Dienstag, 23. April 2024

ZDF-Intendant Bellut: „Wir gehen mit Böhmermann durch alle Instanzen“ – Böhmermann will Fernsehpause machen

16. April 2016 | Kategorie: Nachrichten, Politik
ZDF-Intendant Thomas Bellut. Foto: dts Nachrichtenagentur

ZDF-Intendant Thomas Bellut.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Berlin  – Das ZDF sichert seinem Moderator Jan Böhmermann für die juristische Auseinandersetzung mit dem türkischen Präsidenten finanzielle Unterstützung zu.

Das ZDF, sagte Intendant Thomas Bellut dem „Spiegel“, stehe hinter dem Satiriker und gebe ihm im Rechtsstreit mit Erdogan vollen Rechtsschutz. „Wir gehen mit ihm durch alle Instanzen.“

Der zuständige ZDF-Redakteur, der die strittige Szene vor der Aufzeichnung mit Böhmermann diskutiert und dann freigegeben habe, müsse „keinerlei disziplinarischen Maßnahmen befürchten“, so Bellut weiter.

Er halte den Beitrag für einen Grenzfall. „Man kann das so oder so sehen“, sagte er. Er habe die Entscheidung, die Szene aus der Mediathek zu entfernen, aufgrund seines persönlichen moralischen Wertesystems getroffen.

„Ich habe es mir nicht leicht gemacht. Aber ich halte sie nach wie vor für die am wenigsten falsche Entscheidung, die ich treffen konnte.“

Böhmermann kündigt „Fernsehpause“ an

Der ZDF-Moderator hat indes eine „Fernsehpause“ angekündigt.

„Mein Team und ich haben es uns in den vergangenen drei Jahren zur Aufgabe gemacht, die Top-Themen aus Politik, Feuilleton und Boulevard satirisch einzuordnen. In den vergangenen zwei Wochen haben wir es geschafft jedes dieser drei Presse-Levels selber einmal durchzuspielen“, schrieb Jan Böhmermann am Samstag auf Facebook.

„Daher habe ich mich entschlossen eine kleine Fernsehpause einzulegen, damit sich die hiesige Öffentlichkeit und das Internet mal wieder auf die wirklich wichtigen Dinge wie die Flüchtlingskrise, Katzenvideos oder das Liebesleben von Sophia Thomalla konzentrieren kann. Denn es gibt möglicherweise bedeutsamere Themen, als die Diskussion um ein in einer Satire-Sendung vorgetragenes Gedicht.“

Die Bundesregierung hatte am Freitag die Ermächtigung zur Strafverfolgung wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches erteilt. Dieser soll aber noch in dieser Legislaturperiode abgeschafft werden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte schon zuvor über eine Anwaltskanzlei auch Strafantrag nach Paragraph 185 des Strafgesetzbuches gestellt, bei dem es um gewöhnliche Beleidigung geht.

In dem Fall geht es eine ZDF-Sendung, in der Böhmermann in einem etwa sechsminütigen Sketch mit dem Satiriker Ralf Kabelka zunächst den Unterschied zwischen in Deutschland erlaubter Satire und unerlaubter Schmähkritik diskutiert hatte.

Grund war ein satirischer Song aus der NDR-Sendung „Extra 3“, der zur Einbestellung des deutschen Botschafters in der Türkei geführt hatte. Zur „Anschauung“ trug Böhmermann schließlich ein knapp einminütiges „Schmähgedicht“ vor, in dem der türkische Staatspräsident unter anderem als homosexuell, pädophil und als „Ziegenficker“ bezeichnet wird. Gleichzeitig wurden türkische Untertitel gezeigt.

Die türkische Regierung hatte zuvor über Diplomatenkreise darum gebeten, den satirischen und Erdogan-kritischen Beitrag des NDR-Magazins „Extra 3“ verbieten zu lassen, was seitens der Bundesregierung jedoch mit Verweis auf die Pressefreiheit zurückgewiesen wurde.  (dts Nachrichtenagentur/red)

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