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Speyer: Deutscher Brigadegeneral Laubenthal ist Stabschef bei US-Streitkräften in Europa: „Strong Europe“ braucht auch „military Schengen“

28. Januar 2016 | Kategorie: Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional
V.li.: General Markus Laubenthal, Colonel Norman Fuss und Uni-Rektor Prof. Dr. Joachim Wieland. Foto: pfalz-express.de/Licht

V.li.: General Markus Laubenthal, Colonel Norman Fuss und Uni-Rektor Prof. Dr. Joachim Wieland.
Foto: pfalz-express.de/Licht

Speyer – Brigadegeneral Markus Laubenthal ist seit August 2014 Stabschef der US Army Europe (USAREUR).

Eine Besonderheit, denn mit der Verpflichtung Laubenthals zum „Chief of Staff“ wurde zum ersten Mal einem deutschen Offizier diese Aufgabe übertragen.

Ob nun die NSA-Affäre ursächlich war oder lediglich rein praktische Überlegungen, um eine effektivere Zusammenarbeit an der Nahtstelle zu Osteuropa anzugehen: Transparenz soll künftig eine größere Rolle bei den US-Streitkräfte in Europa spielen.

Und so sprachen der Stabschef  und sein amerikanischer Stellvertreter, Colonel Norman Fuss, in der Aula der Universität Speyer zum Thema: „Für ein starkes Europa! Beiträge der Vereinigten Staaten von Amerika und ihrer Partner in der Atlantischen Allianz“.

Uni Speyer Vortrag Laubenthal

Laubenthal beschrieb seine eigene Tätigkeit, ging aber vor allem auf aktuellen Aufgaben der US-Army in Europa ein.

Während hierzulande die „Flüchtlingskrise“ die politische Landschaft und Diskussion beherrscht, hat das Pentagon den Fokus weiterhin auf die Annexion der Krim durch Russland und die fragile Situation in der Ost-Ukraine im gerichtet.

Aus Sicht der Amerikaner schwelt der Konflikt in nicht vorhersehbarem Maß – der Stellenwert der US-Streitkräfte steigt demzufolge in Europa wieder an.

Bei Laubenthal laufen die Fäden zusammen – er ist Mittler zwischen der Bundeswehr und den USAREUR und deren Kommandeur Generalleutnant Frederick B. Hodges. Diese Aufgabe sei ein großer Vertrauensbeweis, sagte Laubenthal.

Brigadegeneral Markus Laubenthal

Streitkräfte auf 10 Prozent reduziert

Mit der Wende Anfang der 90er Jahre und dem Zerfall des Ostblocks reduzierte die US-Regierung Schritt für Schritt die ehemals etwa 300.000 Mann starken US-Streitkräfte auf etwa 30.000.

Derzeit sind wieder rund 35.000 amerikanische Soldaten in Europa aktiv. Natürlich nicht planlos, sondern ausgerichtet nach dem Programm „Strong Europe“.

Damit soll die nach dem NATO-Gipfel in Wales beschlossene stärkere Bündnisverteidigung praktisch umgesetzt werden.

Aus Nato- und wohl hauptsächlich aus US-amerikanischer Sicht besteht die Notwendigkeit, der Bevölkerung in den osteuropäischen NATO-Staaten die klare Linie, die Entschlossenheit des Bündnisses zu vermitteln.

Die Botschaft gen Osten: Man ist präsent, man kann reagieren, sollte Putin aus der Rolle fallen.

USAREUR Strong Europe

Mit „Strong Europe“ strebt man eine engere Zusammenarbeit mit europäischen Streitkräften an – auch zur Abschreckung.

Was dabei fehle, sei ein „militärisches Schengen“, sagte Laubenthal. So ist es in Europa immer noch schwierig und höchst bürokratisch, wenn fremde Streitkräfte Länder durchqueren wollen.

In Tschechien beispielsweise müsse man mit etwa 45 Tagen Bearbeitungszeit rechnen, bis man die Erlaubnis erteilt bekomme, mit einem Militärkonvoi das Land zu durchqueren. In Deutschland dauert es rund zehn Tage.

USAREUR Strong Europe (2)

Übungsplanungen sind demnach nicht nur eine logistische, sondern auch verwaltungstechnische Herausforderung. Da müsse die Nato schneller werden, so Laubenthal, „Agreements“ zwischen den Regierungen seien unabdingbar.

Natürlich wolle man einen Krieg verhindern – dafür sei man da – aber das ginge nur, wenn man in Friedenszeiten Stärke signalisiere.

Mit dem Programm „Freedeom Shock“, einer unangekündigten Großübung, werden nun regelmäßig Ernstfälle simuliert und das gesamte Procedere geprobt.

Das Bedrohungsmuster sei Putin selbst, der einen Keil da hinein treibe, wo die Nato nicht geschlossen sei. Der russische Präsident habe quasi über Nacht 40.000 Mann und viel Gerät abrufbereit, die Wege zur Grenze nach Europa seien kurz.

Am erstrebenswertesten sei natürlich ein Nato-Russland-Rat, meinten der General und Colonel Fuss. Letzterer berichtete, dass derzeit der Kontakt mit Russland von der US-Regierung untersagt sei – Funkstille. Er hoffe jedoch, dass sich dieser Zustand bald wieder ändere, so Fuss.

Im Auge hat man natürlich ebenfalls die Migrationsbewegungen quer durch Europa, sowohl vom Mittelmeer als auch von Osten her. Die Vereinigten Staaten fürchten eine Einsickerung radikaler Kämpfer nach Europa.

Israel genießt besonderen Schutzstatus. Man sei dort auch regelmäßig zu gemeinsamen Übungen, berichtete Laubenthal.

„Spending problem“ – bei Bundeswehr: „funding problem“

Zumindest die US-Streitkräfte müssen sich bei ihren Unterfangen nicht mit Geldproblemen herumschlagen. Lumpen lässt sich die US-Regierung nicht: 1,8 Milliarden Dollar Wehretat für die 35.000 Mann jährlich steht zur Verfügung. (USA gesamt: etwa 700 Milliarden Dollar)

Zwar seien darin die 440 Millionen Dollar Nato-Beitrag enthalten, sagte Laubenthal. Im Gegensatz zu seiner Bundeswehr-Zeit habe er nun jedoch eher das Problem, das Geld auszugeben, damit im kommenden Jahr wieder dieselben Mittel bereitgestellt würden: „Wir haben mehr ein „spending problem“ (Geld ausgeben), bei den deutschen Streitkräften ist es eher ein „funding problem“ (Geld bekommen).

Das dürfte sich im Übrigen bis zum heutigen Tag im Übrigen nicht verbessert haben.

Im Anschluss an Laubenthals mit Bildern und einem Video untermalten Vortrag konnten Zuhörer Fragen an die beiden Militärs stellen.

Uni-Rektor Prof. Dr. Joachim Wieland verlieh nach Ende der Diskussionsrunde die Universitätsmedaille an Ministerialrat a.D. Godehard Elsner und würdigte damit sein langjähriges Engagement als Vertreter des Landes Nordrhein-Westfalen im Verwaltungsrat der Universität. (cli)

Prof. Dr. Joachim Wieland - Ministerialrat a.D. Godehard Elsner

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