Türkische Frauenrechtlerin: Integration sollte „Einigkeit und Recht und Freiheit“ sein

3. Oktober 2012 | Kategorie: Leute-Regional, Regional

Die Sozialwissenschaftlerin Dr. Kelek im Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Gebhart. Foto: Ahme

Landau. Die Konrad Adenauer Stiftung lud am Vorabend der Deutschen Einheit zu einem interessanten Vortrag mit der Sozialwissenschaftlerin Dr. Necla Kelek ein. Der Leiter der Bildungswerkes Karl-Heinz van Lier stellte Kelek als eine der profiliertesten Kennerinnen der Integration islamischer Einwanderer vor.

Die promovierte Frauenrechtlerin ist in der Türkei geboren und aufgewachsen. Sie hat in Deutschland studiert und lebt in Berlin, wo sie tagtäglich mit den negativen Seiten der Integration konfrontiert wird. Etliche Bücher hat sie über das Thema geschrieben. „Die verlorenen Söhne“, „Die fremde Braut“, und das neueste Buch „Hurriya heißt Freiheit“, aus dem sie auch vorlas, dokumentieren diese Erfahrungen, versuchen aber auch „Licht ins Dunkel“ zu bringen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Kelek und MdB Dr. Thomas Gebhart, der als Moderator fungierte, hatten sich viel Zeit genommen, gingen ausführlich auf das Thema des Abends „Ziel jeder Integration sollte sein: Einigkeit und recht und Freiheit“, ein. Dass Integration ein wichtiges Thema ist, wurde auch bei den sehr engagierten Diskussionsrunden und danach beim Umtrunk im Foyer des Kleinen Festhallen-Saales, deutlich. Deutlich wurde, dass Gesprächsbedarf besteht- wahrscheinlich hätte man auch den großen Saal der Festhalle mit Zuhörern füllen können.

„Den Aspekt der Einheit, wie sie die Deutschen erlebt haben, untersuche ich auch im Hinblick auf Integration“, sagte Necla Kelek. „Ich finde das Thema sehr spannend. Wenn es sich um Fragen der Integration handelt, geht es meistens um Muslime.“ Wie kann man einen Konsens finden mit Leuten, die Probleme mit dem Begriff „Freiheit“ haben und warum muss ein Mann wie Mezut Özil Probleme befürchten, wenn er die Deutsche Nationalhymne mitsingt? Wie wird der Islam in der dritten Einwanderer-Generation gelebt? Was hat der „Arabische Frühling“ bewirkt? Kelek bereiste Ägypten, Tunesien, Marokko und erfuhr als Muslima speziell auch im Umfeld der Freitagsgebete, dass dort zu Hass gegen die Ungläubigen aufgerufen wird („im Freitagsgebet werden politische Parolen ausgegeben“). Der Islam der Gläubigen steht neben dem politischen Islam und sei schwer zu trennen, weil Religionsfreiheit über Menschenrechte gestellt würde. „Der politische Islam befindet sich in der Offensive, gleichzeitig kämpfen im Islam selbst, diverse religiöse Strömungen gegeneinander“, so Kelek. „Im „Arabischen Frühling“ wird der Einfluss der Religion neu geregelt“. In Deutschland gewinnen die islamischen Organiationen „Ditib“, „Milli Görüs“, aber auch Salafisten und andere, immer mehr an Einfluss, beklagt sie, wobei sie ein absolutes Verbot für die „Terrorvereinigung“ der Salafisten fordert (für diese Menschen darf es keine Öffentlichkeit geben!)

„Menschenrechte müssen über Religionsfreiheit gestellt werden- Respekt und Loyalität vor der Gesellschaft, in der ich lebe, sind wichtige Punkte in der Frage einer gelungenen Integration“, so Kelek. „Ich kenne viele Leute, die selbst dafür etwas getan haben, sich gerne eingliedern wollen. Sie wurden von den Eltern und deutschen Freunden und Kollegen unterstützt darin. Ich kenne allerdings keine einzige islamische Organisation, die fordert: „Ihr müsst euch integrieren“. Dass Sprache und Bildung zentrale Bausteine einer gelungenen Integration darstellen, darüber war man sich bei der Diskussion einig.

Demokratie und islamisches Sharia-Recht geht nicht zusammen, auch das stand im Vortrag außer Frage. Islamischer Religionsunterricht, wie er momentan betrieben wird, sei abzulehnen, vielmehr sollte er von in Deutschland ausgebildeten Lehrern in deutscher Sprache durchgeführt werden, wünscht sich die Sozialwissenschaftlerin. Im Publikum meldete sich auch Wolfgang Zöller von der Polizeiinspektion Germersheim zu Wort. Dort wurde vor zwei Jahren ein Projekt unter dem Titel „Dialog mit Migranten, Nachwuchsgewinnung für die Polizei Rheinland-Pfalz“ mit Erfolg ins Leben gerufen. „Wir haben mittlerweile über 300 Veranstaltungen aufgezogen und versuchen so, Migranten in die Gesellschaft rein zu bringen“.

Keine Parallelgesellschaften, sondern ein Miteinander in Recht und Freiheit, denn Glück ist nur da, wo Freiheit ist“, damit beschloss Dr. Necla Kelek, mit viel Applaus bedacht, den offiziellen Teil des Abends. (desa)

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