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Ministerpräsidentin Malu Dreyer zu Besuch in Herxheim – Bosch-Werkstatt Hey bildet Flüchtling aus

11. September 2015 | Kategorie: Kreis Südliche Weinstraße, Politik regional, Regional

Moussa (v.re.) weiß schon viel über Kfz-Technik – auch dank Juniorchef Sascha Hey.
Hinten: Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Helmut Dudenhöffer, von der Flüchtlingshilfe HerxheimBUNT und Firmenchef Bernd Hey.
Fotos: Kunze
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Herxheim – Ein Kfz-Betrieb in Herxheim geht voran: Der erfolgreiche Familienbetrieb von Bernd Hey hat einen Ausbildungsplatz für einen Flüchtling zur Verfügung gestellt.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) besuchte die Firma und war äußerst angetan von dem Ausbildungsbetrieb, der mittlerweile zwölf Mitarbeiter zählt.

Über die Preisverleihung des Ehrenamts in Trier vergangenen Sonntag sei sie in Kontakt gekommen mit der Flüchtlingshilfe „HerxheimBUNT“. Dabei habe sie auch Moussa S. kennengelernt und von dem großen Engagement in Herxheim gegenüber Flüchtlingen gehört, berichtete Dreyer.

Moussa S., ein junger Mann aus Zentralafrika, hat einen weiten Weg hinter sich. Er nahm den „üblichen“, wenn man von Afrika nach Europa will: Mit einem Flüchtlingsboot gelangte er über das Mittelmeer nach Lampedusa.

Eine beschwerliche und gefährliche Reise, die ihn letztendlich nach Deutschland führte. In Herxheim fand er ein neues Zuhause. Seit 21 Monaten ist er nun hier, sein Asylantrag läuft noch immer.

In seiner Heimat hat Moussa S. eine Hochschule besucht, Fachrichtung Wirtschaft. Er beherrscht mehrere Sprachen, ist äußerst wissbegierig. Über seine Erlebnisse zu sprechen, die Verfolgung in Afrika und den Geschehnissen auf seiner Flucht, fällt ihm hingegen schwer.

Helmut Dudenhöffer von der Flüchtlingshilfe HerxheimBUNT konnte zunächst für Moussa S. einen Praktikumsplatz bei der Firma Hey organisieren. Bernd Hey und sein Sohn Sascha waren schnell bereit, dem jungen Mann aus Afrika danach eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker anzubieten.

Eine Chance, für die sich der Geflüchtete mehr als glücklich schätzt. Er ist der Erste unter den Flüchtlingen, der einen Ausbildungsplatz im Ort bekommen hat.

Dies zu ermöglichen war laut Helmut Dudenhöffer alles andere als einfach. Erst einmal mussten die bürokratischen Hürden überwunden werden – eine Bürokratie, die noch aus der Vergangenheit stamme und an die heutige Situation angepasst werden müsse.

Auch Alexandra Pres von der Flüchtlingshilfe wies nachdrücklich darauf hin, wie wichtig eine Arbeit, eine Beschäftigung sei: „Die gesellschaftlichen Strukturen sind hier völlig anders als in den Heimatländern, aus denen die Geflüchteten kommen. Arbeit bietet eine Orientierung.“ Pres fordert mehr Flexibilität bei den Sachbearbeitern und kreative Lösungen angesichts dieser Herausforderungen.

Bisher sind 93 Asylsuchende in Herxheim untergebracht. Bis Ende des Jahres wird mit an die 140 Bewerbern gerechnet. Mancher Asylantrag läuft schon drei Jahre.

Dank der Bürgerinitiative HerxheimBUNT konnte den Geflüchteten eine Aufnahme in die Gemeinde ermöglicht werden. Über 50 ehrenamtliche Helfer setzen ihre Fähigkeiten ein, unterstützt von kirchlichen Trägern und der VG-Herxheim.

Die Bürger haben Aktionsgruppen gebildet: Alltagsbegleitung über Paten, Öffentlichkeitsarbeit, Sport, Mobilität, Kindergarten, Treffpunkte, Sprachkenntnisse und Koordination. „Willkommen heißen ist das Eine“, so Helmut Dudenhöffer, „die Menschen in Arbeit zu bringen das Andere“.

Die Sprache zu erlernen ist Voraussetzung, wenn Integration gelingen soll. Moussa S. hat mit seiner Ausbildung im August dieses Jahres begonnen. Er wird nun auf die Berufsschule in Landau gehen. Seine Sprachkenntnisse habe er über ProfeS in Landau erworben, erzählt er.

In seinem kleinen Zimmer, in dem er wohne, übe er sehr viel, aber über die Arbeit lerne er am besten, die Sprache zu beherrschen.

Junior-Chef Sascha Hey möchte seinen Auszubildenden gerne fördern: Eine Zusatzfreizeit für den Besuch von Sprachkursen und darüber hinaus Lehrgänge bei der Firma Bosch. Dort gäbe es Ingenieure aus Afrika, die Moussa S. unterstützen könnten.

Stolz erzählte Sascha Hey von der Global Software, die er im Betrieb verwendet. Damit können über die Sprachfunktion die entsprechenden Fachbegriffe übersetzt werden, um im Automotive-Bereich arbeiten zu können.

Der Junior-Chef schilderte, wie vor einigen Jahren ein Mann aus dem Kosovo eine Ausbildung bei seinem Vater gemacht habe. Heute sei dieser selbstständig und dessen Sohn würde wiederum seine Ausbildung bei der Firma Hey machen. „Diese Leute bezahlen unsere Renten mit“, so Sascha Hey. „Wir profitieren alle davon, wir brauchen sie“.

Auf die Frage hin, ob in Herxheim nicht auch Flüchtlingsgegner zu finden wären, verneinte Dudenhöffer. Bis auf das übliche Stammtischgerede gäbe es so viel Rückhalt von der Bevölkerung, dass er stolz sei.

Auch die positive Bewegung, die durch die Medien ginge, fände er sehr ermutigend. Nicht nur immer die Bilder von abgebrannten Flüchtlingsunterkünften, sondern auch „die großartigen Ereignisse, die in unserem Land stattfinden.“

„Der Staat schreibt tolle Konzepte“, so Alexandra Pres „aber es sind Menschen, die das umsetzen müssen.“

Malu Dreyer war voll des Lobes: Die Initiative HerxheimBUNT, die sich wunderbar kümmere, ebenso die Offenheit und Toleranz der Firma Hey, die vorbildlich und beispielhaft sei: „Ein toller Betrieb.“ Sie nehme das so auf: „Wir müssen dazu lernen und helfen vor Ort. Es gibt genügend Betriebe, die Auszubildende suchen.“

Moussa S. indes weiß: Viele bekommen kaum eine Chance. Er selbst ist voller Hoffnung, dass er bleiben kann.

Senior-Chef Bernd Hey kennt mittlerweile ein wenig Moussa S. Geschichte. „Die Gegner der Asylsuchenden müssten mal in deren Schuhen laufen. Dann würden sie nichts mehr anzünden.“ (gku)

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