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Demos in Landau ziehen 300 Menschen an

Fotos: Pfalz-Express/Licht
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Landau – Demo-Tag in Landau: Das „Frauenbündnis Kandel“ hatte zu seiner monatlichen Kundgebung aufgerufen, da war der Gegenprotest von „Aufstehen gegen Rassismus“, „Kandel gegen Rechts“, der PARTEI und der „Kurfürstlich-Kurpfälzischen Antifa“ nicht weit. Rund um den Hauptbahnhof spielte sich der Beginn des Geschehen ab, später zogen die Gruppierungen durch die Innenstadt.

Redner der Gegenkundgebung, die eine Stunde vor der des „Frauenbündnisses“ begann, waren unter anderem Tanja Sattler von „Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz“ und Inge Heimer von den „Omas gegen Rechts“.

„Verdammte Pflicht“

Sattler forderte von Polizei und Justiz, konsequent gegen Rechtsextremisten vorzugehen und diese nicht auch noch „zu decken.“ Nazis und Altnazis hätten keinen Platz in der Gesellschaft. Es sei die „verdammte Pflicht“ der Behörden, die bestehenden Gesetze im Sinne des Grundgesetzes anzuwenden, so Sattler.

„Rechtspopulisten schüren Ängste“

„Oma“ Inge Heimer befand, dass es keinen Grund gebe, nach der „Ideologie der Rechtspopulisten stolz darauf zu sein, Deutscher zu sein“. Man könne stolz auf etwas sein, das man selbst geleistet habe, aber nicht auf etwas, das man nur dem Zufall und purem Glück zu verdanken habe.

Heimer blickte zurück auf die Nachkriegs- und Aufbauzeit. Damals sei das Leben hart gewesen und in der „verklemmten Zeit“ habe es ebenso Übergriffe gegen Frauen gegeben. Auch heute seien die Frauenhäuser voll von deutschen Frauen, die vor ihren gewalttätigen Ehemännern flüchteten. Wie das „Frauenbündnis“ diese Frauen schützen wolle, wenn es nur gegen ausländische Täter aufbegehre?

Flüchtlinge hätten keine Schuld an den heutigen Problemen im Land wie zum Beispiel schmale Renten. Doch mit Jammern würden die Probleme nicht gelöst. „Packen wir sie an“, sagte Heimer. Die Rechtspopulisten schürten Ängste gegen alles „Fremde“. Auch die ältere Generation höre die Reden der AfD-Abgeordneten im Bundestag und hätten Angst. „Angst vor einer Wiederholung der Geschichte.“

Dass sie, die Rechtspopulisten, selbst eine Minderheit seien, könnten sie gut überdecken, in dem sie schlichtweg laut seien. „Heute gehen die Schüler und Jugendlichen auf die Straße und wir, die Omas gegen Rechts genau wie alle, die hier sind! Lasst uns lauter sein! Nie wieder!“, schloss Heimer ihre Ansprache.

„Politische Mitte blubbert“

Direkt vom Bahnhofsvorplatz aus beschallte derweil die „Kurfürstlich Kurpfälzische Antifa“ das „Frauenbündnis“ auf der gegenüberliegenden Seite mit Metal-Musik.

„Werden da immer mehr Leute verrückt?“, fragte KKA-Sprecher Holger Heim. Immer mehr Menschen aus der politischen Mitte „blubberten“ die Aussagen der Rechtspopulisten nach. „Wo sind die Humanisten in der Union und der FDP abgeblieben? Wo ist die reflektierende Mitte der Gesellschaft abgeblieben?“

Ausländer seien nicht per se alle kriminell oder krimineller als Deutsche, so Heim. Begehe aber ein Ausländer eine Straftat, geben es sofort einen „Tsunami“. Seien die Ausländer hingegen Opfer, ergehe sich das „Nazi-Volk“ in Häme und Schadenfreude. Seien die Täter Deutsche, höre man nur das Schweigen im Walde. Die Rechten seien diejenigen, die Vorfälle instrumentalisierten, „die Hass, Hetze, Wut und Gewalt befeuern.“

„Stolz auf deutsche Kultur sein“

Auf dem Taurus-Parkplatz hatte indessen das „Frauenbündnis Kandel“ seinen Startpunkt aufgeschlagen. „Frauenbündnis“-Gründer Marco Kurz legte in seiner Ansprache den Fokus auf die deutsche Kultur, die seiner Ansicht nach in Gefahr ist.

Die Deutschen könnten stolz sein auf das, was sie im Lauf der Jahrhunderte hervorgebracht hätten – Dichter und Denker, maßgebliche Erfinder, Künstler und Architektur. Mittlerweile seien die Deutschen „entnationalisiert und indoktriniert“, sich nicht als Deutsche zu fühlen, sagte Kurz.

Die Deutschen sollten wieder stolz auf ihre Werte wie Fleiß, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit oder Ordnungssinn sein. Auch werde der aufgenommen, der bereit sei, sich zu integrieren. Selbstverständlich müsse allerdings sein, „dass die, die kommen, sich anzupassen haben.“ „Bunte Versuche der Gleichmacherei“ vernichteten eigene Werte (Zwischenrufe: „Islamisierung“). „Hass und Hetze“ kämen von Politikern und „Pseudo-Linken“, die gegen alles seien, „was uns ausmacht“.

Kurz sprach von „pathologischem Selbsthass“. „Feige und gehirngewaschen“ unterwerfe man sich anderen Kulturen. Die Gerechtigkeit müsse wieder einziehen im Land, forderte Kurz.

Kurz prangerte weiterhin unter anderem die Kinderarbeit für die Kobaltgewinnung an, das für Batterien beispielsweise in Elektroautos verbaut wird. „Wir haben kein Klimaproblem, wir haben ein Idiotenproblem“, meinte Kurz. Die Ideologie gehe über Kinderleichen.

Auf dem anschließenden Gang durch die Stadt verlas Kurz Meldungen über Verbrechen, die Zuwanderer begangen haben (sollen). Bei der Abschlusskundgebung wurde er mit „Shorty-Shorty“-Rufen gefeiert.

„Umgehung geltenden Rechts“

Unterwegs trat auch wieder Klaus Hochscheid ans Mikrofon, der unlängst Schlagzeilen gemacht hatte, weil er aktiver Beamter bei der Bundespolizeiabteilung in Bad Bergzabern und zugleich regelmäßiger Redner beim „Frauenbündnis“ ist.

Hochscheid kritisierte den Rot-Rot-Grünen Senat in Berlin wegen des notfallfinanzierten anonymem Krankenscheins für Illegale, derer es allein in Berlin an die 50.000 gebe. Der Steuerzahler müsse mit 1,5 Millionen Euro für den Krankenschein aufkommen. Sozialbehörden müssten alles an Ausländerbehörden melden – mit dem anonymen Krankenschein sei eine gezielte Umgehungen geltenden Rechts eingeführt worden.

Kandel gegen Rechts: „Polizeiwillkür“

Laut Polizei nahmen insgesamt rund 300 Personen an den Demos teil. Das „Frauenbündnis Kandel“ habe „in der Spitze“ circa 150 Teilnehmer gehabt, „Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz“ etwa 120 Personen und die „KKA“ 30 Personen.

Bislang berichtet die Polizei von einer Strafanzeige wegen Beleidigung: „Ein Ordner des ´Frauenbündnisses´ wurde von einer Teilnehmerin der Gegendemonstration beleidigt.“

In der Ostbahnstraße passierten die Versammlungsteilnehmer des „Frauenbündnisses“ zwei laut Polizei nicht angemeldete Versammlungen. Die erste Personengruppe stand mit Bannern in Höhe des Ostparks, die zweite Gruppe hielt sich wenige Meter weiter vor und in einem Café auf und protestierte mit mitgebrachten Transparenten.

Laut einem Tweet von „Kandel gegen Rechts“ (KgR) war – entgegengesetzt der Aussage der Polizei – zumindest eine Kundgebung spontan angemeldet worden. Die Aktivisten beklagen auf Twitter, dass die Polizei sie im Café widerrechtlich festgehalten und Personalien genommen habe – auch von unbeteiligten Gästen . KgR bezichtigte die Polizei der Willkür, man werde dagegen vorgehen. Auf Nachfrage des Pfalz-Express bei der Polizeidirektion Landau war niemand erreichbar. Ansonsten blieb es nach Polizeiangaben bei verbalen Unmutsäußerungen.

Außerdem wurden Polizeibeamte von unbeteiligten Anwohnern aus ihrer Wohnung heraus „übel beschimpft“. Die beiden 26-Jährigen erwartet eine Strafanzeige wegen Beleidigung. (cli)

Nachtrag am 4. August: Wie „Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz“ mitteilte, hatte der zuständige Einsatzleiter der Polizei bei der AgR-Kundgebung in der Spitze 200 Personen handgezählt und das der Versammlungsleitung bei der Abschlusskundgebung weitergegeben.

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