Freitag, 19. April 2024

Speyerer Bischof Wiesemann besucht LKW-Fertigung in Wörth

3. Februar 2014 | Kategorie: Allgemein, Kreis Germersheim, Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional

Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann zu Besuch im Mercedes-Werk in Wörth im Gespräch mit Vertretern des Betriebsrats und der Werksleitung.
Fotos: H.Mathes

Wörth – Zu einem Firmenbesuch ist der Speyerer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann am 31. Januar im Mercedes-Werk Wörth gewesen.

Bei dem halbtägigen Aufenthalt in der weltgrößten Lastwagenfabrik standen neben einer Besichtigung der LKW-Fertigung vor allem Gespräche mit Vertretern des Betriebsrats sowie der Produktion und des Personalbereichs an. Den Bischof begleiteten die beiden Betriebsseelsorger des Bistums Speyer, Thomas Eschbach und Diakon Andreas Welte.
Während eines Rundgangs durch die zentrale Fertigungshalle zeigte Werner Wilhelm, ein leitender Mitarbeiter der Produktion, den Besuchern aus Speyer die verschiedenen Produktionsschritte von Rohbau, Lackierung, Innenausbau bis hin zum Aufbau.

Mehrmals wandte sich Bischof Wiesemann mit anerkennenden Worten an Werksarbeiter am Fließband oder in Computer-Leitstellen. Am Ende der Fertigungsstraße nahm der Bischof in einem der Trucks Platz – natürlich auf dem Fahrersitz.

Wiesemann zeigte sich „tief beeindruckt“ von der Fabrik, die der zweitgrößte Arbeitgeber auf „seinem“ Bistumsgebiet ist. Rund 11.650 Mitarbeiter arbeiten bei Daimler in Wörth. 90.000 LKW sollen in diesem Jahr vom Band gehen.

„Das Technische ist sehr beeindruckend, aber vor allem fand ich die unmittelbare Begegnung mit den Menschen, die hier arbeiten, wichtig. Ich habe erfahren, worauf sie stolz sind und wo sie der Schuh drückt“, so der Bischof. So verfolgte Wiesemann die weitgehend automatisierte Fertigung der Fahrerkabinen mittels Robotern und pflichtete zugleich den Vertretern des Betriebsrates bei, dass die Automatisierung einen hohen Preis hat – wo vorher 800 Arbeiter tätig waren, sind es jetzt nur noch 250.

In den Gesprächen mit Mitgliedern der Werksleitung und des Betriebsrats wurden gegensätzliche Auffassungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer deutlich: Es zeigte sich jedoch, dass beide Seiten zum Wohl des Standortes – und damit zum Wohl der Mitarbeiter und der Region konstruktiv zusammenarbeiten wollen.

„Wir versuchen, zusammen aus dem Standort noch etwas Größeres zu machen, wenn auch vielleicht mit verschiedenen Ansätzen“, sagte Betriebsratsvorsitzender Ulli Edelmann. „Um Lösungen wird intern gestritten, aber es gibt welche – und das hilft beim Erhalt des Standorts Wörth.“

Krise bewältigt

Eine schwere Krise im LKW-Bau im Jahr 2009 hätten Belegschaft, Betriebsrat und Unternehmensführung nur gemeinsam bewältigt, wie Jürgen Herberger, Leiter Arbeitspolitik und Ideenmanagement, hervorhob. Damals war die Produktion von 113 700 LKW in 2008 auf 44 400 in 2009 eingebrochen – die Folgen der Weltwirtschaftskrise hat Mercedes mit „flexiblen, solidarischen und erfolgreichen Lösungen“ geschultert, ohne einen einzigen Mitarbeiter des Stammpersonals entlassen zu müssen. Der Wermutstropfen: 700 Leiharbeiter konnten damals nicht weiterbeschäftigt werden. „Als es wieder aufwärts ging, haben wir viele zurückgeholt“, so Edelmann.

Die Arbeitsplatzsicherung, der Umgang mit einer älter werdenden Belegschaft, der steigende Leistungsdruck, aber genauso die Förderung der Auszubildenden – rund 530 sind es in jedem Jahr – seien weitere Herausforderungen der Betriebsratsarbeit.

Von der Politik fordert der Wörther Betriebsrat weitere Rechte bei der Mitbestimmung ein – konkret im Werk lauten die Forderungen auf einen arbeitsfreien Samstag, der dem Familienleben zugute komme.

Jürgen Herberger warnte davor, deutsche Gewohnheiten generell als Maßstab zu nehmen. In einer globalisierten Welt könne dies schnell zu Konflikten führen: „In Japan wird unter ganz anderen Bedingungen günstiger produziert.“ Zugleich stimmte der Manager dem Betriebsrat bei, dass die Ausbildungslandschaft unter dem Diktat der Wirtschaft nur noch eine „Verwertungswissenschaft“ sei. „Junge Menschen müssen wieder mehr Zeit haben, sich zu entwickeln.“ Schulzeit, Ausbildungs- oder Studiendauer müssten dem Rechnung tragen.

Grundsätzlich lobte Bischof Wiesemann die Gesprächskultur zwischen den Belegschafts- und Arbeitgebervertretern. „Es ist gut, dass diese Kultur gesetzlich eingerichtet ist und es die Mitverantwortung der Arbeitnehmer für das Unternehmen gibt.“ In diesem Zusammenhang sprach sich der Bischof für eine Teilnahme an den demnächst anstehenden Betriebsratswahlen aus: „Das ist ein wichtiger Ausdruck von Demokratie und gibt den Arbeitnehmervertretern Rückenwind.“

Lob gab es jedoch auch für die Betriebsseelsorge des Bistums, die Betriebsratsvorsitzender Ulli Edelmann als „wichtige Unterstützung“ charakterisierte.

Karl-Heinz Wiesemann: „Die Betriebsseelsorge ist uns ein wichtiges Anliegen, weil in ihr Arbeits- und Glaubenswelt zusammenkommen.“ Denn Arbeit, so der Bischof, bedeute nicht nur Mühe und diene nicht nur dem Broterwerb, sondern sei ein Wert an sich, vermittele Sinn und gestalte die Gesellschaft mit. „Unsere soziale Marktwirtschaft in Deutschland – die mit der christlichen Soziallehre wesentlich zu tun hat – kennt ein Ziel: unsere Gesellschaft zusammenzuhalten“, schloss der Bischof. (is/red)

 

 

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen