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Demos in Ludwigshafen: Fünf Mal mehr bunt statt braun – Ausschreitungen im Vorfeld

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Ministerpräsidentin Malu Dreyer: „Aufstehen gegen Intoleranz.“
Fotos und Videos: pfalz-express.de/Licht
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Ludwigshafen – Auf dem Theaterplatz vor dem Pfalzbau demonstrierten am Sonntag etwa 2.000 Menschen bei der Veranstaltung „Ludwigshafen bunt statt braun“ für eine offene Gesellschaft und gegen eine Kundgebung der Gruppierung „Gemeinsam-Stark Deutschland e.V.“ Für die Polizei bedeutete das einen Großeinsatz mit über 1.000 Beamten.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) rief vor Ort zum Widerstand gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus auf. Begleitet wurde sie von einigen Parlamentariern wie Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne), SPD-Chef Alexander Schweitzer, Finanzministerin Doris Ahnen, SDP-Generalsekretär Jens Guth und der SPD-Europaabgeordneten Jutta Steinruck.

Man sei wehrhaft gegen Intoleranz, Rassismus und rechtes Gedankengut, rief Dreyer in die Menge. Jeder Mensch solle nach seiner Fasson leben können, menschenverachtendes Handeln dürfe jedoch niemals toleriert werden (siehe Video).

Es sei phantastisch, dass sich so viele Menschen parteiübergreifend eingefunden hätten, um gegen rechte Gewalt zu demonstrieren und ein friedliches Fest der Kulturen zu feiern, sagte Dreyer. „Es gilt Flagge zu zeigen gegen Rassismus und Intoleranz. Das dulden wir nicht“, betonte die Ministerpräsidentin. Und: „Danke, dass Sie bei diesem Wetter nicht im Bett geblieben sind. Wir sind die Mehrheit, nicht die paar Hooligans, die aus ganz Deutschland zusammenkommen müssen.“

Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) sagte, Toleranz und Respekt sei die Grundlage für ein gutes Miteinander. Das gebe es in der Stadt: „Wir leben miteinander, nicht nebeneinander. Ludwigshafen ist bunt, offen und tolerant.“

SPD-Barde Ulli Valnion fand indes in seinem Liedvortrag noch deutlichere Worte: Mit seinem Song: „Nazis verpisst euch“ sprach er wohl den meisten Anwesenden aus der Seele.

Pro-NRW-Mann Roeseler als Einpeitscher

Ein paar hundert Meter weiter auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs hatte die Polizei derweil mehr zu tun als auf dem Theaterplatz.

Nach rechtlichem Hin- und Her, das in Eilanträgen bis vor das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz ging, wurde für „Gemeinsam-Stark Deutschland e.V.“ statt eines Zugs durch die Innenstadt lediglich eine stationäre Kundgebung ab 14 Uhr vor dem Ludwigshafener Hauptbahnhof unter strengen Sicherheitsauflagen genehmigt. Verboten auch das geplante Konzert der  Bremer Hooliganband der Kategorie C „Hungrige Wölfe“.

Mehrere antifaschistische Gruppen hatten sich eingefunden und mussten von den „Gemeinsam-stark-für-Deutschland“- Mitgliedern und -Anhängern getrennt werden. Es gab einige Rangeleien und etwa 130 Verhaftungen, mehrere „Antifas“ wurden von den Beamten weggetragen, andere ließen sich auf ihren zwei Beinen abführen.

Aus dem von Mannheim kommenden Aufzug lösten sich etwa 200 Linksautonome und stürmten in Richtung Hauptbahnhof. Dabei wurden Absperrungen und Kräfte der Polizei überrannt. An einem Streifenwagen der Polizei wurden die Scheiben eingeschlagen und ein „Bengalo“ unter das Fahrzeug geworfen. Die drei Polizeibeamten konnten sich aus dem Fahrzeug retten.

„Gemeinsam-Stark Deutschland e.V.“ sieht sich „weder als eine Abspaltung von HoGeSa noch als radikal, sondern als Weiterentwicklung von HoGeSa, PEGIDA und anderen überparteilichen Aktionsbündnissen“.

Etwa 400 Teilnehmer waren angereist, weniger als die Hälfte, die ursprünglich erwartet worden war. Redner Dominik Roeseler ist kein Unbekannter, gehört zum Vorstand der als verfassungsfeindlich eingestuften Kleinpartei „pro NRW“.

Bei seiner Eröffnungsrede ließ Roeseler keine Zweifel aufkommen, wo er steht: Deutschland sei mittlerweile ein „Unrechtsstaat wie die DDR, regiert von einem „links-rot-grün versifften Pack“.

Man stelle sich gegen die Islamisierung Deutschlands, gegen Salafisten, insbesondere radikale Hassprediger, aber auch Parteien, Gewerkschaften, Sozialverbände und Kirchen, die die Islamisierung duldeten. Die Massenzuwanderung in die Sozialsysteme und der Asylmissbrauch müsse gestoppt werden: Dumpfe „Uah“-Rufe, geklaute „Wir sind das Volk“-Skandierungen oder ein ausgelutschtes „Wir wollen keine Salafisten-Schweine“  als zustimmende  Antwort.

Auftreten durfte zudem ein islamkritischer Muslim, Andrea Helfenbein, Mitglied der FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs), und Ignaz Bearth, ehemals Sprecher des schweizer Pegida-Ablegers, der wegen gekaufter Facebook-Likes zurückgetreten war. Die Kundgebung verlief friedlich. (cli)

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