Stadtrat Kandel: Viel Kritik am Haushalt 2015 – Gewerbesteuer schießt in die Höhe

18. Dezember 2014 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional

Stadtratssitzung am 16.Dezember 2014.
Foto: pfalz-express.de/Licht

Kandel – Zähes Ringen um den Haushalt 2015: Bei der letzten Sitzung des Stadtrats in diesem Jahr musste Stadtbürgermeister Günther Tielebörger einiges an Kritik einstecken.

Bei einem Ergebnishaushalt von 14,5 Millionen Euro gebe es ein Defizit von 1,7 Millionen Euro, sagte Tielebörger. Die Einnahmen für das kommende Jahr würden auf 13,3 Millionen geschätzt.

Viel bliebe dabei aber nicht hängen, da man 70 Prozent wieder abführen müsse. Für Kandel selbst verblieben 4,5 Millionen, von denen wiederum etwa die Hälfte für Personalkosten und Betriebswirtschaftskosten zum Beispiel für den Unterhalt von Gebäuden gebraucht würden.

Hebesätze und Steuern steigen

Deshalb habe man sich entschieden, die Hebesätze anzuheben: „Das macht man natürlich nicht gerne.“ Jedoch habe auch die Kommunalaufsicht darauf hingewiesen.

Nun soll die Grundsteuer A von bisher 300 auf 400 Punkte ansteigen, die Grundsteuer B von 365 auf ebenfalls 400 Punkte. Bei der Grundsteuer A soll dafür der Feldwegebeitrag wegfallen.

Die Gewerbesteuer steigt von 400 auf 420 Punkte und ist damit die höchste im Kreis Germersheim. Das sei viel, gab auch Tielebörger zu: „Aber auch andere Gemeinden werden nicht umhinkommen, diesen Schritt zu gehen.“

Die Stadt errechnet dadurch Mehreinnahmen von 350.000 Euro, wovon jedoch nach Abzug der Kreisumlage lediglich 170.000 Euro übrig blieben. „Davon kann man keine großen Sprünge machen“, so Tielebörger.

Natürlich sei man in der Verschuldung hoch, räumte Tielebörger ein. Dies hänge noch mit den Projekten und Investitionen der vergangenen Jahre zusammen. Jedoch sehe man nun Licht am Ende des Tunnels, denn es stünden keine größeren Ausgaben mehr an: „Andere Gemeinden haben das alles noch vor sich.“ Alte Darlehen sollen zudem zu besseren Zinssätzen abgelöst werden.

Man habe keinen Investitonsstau, so der Stadtchef, und ab 2016 seien keine neuen Kredite mehr vorgesehen. Dennoch: Ein Liquiditätskredit von 2 Millionen Euro, um Kosten für Wasser und Strom zu decken, wird notwendig.

 Noch Investitionen nötig

Für die Kita im Neubaugebiet K2, die im September 2015 den Betrieb starten soll, werden nochmals 2 Millionen gebraucht, auch die Modernisierung des Bahnhofs, die im Frühjahr abgeschlossen sein soll, kostet noch einmal 1,6 Millionen.

Das geplante City-WC schlägt mit 130.000 Euro zu Buche, die Betriebskosten hofft man mit der Vermietung von Werbeflächen decken.

Man müsse auch das Positive sehen, sagte Tielebörger: „Elf neue Stellen in der Kita K2 wurden geschaffen, und im Bauhof gibt es eine Stelle mehr für den Friedhof.“

Bedenken gegen Haushalt 2015

Jutta Wegmann (Fraktionsvorsitzende Grüne), kündigte an, dem Haushalt „so nicht zustimmen“ zu können. Man verzeichne einen rasanten Anstieg von Schulden. Die Verschuldung von nun über 20 Millionen sei seit 2009 um das vierfache angestiegen. „Das ist recht heftig. Wir können nicht erkennen, wie die Haushaltskonsolidierung, das Sparen, aussehen soll.“ Die pro-Kopf-Verschuldung betrage über 2.000 Euro: „Wir leben auf sehr großem Fuß.“

Wegmann sprach sich auch gegen den Kauf und die Sanierung des „Kandeler Schandflecks“, des verwilderten Grundstücks in der Bahnhofstraße 2, aus. „Das ist ein privates Anwesen, es kann nicht sein, dass Stadt einspringen muss.“

Judith Vollmer (CDU) , zeigte sich ebenfalls skeptisch. Der Haushalt sei „alles andere als erfreulich, aber vorhersehbar gewesen.“ Dass ein Liquiditätskredit aufgenommen werden müsse, sei eine zusätzliche Belastung. Außerdem habe man die „rote Laterne der höchsten Gewerbesteuer in der Region.“

Dass man das Gewerbegebiet in der Lauterburger Straße füllen und vermarkten wolle, gleichzeitig aber die Gewerbesteuer erhöhe, sei schwer zu verstehen. Man dürfe in der Zukunft nicht mehr auf jede Zuschusszusage hereinfallen, betonte Vollmer. Ähnlich hatte sich zuvor bereits Jutta Wegmann geäußert.

Da man aber in der Vergangenheit den Projekten zugestimmt habe, müsse man nun auch für den Haushalt stimmen. Michael Gaudier stimmte wegen der Erhöhung der Gewerbesteuer nicht mit der Partei mit.

Heinz Blankart (SPD) merkte an, dass 89 Prozent der Kosten auf Projekte entfielen, die in den letzten Jahren beschlossen worden seien: „Darin enthalten sind auch von oben verordnete Projekte. Trotz Vorbehalte in einzelnen Punkten stimmen wir zu.“

Ludwig Pfanger (Freie Wähler) lehnte wie jedes Jahr den Haushalt ab – als mahnende Hand, sagte Pfanger. Der Haushalt für 2015 sei ein Möchtegern-Haushalt: „Wir können ihn annehmen, aber wir müssen nicht. Wir haben nichts mehr in den Taschen.“

Der „Schandfleck“ Bahnhofstraße 2 sei natürlich ein Thema. Wenn man das Grundstück erwerbe, müsse man auch etwas tun. Pfanger verwies auch auf die Instandhaltungskosten, die dann Jahr für Jahr anfielen.

Die Erhöhung der Gewerbesteuer kam ebenfalls nicht gut weg: Viel Industrie sei bereits abgewandert.

Markus Schowalter (FDP) stimmte zu, merkte jedoch an, dass man mit „einem gesunden Menschenverstand“ dem Haushalt eigentlich nicht zustimmen dürfe. „Wir machen Schulden, um Schulden zu bezahlen.“ Das sei der falsche Weg, jedoch momentan der einzig gangbare.

Mehr Blühwiesen in Kandel

Angenommen wurde ein Antrag der Grünen, wonach es mehr blühende Landschaft in Kandel geben soll. Mehr Vielfalt und mehr Insektennahrung auf öffentlichen und auch privaten Flächen durch Einsäen von Wildblüten soll die Diversität der Pflanzenwelt wieder anregen. Bürger können neutrale und private Flächen melden und bekommen das Saatgut zum Selbstkostenpreis.

Geplant sind Schilder mit der Aufschrift: „Hier blüht es für Bienen und Hummeln“.

Straßennamen der Partnergemeinden

Volker Merkel (CDU) schlug vor, in Kandel eine Straße oder einen Platz jeweils nach eine der Partnergemeinden Kandels – Reichshoffen im Elsass und Whitworth in Lancashire (England) – zu benennen. In beiden Städten gebe es bereits eine Straße, die nach Kandel benannt sei.

Wieder Doppelgräber gewünscht

In der Einwohnerfragestunde regte ein Bürger an, auf dem Friedhof wieder Doppelgräber zuzulassen, anstatt die Gräber zu stapeln. Gerade für Eheleute sei eine angemessene Bestattungskultur wichtig. Zudem sei der Untergrund durch die Tieferlegung an vielen Stellen verrutscht.

Man müsse dazu die Umstrukturierung abwarten, sagte Bürgermeister Tielebörger. Erst dann könne man auf Basis von Hochrechnungen abschätzen, wie die Belegung künftig aussehen werde.

Videoüberwachung?

Ein anderer Bürger kritisierte Kameras in der Turmstraße, in der Kirchgasse und in der Juststraße.

Das seien Kameras, die die ganze Straßen filmten, sogar inklusive Nachtsichtgeräten. Ob das den Stadträten noch nicht aufgefallen sei? Es sei wie eine „komplette Videoüberwachung“ und nicht rechtens.

„Investitionen für die Zukunft“

Am Ende der Sitzung verteidigte Tielebörger nochmals leidenschaftlich die getätigten Investitionen. „Was wäre Kandel ohne die Bienwaldhalle und ohne die Stadthalle?“ Die Handballer hätten nicht aufsteigen können ohne Bienwaldhalle, die Vereine hätten sonst keine Räumlichkeiten für Veranstaltungen oder Training. Das seien keine Fehlinvestitionen, sondern Investitionen in die Zukunft.

Auch die Stadthalle sei ausgebucht, zuvor kritisierte Räume jetzt äußerst beliebt. Deshalb dürfe man die Mietpreise nicht zu hoch ansetzen, so Tielebörger. (cli)

 

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen