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Bürgermeister klagt gegen Zwangsfusion – Schäfer: VG Maikammer hat hervorragende Infrastruktur

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Große Schilder am Ortsrand von Maikammer drücken die Empörung der Maikammerer aus.
Foto: Ahme

Mainz/Maikammer/Edenkoben. In circa zwei Wochen wird der Landtag über ein brisantes Thema entscheiden. Es geht um die Zwangsfusion kleinerer Gemeinden, deren Einwohnerzahl unter 12.000 liegt. Betroffen ist auch Maikammer, das mit der VG Edenkoben eine gemeinsame Verbandsgemeinde bilden soll.

Es gibt sicherlich Gemeinden, die sich Vorteile davon erhoffen, die Mehrheit allerdings will sich ihre Eigenständigkeit bewahren. Es kündigt sich massiver Widerstand an und man ist auch bereit, den Klageweg zu beschreiten.

16 Kommunen in Rheinland-Pfalz sollen gezwungen werden, sich mit einer anderen Gemeinde zusammen zu schließen. Nur eine Kommune, nämlich Budenheim, kam um die Zwangsehe herum. Der Innenausschuss hatte empfohlen, die Gemeinde eigenständig zu lassen.

Kommunal- und Verwaltungsreform
„Die Kommunal- und Verwaltungsreform gehört zu den politischen Schwerpunkten der rheinland-pfälzischen Landesregierung“, argumentiert das Innenministerium. Zwar hätten sich die vor rund 40 Jahren im Rahmen der letzten großen Kommunalreform in Rheinland-Pfalz herbeigeführten Änderungen prinzipiell bewährt. Gleichwohl bestünde “ landesweit Übereinstimmung dahingehend, dass die derzeitigen Kommunal- und Verwaltungsstrukturen in Rheinland-Pfalz einer Weiterentwicklung und Optimierung bedürfen, um die Verwaltung des Landes und der Kommunen zukunftsfähig zu machen.“

Demografischer Wandel, erhebliche Veränderung und Umfang öffentlicher Aufgaben und relevante technologische Entwicklungen sind für die Landesregierung Grund genug, die Gebietsreform durchzupeitschen.

Doch sie tröstet: „Im Rahmen der letzten großen Funktional- und Gebietsreform  sind die kommunalen Strukturen in Rheinland-Pfalz landesweit umfangreich geändert worden. Die damals geschaffenen Strukturen haben im Wesentlichen unverändert Bestand. An diesem bewährten Gerüst – der Kommunalstruktur von rechtlich eigenständigen Ortsgemeinden, Verbandsgemeinden, verbandsfreien Gemeinden, großen kreisangehörigen Städten, Landkreisen und kreisfreien Städten – wird die Landesregierung festhalten.“

 Klage unausweichlich

Für den Verbandsbürgermeister von Maikammer, Karl Schäfer (CDU), ist eine Klage wohl unausweichlich. Wie zu erfahren war, will Schäfer gegen die Zwangsfusion vor den Kadi ziehen. Mit der Unterstützung der Bürger kann er rechnen. Doch die Zeit rennt ihm weg, denn bis Juli 2014 wird die Klage sicherlich nicht entschieden sein.

Deshalb denkt Schäfer über eine Übergangslösung für die Zusammenlegung der Verwaltungen in Maikammer und Edenkoben nach. Übrigens: Neben Maikammer und Kröv-Bausendorf wollen auch Irrel und sieben weitere Zwangsfusionierte vor Gericht ziehen.

Gebhart kritisiert scharf Entscheidung

Der südpfälzische Bundestagsabgeordnete Dr. Thomas Gebhart kritisiert scharf die Entscheidung des Innenausschusses: „Die Landesregierung bleibt weiterhin eine plausible Begründung schuldig, weshalb die VG Maikammer im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Verbandsgemeinden im Land aufgelöst werden soll. Die Landesregierung lässt Fairness im Umgang mit der VG Maikammer vermissen,“ so Thomas Gebhart in seinem Statement.

CDU-Landtagsfraktion: Meinung der Menschen für Regierung nichts wert

„Gegen den Willen der Bürger,gegen den Willen der betroffenen Gemeinden und ohne den Nachweis
wirklicher Vorteile für die Betroffenen hat die rot-grüne Mehrheit jetzt die Zwangsfusionen beschlossen. Die Entscheidung zeigt, was den Regierungsfraktionen die Meinung der Menschen im Land Wert ist.“ Dies hat die kommunalpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Anke
Beilstein, nach der abschließenden Anhörung der Kommunal- und Verwaltungsreform im Innenausschuss erklärt.

Keines der Argumente der Gemeinden, die imInnenausschuss des Landtags für ihre Sache gekämpft hätten, habe einenStimmungswechsel seitens der Regierungsfraktionen herbeigeführt. Dies
mache die Anhörung letztendlich zur Farce, kritisierte Beilstein. „Es hatoffensichtlich nie ein wirkliches Interesse bestanden, sich den Argumentenvor Ort zu öffnen.“

Es sei deutlich geworden, dass hier eine ideologisch geprägte Entscheidung vom „Grünen Tisch“ in Mainz auf Biegen und Brechen durchgesetzt werden sollte.

Auch der Innenminister habe in seinen Beiträgen klar gemacht, dass schon vor der Diskussion mit den betroffenen Gemeinden längst die Entscheidung für die Zwangsfusionen gefallen waren, so
Beilstein. Von daher bleibt ein fader Beigeschmack, wenn er vor diesem Hintergrund die Anhörungen als „wertvoll“ bezeichnet habe.

„Die Reform wird jetzt ohne Sinn und Verstand durchgepaukt, die klare Linie fehlt. Warum gibt es bei den vom Gesetz angegebenen 75 Kommunen die fusionieren sollten, 48 Ausnahmen und nur 22
Gemeinden müssen jetzt gegen ihren Willen fusionieren? Das hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun.“

Enttäuscht von den Grünen

Besonders enttäuscht zeigte sich Beilstein von der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN. Die „Gralshüter des Bürgerwillens“ hätten offensichtlich aus Koalitionsräson alle Bürgerentscheide beispielsweise in
Maikammer, Kröv-Bausendorf und Manderscheid ignoriert. Beilstein erinnerte die Grünen an ihre Beschlüsse von 2008 in Lahnstein: „Wie hieß es dort? Eine Gebietsreform darf nicht gegen den Willen der Bevölkerung von oben durchgesetzt werden. Eine Gebietsreform gibt es mit uns nur von unten. Sollte es zu keiner Einigung kommen (zwischen Gemeinden und Land) sollten Bürgerentscheide in den betroffenen Verbandsgemeinden durchgeführt werden.“

Diese Beschlüsse habe man wohl mit der Beteiligung an der Landesregierung vergessen, so Anke Beilstein.

Bürger sind enttäuscht und machen ihrem Ärger Luft

„Wo bleibt die Bürgerbeteiligung, die uns versprochen wurde?“ fragen sich die Bürger und machen ihrer Enttäuschung auf einer Facebook-Seite Luft: „Mehr Bürgerbeteiligung als bei der Zwangsfusion unserer VG Maikammer kann es gar nicht geben,“ ist da zu lesen.

Schäfer nahm Stellung im Innenausschuss

Bürgermeister Schäfer nahm am 5. November im Innenausschuss Stellung und appellierte an die Landesregierung, noch einmal „darüber nach zu denken“: Sie lösen unsere, seit 40 Jahren zu einer starken Einheit gewachsene Verbandsgemeinde, in weniger als 6 Monaten auf! Dies haben unsere Bürger nicht verdient.

Schäfer: “ 1. Es gibt keine Gemeinwohlgründe für eine Auflösung unserer erfolgreichen VG Maikammer.

2. Unsere VG Maikammer hat den Nachweis der dauerhaften Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit sehr eindeutig erbracht und die vom Land aufgestellten Kriterien erfüllt. Und dies nicht gerade so, sondern deutlich überdurchschnittlich und eindrucksvoll.

3. Die Landesregierung hat dies in der Gesetzesbegründung ausdrücklich bestätigt und die falsche Beurteilung im Gutachten von Prof. Junkernheinrich vom Aug. 2012 korrigiert.

4. Unsere VG erfüllt damit nachweisbar alle Voraussetzungen für den Fortbestand als eigenständige Verbandsgemeinde.

5. Hinzu kommt, dass die EW-Zahl unserer VG Maikammer wächst, während Land, Region und Kreis deutlich schrumpfen. Wir haben somit auch kein Demografieproblem.“

Leistungsfähigkeit bedeute nicht nur Pflichtaufgaben erfüllen zu können, sondern Leistungsfähigkeit sei gerade dadurch definiert und belegt, wenn eine Gemeinde in der Lage sei, neben Pflichtaufgaben „freiwillige“ Aufgaben für die Bürger zu übernehmen und dies auf hohem Niveau, effektiv und effizient. „Unsere VG Maikammer kann gerade diesbezüglich als Paradebeispiel einer leistungsfähigen Verbandsgemeinde angeführt werden“, sagte Schäfer.

Die Leistungsfähigkeit seiner Gemeinde belegte Schäfer durch diverse Beispiele wie den
Betrieb eines Freibades und eines zentralen Bauhofs, Finanzierung einer „City-Bus-Linie“ in der VG, Errichtung und Betrieb eine Bioheizanlage für die Nahwärmeversorgung in der Gesellschaftsform einer GmbH und etliche andere Punkte.

Das leidenschaftliche Plädoyer scheint nichts genützt zu haben. Die Aussichten einer Klage, wie sie Schäfer vorschwebt, beurteilt der Edenkobener Verbandsbürgermeister Olaf Gouasé als nicht unbedingt aufschiebend.

Er sagte dem Pfalz-Express: „Der Innenausschuss hat entschieden, die Koalitionsmehrheit aus SPD und Grünen wird das Gesetz im Landtag jetzt durchwinken. Kurzum, so wie dies Ministerpräsidentin Dreyer dem Kollegen Karl Schäfer und mir bereits im Sommer klar und deutlich im persönlichen Gespräch ankündigte.

Die von der VG Maikammer beabsichtigte Klage hat allein keine aufschiebende Wirkung und die Entscheidung des Gerichts ist nach bisheriger Erfahrung vor dem 1.7.2014 wohl nicht zu erwarten. Dann muss das Gesetz vollzogen werden.

Es gibt aber parallel dazu nach meiner Kenntnis die Möglichkeit, einen Antrag auf die Aussetzung dieses Gesetzesvollzuges beim Gericht zu stellen (einstweiliger Rechtschutz). Mit einem solchen Antrag, den die VG Maikammer zeitgleich mit der eigentlichen Klage stellen kann, wären positive Effekte verbunden. Man hätte wesentlich früher – in der Regel binnen einiger Wochen – eine gerichtliche Entscheidung und zeitnah relative Sicherheit, wie das Gericht die Aussichten der Klage beurteilt.“

Wie geht es weiter?

Über die gesetzlichen Regelungen zu Gebietsänderungen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden entscheidet nun der Landtag Rheinland-Pfalz.

Damit die Gebietsänderungsmaßnahmen zum 1. Juli 2014 wirksam und die Organe der neuen oder umgebildeten kommunalen Gebietskörperschaften am Tage der allgemeinen Kommunalwahl im Jahr 2014 gewählt werden können, sollen die Gesetzgebungsverfahren bis Ende 2013 abgeschlossen werden. Die zweite Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform soll 2019 abgeschlossen werden.

Info: Zwangsfusioniert werden:

• Stadt Herdorf / Verbandsgemeinde Daaden• Verbandsgemeinde Maikammer / Verbandsgemeinde Edenkoben• Verbandsgemeinde Manderscheid / Verbandsgemeinde Wittlich-Land• Verbandsgemeinde Traben-Trarbach / Verbandsgemeinde Kröv-Bausendorf• Verbandsgemeinde Guntersblum / Verbandsgemeinde Nierstein-Oppenheim• Verbandsgemeinde Irrel / Verbandsgemeinde Neuerburg• Verbandsgemeinde Thaleischweiler-Fröschen / Verbandsgemeinde
Wallhalben• Verbandsgemeinde Hochspeyer / Verbandsgemeinde
Enkenbach-Alsenborn (desa/red)

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