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Zum Totensonntag: Trauer ist der Rede wert

Quelle: Korsinek [1]

Quelle: Korsinek

Landau. „Das, was ich beruflich mache, das tue ich sehr gerne. Das mag für manche paradox klingen, aber es ist ein Stück Lebensaufgabe“, sagt Matthias Korsinek. Als Trauerredner findet er zum Abschied eines Menschen die Worte, die in einer solchen Situation fehlen.

Man könnte sagen, dass ich zu diesem Beruf gekommen bin, wie die Jungfrau zum Kind“, sagt Korsinek. Der 56-Jährige ist freier evangelischer Theologe. Er war viele Jahre lang Pastor einer freikirchlichen Gemeinde, als seine Ehe scheiterte.

„Damit stand ich vor der großen Aufgabe, was ich jetzt mit meinem Leben anstelle“, sagt Korsinek. Als verschiedene Bestattungs-Institute aus der Pfalz begannen, ihn den Angehörigen für Trauerfeiern zu empfehlen, tat sich für ihn eine neue Tür auf. Seine neue Rednertätigkeit zog so schnell Kreise, dass die Auftragslage für Trauerfeiern stetig wuchs. Daraufhin traf der freie Theologe die Entscheidung: Er machte sich als Redner selbstständig.

Heute ist der in Landau wohnende Korsinek im Umkreis von rund 50 km tätig. In Ausnahmen fährt er auch weitere Strecken. 98% der Menschen, die er beerdigt, sind ohne Konfession. Denn eine Bestattung mit Trauerfeier ist auch für Menschen ohne Religion in der Regel wünschenswert.

Im Umgang mit Angehörigen müssen Trauerredner besonders emphatisch und aufmerksam sein und sprachliche Fähigkeiten beweisen. „Für mich ist der Beruf des Freien Redners eine absolute Berufung“, erklärt Korsinek.

Er will sich für die Angehörigen ausreichend Zeit nehmen, wenn er vom Bestatter über einen Todesfall informiert wird. In der Aufgabe als Trauerredner sieht er seine Pflicht, den verstorbenen Menschen zu ehren für das was ihn ausgemacht hat und für das, was dieser Mensch mit seinem Leben geleistet hat. Für die Trauernden will er einen guten Rahmen schaffen, um auf gebührende Art Abschied nehmen zu können.

Wenn Korsinek als Redner gebucht wird, macht er mit den Angehörigen einen Termin, bei dem ausschließlich über den Verstorbenen und die Gestaltung der Trauerfeier gesprochen wird. Dabei ist es dem 56-Jährigen ein Anliegen, das Gespräch bei den Angehörigen oder in der Wohnung des Verstorbenen zu führen: „So kann ich ihr gewohntes Lebensumfeld erleben, und mir selbst ein besseres Bild davon zu machen, wie der Verstorbene als Mensch war.“

In erster Linie interessiert ihn, um wen getrauert wird. Dazu lässt er sich von all den wichtigen Lebensstationen des Toten, seinen Hobbys, Interessen, liebenswerten und auch weniger guten Eigenarten berichten.

Alle Informationen fließen in den Redetext ein. „Es geht hierbei nicht darum, einen Glauben zu verkündigen oder zu predigen. Die Trauernden sollen sich an ihren Verstorbenen erinnern, und das vielleicht auch mal mit einem kleinen Lächeln“, erläutert Korsinek.

Grundregel für jede Trauerrede sei es, keine Phrasen zu bedienen oder Weltschmerz zu verbreiten. Die Rede soll jedem einzelnen Todesfall gerecht werden und soll den Trauernden Trost und vielleicht auch ein wenig Hoffnung spenden.

Die Tätigkeit des gebürtigen Freiburgers beschränkt sich allerdings nicht nur auf das Verfassen von Reden, sondern umfasst die gesamte Gestaltung einer Trauerfeier. Den Wünschen der Angehörigen entsprechend wird die Feier individuell mit Musik, Texten, und ab und an auch einem Gebet gestaltet.

Oft zupft der Trauerredner während einer Gedenkminute für die Verstorbenen eine ruhige Melodie auf seiner Gitarre. In den Augen des freien Theologen ist die Trauerfeier nicht nur für den Verstorbenen, sondern besonders auch für die Angehörigen.

„Für die Atmosphäre der Trauerfeier ist die Musik sehr wichtig und sollte zur Situation passen, auch wenn das ab und an aus dem gewohnten Rahmen fällt. Man muss sich hinsichtlich der Musikwahl nicht nur auf die üblichen Klassiker beschränken. Es gibt auch kraftvolle, moderne Stücke“, erklärt der Trauerredner.

Es gibt Momente im Leben des ehemaligen Pastors, in denen er auch um Worte ringen muss. Zum Beispiel beim Tod von kleinen Kindern oder bei Suizid. Da bleibt viel Unverständnis und eine fürchterliche Leere, da muss auch ich nach Worten suchen“, sagt Korsinek.

Was ihn auch bewegt sind Menschen, die vor ihrem Tod zu ihm kommen, um ihre Trauerfeier selbst zu planen. „Es muss dafür keine ernste Erkrankung vorliegen. Die Menschen möchten einfach im Fall ihres Ablebens vorgesorgt haben“, erklärt der Redner. Er hat eine ganze Reihe solcher Vorsorgen. Im Falle des Ablebens wird er dann vom Bestatter informiert und leitet die geplante Trauerfeier in die Wege. Damit nehmen die Verstorbenen ihren Angehörigen vorausschauend eine seelische Last.

Den heutigen gesellschaftlichen Umgang mit dem Tod sieht Korsinek eher kritisch. Seiner Meinung nach habe dieser weitgehend seine Normalität verloren. „Es gab Zeiten, da galt der Tod als normaler Bestandteil des Lebens, und die Menschen hatten Rituale, um mit dem Tod umzugehen“, erläutert er.

Heute finde der Tod eher schweigend im stillen Kämmerlein statt. Manchmal gäbe es sogar nicht einmal eine Trauerfeier. Das bedauert der Redner: „Das Leben eines Menschen ist doch öffentlich. Warum darf der Tod es dann nicht auch sein?“ Es sei durchaus angemessen und wichtig, die Öffentlichkeit, Freunde und Angehörige mit Trauerbriefen und – anzeigen über einen Tod zu informieren, um ihnen das Trauern zu ermöglichen, wenn sie das möchten.

Wie der Redner sich seinen eigenen Tod vorstellt? „Ich habe mir schon Gedanken gemacht, wie meine Trauerfeier aussehen soll“, gibt er zu. „Ich hoffe, dass auf meiner Trauerfeier mein Leben authentisch dargestellt wird, und dass die Anwesenden sich darüber freuen, dass ich gelebt habe und noch einmal auf mein Leben angestoßen werden.“

 

Matthias Korsinek findet als Trauerredner die richtigen Worte. Foto: privat [2]

Matthias Korsinek findet als Trauerredner die richtigen Worte.
Foto: privat

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