Streit um Galgen-Entscheidung geht weiter

8. Dezember 2017 | Kategorie: Politik
Pegida-Demonstration in Dresden. Foto: dts Nachrichtenagentur

Pegida-Demonstration in Dresden.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Berlin – Charlotte Knobloch, ehemalige Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, kritisiert mit scharfen Worten eine Justiz-Entscheidung und sieht eine generelle Großzügigkeit in Teilen der Justiz gegenüber Rechtsextremismus.

Die Chemnitzer Staatsanwaltschaft hatte keine Einwände gegen den Verkauf kleiner Galgen mit den Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Die Behörde hatte ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen den Verkäufer eingestellt, „da im konkreten Fall kein Straftatbestand als erfüllt angesehen wird“, hieß es in einer Mitteilung der Behörde.

Dazu sagte Knobloch der „Heilbronner Stimme“: „Die Begründung ist für mich nicht nachvollziehbar und übersieht die reale Gefahr durch die rechtsextreme Bedrohung. Viele werden hierin einen Freibrief für Gewaltandrohung und Einschüchterung sehen.“

Knobloch betonte weiter: „Die Großzügigkeit gegenüber Rechtsextremismus in Teilen der Justiz ist erschreckend: Versammlungs- und Demonstrationsverbote von Behörden gegenüber Neonazis werden kassiert, die antisemitischen Motive hinter Taten werden negiert oder relativiert.

Das sind für mich Zeugnisse zu großer Leichtfertigkeit oder sogar Blindheit gegenüber rechtsextremen Phänomenen. Das widerspricht meinem Verständnis von einem wehrhaften Staat.“

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern fügte hinzu: „Ich frage mich, an welcher Stelle in unserem Rechtsstaat der Geist von Artikel 18 Grundgesetz zum Tragen kommt, wonach man Freiheitsrechte verwirkt, wenn man sie zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht.

Die zunehmende Verrohung unserer Gesellschaft ist besorgniserregend. Die Gewaltbereitschaft gegenüber Amts- und Mandatsträgern ist erschreckend. Gerade angesichts der braunen Renaissance auch in unserem Land darf es nicht sein, dass der Kampf gegen Rechtsradikalität vor allem der engagierten und couragierten Zivilgesellschaft aufgelastet wird.“ Die Staatsanwälte in Chemnitz halten beim Verkauf der Miniaturgalgen weder den Tatbestand der „öffentlichen Aufforderung zu Straftaten“ noch eine Störung des „öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“ für erfüllt.

Dies setze voraus, dass der Beschuldigte „die Tötung der beiden Politiker in Aussicht gestellt und vorgegeben hätte, dies läge in seinem Einflussbereich“.

Bei objektiver Betrachtung könne das Verhalten auch dahingehend verstanden werden, „den genannten Politikern symbolisch den politischen Tod zu wünschen“. Bereits im Frühjahr hatte die Staatsanwaltschaft Dresden einen ähnlichen Fall nicht weiter verfolgt.

Dabei ging es praktisch um das Original der jetzt zum Verkauf angebotenen Duplikate. Der Produzent hatte den Galgen 2015 auf einer Kundgebung der islam- und ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung in die Höhe gehalten. (dts Nachrichtenagentur) 

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