2] (DiGAV) soll die neue Leistungsart der gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten einen der folgenden medizinischen Nutzen bringen:
· Verbesserung des Gesundheitszustandes
· Verkürzung der Krankheitsdauer
· Verlängerung der Überlebensdauer oder
· Verbesserung der Lebensqualität

Gesundheitsapps, die die Anforderungen des BfArM und der DiGAV nicht erfüllen, erhalten den Status DiGA nicht. Ihre Kosten werden deshalb in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Digitale Gesundheitshilfe am Beispiel von endometriose.app

Anschaulich wird der Nutzen der digitalen Gesundheitshelfer am Beispiel von endometriose.app [3]. Die vom Team um Dr. med. Nadine Rohloff, einer ehemaligen Ärztin an der Frauenklinik der Uni Münster, entwickelte App, hilft Frauen mit Endometriose. Es handelt sich dabei um eine oft sehr schmerzhafte Erkrankung, an der etwa ein Zehntel der Frauen im gebärfähigen Alter leidet. Obwohl Endometriose starke Symptome verursacht und bei etwa drei Millionen Frauen in Deutschland vorkommt, stellen Gynäkologen die Erstdiagnose oft erst nach mehreren Jahren des Leidens.

„Digitale Lösungen können da helfen! Daher möchten wir mit endometriose.app und der Endo-App allen Frauen mit Endometriose verlässliche Informationen und individuelle Unterstützung in allen Lebenslagen und vor allem im Alltag bieten. Ohne Wartezeit. Ohne Fahrtweg“, erklärt Dr. med. Nadine Rohloff.

Konkret unterstützt die endometriose.app durch ihren EndoAI – Endometriose-Selbsttest betroffene Frauen und ihre Ärzte bei der Diagnose der Krankheit. Betroffene Frauen können mit dem Schmerz- bzw. Symptomtagebuch der App eine Dokumentation erstellen und damit ihr Wohlbefinden und ihre Therapie unterstützen.
„Ich freue mich, mit dieser App zu einem „Rundumpaket“ beitragen zu können, bei dem ein Team aus vielen Fachbereichen gemeinsam an einem Strang zieht: Frauen mit Endometriose aus allen möglichen Blickwinkeln der Medizin zu unterstützen und ihnen helfen, eigenverantwortlich zur Besserung ihres Befindens beizutragen“, kommentiert Silke Neumann, Diät- und Ernährungsberaterin BfD e.V.

Die Endo Health GmbH erwartet, dass die Endo-App noch im Jahr 2022 in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen wird und damit betroffenen Frauen auf Rezept verschrieben werden kann.

Techniker Krankenkasse untersucht Gesundheitsapps auf Rezept

Deutschland ist das weltweit das erste Land, in dem die Kosten für Gesundheitsapps durch die gesetzliche Krankenversicherung übernommen werden. Die Techniker Krankenkasse [4] (TK) hat deshalb gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Bielefeld und der Vandage GmbH untersucht, ob und wie die Versicherten DiGA nutzen.

DiGA Rückenschmerzen, Tinnitus und Migräne

Den knapp elf Millionen Versicherten der TK wurden laut der Studie im Zeitraum von Oktober 2020 bis Ende Dezember 2021 19.025 Codes für DiGA ausgestellt. Ein Großteil (85 %) davon entfiel auf Rezepte von Ärzten. Von den 180.000 ambulanten Ärzten sowie Psychotherapeuten haben jedoch nur 7.000 Personen ein Rezept für eine DiGA ausgestellt. Die übrigen DiGA (15 %) wurden auf Anträge von Versicherten durch die TK bewilligt.

Am häufigsten nutzten die Versicherten DiGA gegen Rückenschmerzen, Tinnitus und Migräne. Zum Studienzeitpunkt hatten psychische Erkrankungen mit elf zertifizierten Apps aber den größten Anteil an den DiGA. Auf sie entfiel knapp ein Drittel (32 %) der Gesamtnutzer.

Weibliche Nutzer im mittleren Alter

Frauen hatten einen deutlich größeren Anteil (66,5 %) als Männer (33,5 %). Das Durchschnittsalter der Nutzer lag bei 45,5 Jahren. Am häufigsten verschrieben wurden DiGA in Berlin, wo 2,3 DiGA-Rezepte auf 1.000 Versicherte ausgestellt wurden. Das sind 57 Prozent mehr als der Bundesdurchschnitt. Danach folgen Brandenburg mit 1,8 DiGA-Rezepten pro 1.000 Versicherte und Hamburg mit 1,7 DiGA-Rezepten pro 1.000 Versicherte. Am seltensten wurden DiGA im Saarland verschrieben.

Meinung der Patienten zu DiGA

Ein Großteil der Patienten (84 %) nutzt DiGA laut der TK-Umfrage mindestens einmal wöchentlich. Zehn Prozent nutzen ihre DiGA mindestens einmal pro Monat und sechs Prozent nutzen ihre DiGA nie. Die Meinung der Patienten ist gemischt. Lediglich ein kleiner Teil (19 %) gab an, dass ihre DiGA ihnen stark geholfen hat. 43 Prozent sind der Ansicht, dass die Gesundheitsapp ihnen geholfen hat und 33 Prozent gaben an, dass die DiGA ihnen eher nicht oder gar nicht geholfen hat.

Als Grund für ihre Unzufriedenheit nannten die Versicherten am häufigsten den fehlenden Nutzen der DiGA für ihre Erkrankung sowie eine zu geringe Ausrichtung auf die individuellen Beschwerden. Zudem wurde oft die schlechte Bedienbarkeit der DiGA kritisiert.

In Zukunft möchte mehr als die Hälfte (52 %) der Umfrageteilnehmer wieder eine Gesundheitsapp auf Rezept nutzen. Mehr als ein Drittel (34 %) hält eine erneute Nutzung für wahrscheinlich und lediglich ein kleiner Teil (11 %) möchte in Zukunft keine DiGA mehr nutzen.

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