Freitag, 19. April 2024

Neuer Stadtführer für Menschen mit Behinderungen in Arbeit: „Landau hürdenlos“

1. April 2016 | Kategorie: Landau
OB Thomas Hirsch: "Barrierefreiheit für das ganze Rathaus". Foto: Pfalz-Express/Ahme

OB Thomas Hirsch (r.) : „Optimale Barrierefreiheit muss es auch für das Rathaus geben“.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Landau. Um ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges Leben zu führen, sind Menschen mit Behinderungen auf eine weitgehend barrierefreie Umwelt angewiesen.

Überall wo dies nicht gegeben ist, helfen den Betroffenen gezielte Informationen über die bestehenden Barrieren um zu klären, ob eine selbstständige Nutzung oder eine Nutzung mit technischen sowie personellen Hilfsmitteln trotzdem möglich ist.

Ein neuer Online-Stadtführer soll diese Informationen in Landau künftig mehr und mehr zugänglich machen. Entwickelt wurde er von einer gemeinsamen Projektgruppe, bestehend aus Vertretern des cbf Südpfalz, der Diakonissen Bethesda Landau, des Stammtisch barrierefreies Landau, der Universität Koblenz-Landau und der Stadtverwaltung mit dem Informationssystem „Hürdenlos“.

Bei einem Pressetermin im Landauer Rathaus wurden die Ziele des Online-Führers erläutert.
Moritz Negwer, Student an der Uni Landau und Mitglied im Projektteam sowie Mitarbeiterin Karen Bäcker demonstrierten an den seitlichen Rathaustüren, wie sie mit Wasserwaage und Zollstock die Zugänge vermessen und die gewonnenen Maße auflisten.

„Wir wissen, dass unsere Türen breit genug für Rollstuhlfahrer sind“, so OB Hirsch. Doch sei das Rathaus noch nicht optimal barrierefrei ausgestattet. Man arbeite aber daran.

„Das Thema Barrierefreiheit gewinnt gesellschaftlich immer mehr an Bedeutung. Die Erreichbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von Gebäuden, Plätzen, Wegen und Dienstleistungen ist sowohl für Menschen mit verschiedensten Beeinträchtigungen als auch für ältere Menschen sowie für Familien mit Kleinkindern besonders wichtig“, betont Hirsch.

Ziel des Stadtführers sei es nicht nur abzubilden, welche Angebote barrierefrei sind und wo Hürden bestehen, sondern vor allem auch darzustellen, welche Hilfsmittel die Nutzung ermöglichen können und wo insgesamt noch Optimierungsbedarf im Stadtgebiet besteht, so Hirsch.

„Es ist nicht in unserem Sinn Angebote anzuprangern, es geht vielmehr darum den Betroffenen die Planung ihres Ausflugs, Einkaufs etc. zu erleichtern. Gemeinsam möchten wir unsere Stadt noch barrierefreier machen“, appelliert Hirsch an Einrichtungen, Institutionen oder auch Unternehmen, sich im Stadtführer erfassen zu lassen. Der Stadtführer soll außerdem die Gesellschaft für mögliche Barrieren sensibilisieren.

Ein besonderer Vorteil des zukünftigen Online-Stadtführers sei es, dass dieser aktuell gehalten und gepflegt werden kann. „Bei Druckversionen besteht immer auch das Problem, dass sie zum Zeitpunkt ihres Erscheinens häufig bereits veraltet sind“, erklärt Christian Dawo vom cbf Südpfalz. Außerdem lasse sich die Homepage auf allen Endgeräten abbilden und sei dadurch umfassend nutzbar.

Die Erfassung und Erhebung der Daten und Informationen wird von der Universität Koblenz-Landau geschultert. Rund 50 Teams, bestehend aus zwei Erfassern, – vorwiegend Studenten oder Freiwillige – sind momentan in der Stadt unterwegs.

„Bisher haben sich etwa 140 Adressen für die Erfassung gemeldet“, berichtet Moritz Negwer. Er kümmert sich hauptsächlich um die Koordinierung der Erhebungen sowie um die Schulung der Erfasserteams. „Sobald sich bei uns Interessierte für die Erfassung melden, machen wir einen Termin aus, um uns einen ersten Überblick zu verschaffen“, so Negweg weiter.

Anhand spezieller Fragebögen werde dann im zweiten Schritt die entsprechende Erhebung durchgeführt. „Diese beinhaltet hauptsächlich Messungen von Eingangsbereichen, Bewegungsflächen, Türen, Treppen, Regalen usw. Hierfür gibt es auch verschiedene DIN-Normen, an denen wir uns orientieren können“, erklärt Negwer.

Ausschlaggebend für die Erfassung sei vor allem immer auch die Nutzungskette, die Menschen mit Beeinträchtigungen hätten. So versuchen die Teams aus der Sicht der Betroffenen verschiedene Institutionen, Behörden, Beratungs-, Bildungs- und Dienstleistungseinrichtungen sowie gastronomische Betriebe, Kultur-, Freizeit- und Sportangebote zu betreten bzw. zu nutzen.

Susanne Brunck, mit einem Sehvermögen von nur noch 10 Prozent ausgestattet, begrüßt die Aktion. Sie ist Mitglied im Behindertenbeirat. „Ich bin immer vorbereitet, wenn ich losgehe“, sagt sie. „Das senkt den Stress“.

Man muss wissen, was einen erwartet – darin sind sich auch Mitglieder des CBF einig. Breite Türen- schön und gut, doch was, wenn die Türen sich nicht automatisch öffnen lassen, wie zum Beispiel die Türen im Hauptbahnhof und im Kaufhof.

„Ich wollte ein Konzert in der Marienkirche besuchen, aber die Tür war geschlossen“, bedauert eine CBFlerin, die im Rollstuhl sitzt.

Für sie und andere Menschen mit Beeinträchtigungen, aber auch für Familien mit Kleinkindern und für Gäste der Stadt werden die Infos über bestehende Barrieren sehr hilfreich sein, ist sich OB Hirsch sicher.

„Wir benötigen einen größtmöglichen Pool an Informationen, um den Stadtführer mit Leben zu füllen und den Betroffenen einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Angebote in unserer Stadt zu geben. Bitte unterstützen Sie das Projekt“, ruft Oberbürgermeister Thomas Hirsch Anbieter von Einrichtungen und Dienstleistungen oder auch Unternehmen auf, sich für den Stadtführer erfassen zu lassen.

Interessierte können sich unter email stadtfuehrer@uni-landau.de zur Erhebung anmelden. (desa/stadt-landau)

Auch die Breite der Türen wird für den Online-Führer vermessen. Foto: Pfalz-Express/Ahme

Auch die Breite der Türen wird für den Online-Führer vermessen.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

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