Stellungnahme: SPD-Bürgermeisterkandidat Gerald Seibel zum Neubau einer Moschee in Germersheim

14. April 2017 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional
SPD-Bürgermeisterkandidat Gerald Seibel. Foto: Pfalz-Express

SPD-Bürgermeisterkandidat Gerald Seibel.
Foto: Pfalz-Express

Germersheim – Der Germersheimer SPD-Bürgermeisterkandidat Gerald Seibel wurde von Saban Sahinoglu, ehemaliger Vorsitzender der Germersheimer Ditib, auf den Moscheebau in der Hans-Sachs-Straße angesprochen.

Sahinoglu wollte von Seibel wissen: „Wie beurteilen Sie den Baustopp von der DITIB-Moschee und wie ist Ihre Meinung zu dem Vorhaben von DITIB?“

Da es sich um ein sensibles Thema handelt, drucken wir die Stellungnahme von Gerald Seibel im exakten Wortlaut ab.

Am 14. April schreibt Seibel dazu:

Lieber Herr Sahinoglu,

meine nachfolgenden Aussagen beziehen sich zunächst nur auf den reinen Bau- und Genehmigungsvorgang. Wir haben ein für alle Bauherren im gleichen Maße geltendes Landesbaurecht, eine Stadtverwaltung, die entsprechende zulässige städtische Bebauungspläne erstellt, sowie eine Kreisverwaltung, die Bauanträge prüft und entsprechende Baugenehmigung, ggf. mit Auflagen, erteilt.

Im Falle der Moschee haben meines Erachtens die Verantwortlichen der Stadt die Tragweite des Bauvorhabens nicht erkannt und haben deshalb auch nicht vorausschauend gehandelt. Aufgrund der seit ca. zwei Jahrzehnten in Germersheim existenten Moschee und der zweimaligen Antragstellung zur Errichtung eines Neubaus mit jeweils nachfolgender Rücknahme des Bauantrages war allen Beteiligten hinreichend klar, dass die DITIB als Bauherr einen Moschee-Neubau verfolgt und ihn auch aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwann realisieren kann und wird.

Es wurde m.E. von beiden Seiten versäumt, zu einem frühen Zeitpunkt in einen ernsthaften Dialog zwischen Stadtverwaltung und Bauherren unter Hinzuziehung der Anwohner zur Umsetzung des Bauvorhabens einzutreten. Und das, obwohl frühzeitig erkennbar war, welche Auswirkungen der geplante Baukörper hat. Heute wissen wir, dass die Strategie der geräuschlosen Baubewilligung ohne öffentliches Aufsehen die falsche Strategie war.

Es hätte m.E. keines Gerichtes bedurft, um den Beteiligten einen ausstehenden Klärungsbedarf hinsichtlich Betriebs- und generellen Planungsfragen aufzuzeigen. Diese Abklärung hätte ich eigentlich von der genehmigenden Behörde im Rahmen deren Prüfungen erwartet. Der Erlass einer Baustopp-Verfügung zeigt nur den mangelhaften Prozessablauf auf.

Wäre ein Dialog geführt worden, hätte dieser bei den Stadtverantwortlichen zwangsläufig die Frage aufgeworfen, ob das Bauvorhaben, dort wo es geplant ist, wirklich passt oder ob es nicht einen besseren Standort für den Moschee-Neubau im Stadtgebiet Germersheim gibt.

Aber auch der Bauherr DITIB wäre gut beraten gewesen, einen solchen Dialog von sich heraus aktiv zu suchen, denn man hätte damit im Nachhinein ggf. entstehenden Diskussionen den Nährboden genommen.

Prinzipiell sehe ich keinen Grund, warum das Bauvorhaben in Germersheim nicht auszuführen wäre, und auch den Baustopp sehe ich nicht als unüberbrückbare Hürde an. Die nun aber gerichtlich verfügte Ausarbeitung eines Betriebs- bzw. Nutzungskonzeptes für die Moschee ist von wesentlicher Bedeutung. Hier gilt es, die Interessen der Anwohner auf der einen sowie die Interessen der Gemeinde auf der anderen Seite in Einklang zu bringen um dann den Bau fortsetzen zu können.

Die sich dann zwangsläufig ergebenden Beschränkungen im Betrieb der Moschee, welche den berechtigten Interessen der Anwohner geschuldet sind, können zu hohen Einschränkungen bezüglich der Nutzung der Moschee führen. Hier muss sich der Bauherr DITIB dann fragen, ob es nicht doch sinnvoller ist, ergebnisoffen mit der Stadtverwaltung über alternativ mögliche Standorte im Stadtgebiet zu diskutieren, die diese Einschränkungen nicht haben.

Ich kann nicht in die Zukunft sehen, aber ich kann mir vorstellen, dass ein fertiggestelltes Moschee-Gebäude in der Hans-Sachs-Str. ggf. zu möglichen Konflikten zwischen den Anwohnern und den Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft führen könnte. Dies könnte ein konfliktfreies Miteinander dauerhaft belasten, sodass es vielleicht doch die bessere Lösung sein könnte, über einen anderen Standort als Moschee-Bauplatz nachzudenken, der dieses Konfliktpotential nicht mit sich bringt, sofern die Stadt hier entsprechende, für DITIB akzeptable, Alternativen aufzeigen kann. Ich für meine Person würde eine solche Vorgehensweise aktiv fördern.

Über den reinen Bauvorgang hinaus darf ich Ihnen aber auch meine ganz persönliche Meinung zur Führung und Betrieb eines Religionshauses mitteilen, wobei es für mich unerheblich ist, welcher Glaubensgemeinschaft die Bauherrenschaft angehört. Ich gehe davon aus und erwarte, dass das Führen eines solchen Religionshauses auf Basis der Werte unseres Grundgesetzes erfolgt und ausschließlich durch die hier vor Ort lebenden Menschen der Glaubensgemeinschaft im Sinne eines konfliktfreien Zusammenlebens geprägt wird.

Eine Einflussnahme auf die Glaubensgemeinschaft von außen, egal ob in finanzieller, ideologischer oder gar politischer Form, lehne ich ab.
Ohne Bezug auf Ihre Anfrage würde ich mir persönlich als Christ wünschen, dass mit der gleichen Selbstverständlichkeit mit der hier andere Glaubensrichtungen ihre Religionshäuser errichten können, dies auch in anderen nichtchristlichen Ländern für Christen möglich wäre.

Ich bin mir bewusst, dass dies ein hehrer Wunsch ist, der sich wahrscheinlich nur in Ländern mit einer strikten Trennung von Religion und Staat realisieren lässt. Das aber ist meine Vision, von der ich hoffe, dass sie eines Tages Normalität sein könnte.

Viele Grüße

Gerald Seibel

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