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Berufswahl, Digitalisierung, islamischer Religionsunterricht: Schweitzer und Brandl beantworten Schüler-Fragen

Fotos: Pfalz-Express

SÜW/GER – Der 9. November, der Tag der Reichspogromnacht im Jahr 1938 (vom 9. auf den 10 November), ist traditionell der Tag, an dem Abgeordnete die Schulen in ihrem Wahlkreis besuchen und sich den Fragen der Schüler stellen.

Am Freitag waren in der Südpfalz wieder viele Landtagsabgeordnete unterwegs, so auch im Pamina Schulzentrum in Herxheim.

Zu Gast dort: Der SPD-Landtagsabgeordnete (SÜW und VG Kandel) und Fraktionsvorsitzende im Landtag, Alexander Schweitzer, und der CDU-Landtagsabgeordnete für den Landkreis Germersheim, Martin Brandl. Der AfD-Landtagsabgeordnete für den Kreis Germersheim, Matthias Joa, war ebenfalls eingeladen, aber wegen Krankheit verhindert.

Islamischer Religionsunterricht

Rund 100 Schüler der oberen Klassen aus Realschule plus und Gymnasium stellten Fragen zu den Bereichen Bildung, Digitalisierung und Umwelt an die Politiker. Es ging auch um islamischen Religionsunterricht an rheinland-pfälzischen Schulen.

Sowohl Schweitzer als auch Brandl befürworten diesen prinzipiell. Jedoch fehle es an unabhängigen Glaubensgemeinschaften, die den Unterricht stützen. Die Ditib beispielsweise sei zu sehr abhängig von türkischen Staat, sagte Brandl. Deshalb sehe er momentan keine geeignete Möglichkeit für einen islamischen Religionsunterricht.

Alexander Schweitzer sprach sich ebenfalls für einen Religionsunterricht in den hiesigen Schulen aus – auch Muslime müssten in einem Land, in dem Religionsfreiheit herrsche, diese Möglichkeit bekommen, ebenso wie katholische, evangelische oder konfessionslose Kinder (Ethik-Unterricht).

Generell gelinge die Integration in Rheinpfalz recht gut, sagte Schweitzer. Gerade Flüchtlinge, die von rheinland-pfälzischen Schulen in eine Handwerksausbildung gingen, seien recht erfolgreich. Die Abbrecherquote sei nicht höher als bei deutschen Auszubildenden.

V.li.: Martin Brandl, Alexander Schweitzer und der Rektor der Realschule plus, Jürgen Müller.

Gerne digital

„Sollen Tablets im Unterricht verwendet werden dürfen?“, fragten einige Schüler. Ja, sagt Schweizer, auch in der Schule müsse das Leben abgebildet werden. „Morgens mit der Kreidetafel zu arbeiten und direkt nach der Schule ins digitale Leben – das macht wenig Sinn.“ Das Land wolle einen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen, um die Digitalisierung an den Schulen auszubauen.

Dass Tablets künftig eingesetzt werden können, steht auch für Martin Brandl außer Frage. Allerdings habe nicht jeder ein Tablet zu Hause, oder eines, das für den Schulbedarf geeignet sei. Deshalb müsste man das Konzept zuvor gründlich durchdenken.

Es muss nicht immer Uni sein

Im Gespräch über die Berufswahlmöglichkeiten der Schüler machten beide Politiker deutlich, dass eine berufliche Ausbildung keineswegs schlechter sei als ein Hochschulstudium.

„Master und Meister sind gleich viel wert“, sagte Schweitzer. Es müsse nicht immer ein Hochschulstudium sein. Handwerker seien begehrt: „Man muss manchmal wochenlang auf einen Termin warten.“

Auch Brandl legt großen Wert darauf, die berufliche Ausbildung beispielsweise im Handwerk zu stärken. Es gebe viele Studienabbrecher – auch weil sich möglicherweise Schulabgänger gedrängt sähen, ein Studium zu beginnen, sich aber letztendlich in einem Handwerksberuf wohler fühlten.

Deshalb solle der Abschluss in einer beruflichen Ausbildung als gleichwertig angesehen und auch besser bezahlt werden. Dazu will die CDU die Berufswahlkoordinatoren (Lehrer in der Schule, die die Schüler zu ihrem beruflichen Werdegang beraten) stärken. Gerade in den berufsbildenden Schulen gebe es deutlich zu viel Unterrichtsausfall, merkte Brandl an, der diesen Umstand schon länger kritisiert.

Schwächelndes Internet

Das Internet, seine Vorteile und Gefahren waren natürlich auch Thema. Schüler bemängelten, dass der Netzausbau in Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern „meilenweit hinterher“ hinke. Schweitzer merkte an, dass das Geld dafür bereitstehe, aber oftmals von den Kommunen nicht abgerufen werde.

Einen anständigen Breitband Ausbau brauchen wir, sagte Brandl, „und das dringend.“

Ein Schülerin brachte den Begriff des Digitalen Hausmeisters ins Gespräch, der beispielsweise Geräte an Schulen wartet und überhaupt alles Digitale zuständig sein soll. Brandl wies auf die geplante Digitale Lernfabrik in Wörth hin, um Kompetenzen dahingehend zu bilden und zu stärken.

Fake-News erkennen

Thema war auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Von einer Zensur zu sprechen, sei sicher übertrieben, meinte Brandl. Aber es gebe eine Verpflichtung des Staates, volksverhetzende Aussagen zu löschen. Als Beispiel für frühe Fake-News nannte Brandl die Dolchstoßlegende [1]. Mit dieser Lüge hätten rechte Hetzer die Jagd auf Demokraten entfacht. Heute gebe es oftmals ähnliche Situationen gerade im Internet.

Das sieht auch Alexander Schweitzer so und nahm kurz Bezug auf seine Aussage bei einer Demonstration in Kandel: Dort hatte er bei einer Kundgebung des Bündnisses „WIR sind Kandel“ geäußert: „Ich bin Demokrat und Antifaschist.“ Anhand dieses Beispiels berichtete Schweitzer, wie im Netz diese Aussage zu Fake-News gemacht und er als radikaler Linksextremist dargestellt wurde – auch mit Fotomontagen. Die AfD habe sich ebenfalls daran beteiligt und trage eine Mitverantwortung.

So wie man sich im wirklichen Leben begegnet, sollte man sich auch im Netz verhalten, sagte Schweitzer: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.“

Zu wenig Busverkehr

Ein weiteres Thema, dass die Schüler bewegte, war der Öffentliche Personennahverkehr. Eine Schülerin der 13. Klasse beklagte, dass sie bei längerem Unterricht nach 17 Uhr nicht mehr mit dem Bus in ihren Wohnort Billigheim fahren könne und sich mit dem Auto abholen lassen müsse. Ein anderer Schüler kritisiert ebenfalls den schlechten Busverkehr an den Wochenenden.

Schweitzer erklärte, der Nahverkehr sei eine kommunale Aufgabe. Der, der Züge und Busse bezahle, nämlich die Kommunen, dürften auch bestellen – alles eine Frage des Preises also.

Auch der Bau der zweiten Rheinbrücke interessierte die Schüler. Das Baurecht sei hergestellt, sagte Brandl, sobald über die diversen Klagen entschieden sei, könne theoretisch der Bau beginnen.

Format gefällt

Bei den Schülern kam das Gespräch mit den Abgeordneten gut an. Es sei sehr interessant gewesen, einmal direkt von den Politikern deren Meinungen zu erfahren, fanden Cheyenne 15, Samira,15, und André, 16, aus der 10. Klasse.

Navid, 18 Jahre alt und in der 13. Klasse, hätte gerne mehr Zeit gehabt und auch vorzugsweise kritischere Fragen außerhalb des vorgegebenen Themenbereichs gestellt. „Es ist aber sehr gut, das Politiker in die Schule kommen, um sich mit uns auszutauschen.“  Dass der AfD-Abgeordnete Joa nicht dabei sein konnte, bedauerten viele Schüler: „Wir hätten gerne einmal speziell zum islamischen Religionsunterricht seine Meinung gehört.“ (cli)

 

 

 

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