Ortsumgehung Schaidt abgelehnt: Enttäuscht, frustriert, ohnmächtig

22. September 2013 | Kategorie: Allgemein, Kreis Germersheim, Regional

Dauergebeutelte Anwohner der Schaidter Haupt- und Speckstraße: Verkehrslärm fast rund um die Uhr.
Foto: red

Schaidt: Enttäuscht, frustriert, ohnmächtig: So oder ähnlich empfinden viele vom Durchgangsverkehr betroffene Schaidter Bürger nach dem Negativentscheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD) zu den Trassenvarianten für eine Ortsumgehung.

Berufspendler und Lastwagen wälzen sich Tag für Tag durch die Hauptstraße in Wörth, Pendler, die im Daimler-Werk in Wörth arbeiten, auch noch durch die Speckstraße. Die Rushhour beginnt bereits frühmorgens um 4.30 Uhr und endet erst gegen 24 Uhr – mitten in der Nacht. Viele Schaidter halten es für „wirklich gefährlich“, während des Feierabendverkehrs oder des Schichtwechsels bei Daimler die Straße zu überqueren – von der Dauer-Lärmbeschallung einmal ganz abgesehen.

Als frustrierend empfindet auch der Schaidter Ortsbeirat das Ergebnis der von der SGD-Süd durchgeführten Prüfung der  vorgeschlagenen Trassenvarianten.

Varianten Ortsumgehung – nun sind alle von der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd abgelehnt worden.

„Dabei hatte der Ortsbeirat in einer gemeinsamen Aktion noch kurz zuvor per Bürgerbefragung von dem überwiegenden Teil der Schaidter bestätigt bekommen, dass sie eine Ortsumgehung für dringend geboten hielten und sich deshalb eine Ortsumgehung entsprechend den Planvarianten F, alternativ E wünschen würden“, sagt Kurt Geörger, Ortsvorsteher von Schaidt. Die Planvarianten A-D waren wegen ihrer als zu nah empfundenen Lage und der teils bloßen Lärmverlagerung als nicht Ziel führend betrachtet worden.

Die Mitglieder des Ortsbeirats sind sich  einig, dass die Entscheidung der SGD  den Belangen der unmittelbar Betroffenen unter keinen Umständen gerecht wird und als weiterer Quell für die „zunehmende Politikverdrossenheit bei den Bürgern zu bewerten ist“.

Entscheidung auf Behörden-Ebene: Ortsbeirat und Bürger wurden nicht gefragt

Man sei ja nicht einmal gefragt worden: Warum die sechs vorgeschlagenen Trassenvarianten nur von den Fachbehörden, aber ohne Zutun des Ortsbeirats erstellt wurden, kann man in Schaidt nicht nachvollziehen: „Sowohl der Ortsbeirat wie auch Bürger des Ortsbezirks hätten interessante Vorschläge zu einer Ortsumgehung machen können, zum Beispiel auf bereits vorhandenen Straßen, die durch das Gebiet führen“, beklagt Geörger.

Auf dem Papier steht es schwarz auf weiß: Im Landesverkehrsprogramm Rheinland-Pfalz wird darauf hingewiesen, dass die Entlastung der Rheinland-pfälzischen Städte und Gemeinden vom starken Durchgangsverkehr, u. a. durch den Bau von Ortsumgehungen, ein wesentliches Ziel der Landesregierung ist. „Womit das Vorhaben generell den oben genannten Vorgaben entspricht“, sagt Geörger.

Logischer Schluss: Aus Sicht von Raumordnung und Landesplanung sollten demnach gegen das Vorhaben keine grundsätzlichen Bedenken bestehen. Die verkehrliche Notwendigkeit einer Ortsumgehung wird jedoch von einigen Verfahrensbeteiligten in Frage gestellt. „Etwa vom Verband Region Rhein Neckar, der eine Steigerung des Verkehrsaufkommens um 15% bis zum Jahre 2025 bezweifelt und angesichts des prognostizierten Bevölkerungsrückgangs vielmehr von einem Rückgang der Verkehrsbelastung ausgeht. Die SGD- Süd hat sich dieser Auffassung des Verbands angeschlossen, nach Meinung des Ortsbeirats zu Unrecht“, kritisiert der Ortsvorsteher.

„Das zusätzliche Verkehrsaufkommen infolge eines geplanten Tunnels bei Bad-Bergzabern ist in diese Annahmen nicht eingeflossen und auch eine vom Verband unterstellte nur 50-prozentige Reduzierung des innerörtlichen Verkehrs ist keinesfalls belegt, sondern bloße Annahme ist.“ Das Problem des Quellverkehrs, der nichts wolle außer durchzufahren, solle dringend einmal Gehör in einem größeren Rahmen finden, nämlich dort wo der Verkehr herkomme bzw. hinführe, findet Kurt Geörger.

„Ameisenbläuling wichtiger als die Menschen“

Die Mitglieder des Ortsbeirats bemängeln zudem, dass die von der Verkehrsbelastung betroffenen Bürger nur eine untergeordnete Rolle einnähmen und dem „Dunklen Wiesenknopf-Anmeisenbläuling sowie der Wildkatze“ teils mehr Schutzraum zugestanden würde als den betroffenen Anwohnern selbst.

Als nicht schlüssig sieht der Ortsbeirat auch die von verschiedenen Naturschutzverbänden vorgebrachten Vorschläge, mittels Geschwindigkeitsbegrenzung, verstärkter Nutzung der Bahn oder innerörtlicher Verkehrsberuhigung eine erhebliche Verkehrsentlastung ohne Straßenneubau zu erreichen. „Dadurch reduziert sich die Anzahl der durchfahrenden PKW und LKW nicht“, betont Geörger.

Politik will weiterhin helfen

Ganz allein gelassen sind die Schaidter dennoch nicht. Die regionale Politik will sich auch weiterhin für eine Lösung stark machen – parteiübergreifend.

So äußerte sich Dr. Tobias Lindner (Grüne):

Dr. Tobias Lindner (Grüne)

„Die Entscheidung der SGD-Süd ist bedauerlich, aber andererseits auch nicht vollkommen überraschend. Damit eine Ortsumgehung für die Bürger in Schaidt tatsächlich eine Entlastung von Verkehr und Lärm mit sich bringt, ist eine Variante erforderlich, die relativ weit vom Ort entfernt verläuft und – was Eingriffe in die Natur betrifft – größere Ausgleichsflächen erforderlich macht. Eine solche Variante haben wir auch im Wörther Stadtrat unterstützt.

Um dennoch eine Linderung im Bezug Lärm zu erreichen, schlage ich vor, zumindest verkehrsberuhigende Maßnahmen in der Hauptstraße von Schaidt zu prüfen und, wenn möglich, zügig umzusetzen.“

 Die SPD-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Barbara Schleicher-Rothmund und Herbert Hauck, SPD-Ortsvorsitzender, sagten:

Barbara Schleicher-Rothmund (SPD)

„Auch nach dem negativen raumordnerischen Entscheid zu den Varianten für eine Südumgehung bleibt es das Ziel, eine Entlastung der Schaidter Ortsdurchfahrt vom Durchgangsverkehr herbeizuführen.

Das bedeutet zum einen nach kurzfristigen Lösungen zu suchen, um Verkehr fernzuhalten, und zum anderen auszuloten, ob es Chancen für neue Trassenvarianten gibt. Leider konnte keine der vorliegenden Trassen der Südumgehung die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) in ihrer Untersuchung überzeugen. Die ortsnahe Variante A, die auch vom Ortsbeirat und Stadtrat abgelehnt worden war, hätte nur eine Verlagerung der Belastungen gebracht. Bei den Varianten B bis F wiegen aus Sicht der SGD Süd die naturschützerischen Belange so schwer, dass die Eingriffe durch eine Straße nicht möglich sind.

Bei den Planungen für die 2. Rheinbrücke bei Wörth hat das Schutzgut ‚Mensch‘ eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Wir sollten die Belange der vom Verkehr geplagten Schaidter Bürger noch mal genau betrachten. Eines bleibt aber: Der jetzige raumordnerische Entscheid darf nicht als Alibi herhalten, um die Hände in den Schoß zu legen. Wir sollten gemeinsam weiter nach möglichen Lösungen suchen“, so die beiden SPD-Politiker.

Der Bundestagsabgeordnete Dr. Thomas Gebhart und Landtagsabgeordneter Martin Brandl (beide CDU), halten eine Ortsumgehung Schaidt unbedingt für erforderlich (wir berichteten).

Martin Brandl und Dr. Thomas Gebhart (beide CDU)

„Die Menschen in Schaidt müssen vom Durchgangsverkehrs entlastet werden“, so Brandl und Gebhart. Die Ablehnung der geplanten Ortsumgehung durch die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd als Ergebnis des Raumordnungsverfahrens sei unverständlich.

Aus Sicht des Naturschutzes wäre nur die sehr ortsnahe Streckenführung A in Frage gekommen, die allerdings den Verkehr lediglich auf die andere Seite der Bebauung verlagern und keinen akzeptablen Lärmschutz bewirken könne.

 „Naturschutz ist ein Ziel von enormer Bedeutung“, so Gebhart und Brandl, „der Schutz der Bevölkerung allerdings auch.“ Wichtig sei es, die Bedürfnisse der Menschen vor Ort in die Planungen einfließen zu lassen. Mutmaßungen, dass die rot-grüne Landesregierung aufgrund der Absicht, keine neuen Straßen mehr zu bauen, schon im Anfangsstadium Planungen für neue Straßen ablehnt, erhielten so neue Nahrung: „Man darf nach diesem für die Schaidter inakzeptablen Ergebnis nicht aufhören, für eine Entlastung vom Durchgangsverkehr zu kämpfen.“ (cli)

 

 

 

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