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Ministerpräsident Winfried Kretschmann in Landau: Dinge beherzt angehen

5. September 2013 | Kategorie: Allgemein, Landau, Politik regional, Regional

Winfried Kretschmann und Dr. Lindner beantworteten gestern etliche Fragen interessierter Bürger.
Fotos: Ahme

Landau. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann kam auf Einladung des Grünen Bundestagsabgeordneten Dr. Tobias Lindner nach Landau.

Bei besten Wetterbedingungen hatten sich viele interessierte Leute, auch aus anderen politischen Lagern, dort eingefunden. So konnte Lindner unter anderem Landrätin Theresia Riedmaier und den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Heinz Schmitt (Beide SPD) unter den Zuhörern begrüßen.

Nach einer kurzen Rede Kretschmanns beantworteten während der Veranstaltung Lindner und Kretschmann ausgeloste Fragen, die zuvor von den Anwesenden mittels Zettel gestellt wurden.

Lindner ist grüner Spitzenkandidat für Rheinland-Pfalz, Direktkandidat im Wahlkreis Südpfalz und Sprecher für Wirtschaftspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Kretschmann ist der erste Grüne Ministerpräsident im Ländle und zur Zeit Präsident des Bundesrats. Insofern habe er auch in dieser Funktion mit bundespolitischen Fragestellungen zu tun, sagte er. Sein besonderes Lob galt der guten parlamentarischen Arbeit Lindners.

„Es gibt Themen, die sind da ob wir darüber reden, oder nicht, alle zehn Jahre wird von einem Jahrhunderthochwasser gesprochen“, so Kretschmann hinsichtlich des letzten Elbe-Hochwassers und anderer davor. Dies seien Vorboten des Klimawandels. „Das ist keine Spielwiese der Grünen, sondern ein Jahrhundertthema für die ganze Welt“. Klimaschutz bedeute, dass sich Bürger und Institutionen gemeinsam dafür engagierten.

Früher habe es geheißen „Umweltschutz vernichtet Arbeitsplätze. „Mit der Energiewende werden vielmehr Arbeitsplätze der Zukunft und Wertschöpfung im Land geschaffen. Energiegenossenschaften schießen momentan wie Pilze aus dem Boden, wir haben schon 140.000 Energieerzeuger in Baden-Württemberg. Ökologie und Ökonomie müssen zusammen gehen. Wir glauben, das ist der richtige Weg“.

Was die Bildung betrifft, so müsse man den „Bildungserfolg von der Herkunft entkoppeln“.

Große Bedeutung misst Kretschmann dem ehrenamtlichen Engagement bei- eine Sache bei der Baden-Württemberg noch vor Rheinland-Pfalz liegt, was Kretschmann nicht ohne einen gewissen Stolz verkündete.

Fragen zur Geothermie und Frecking („völlige Sackgasse“) beantwortete Kretschmann ziemlich eindeutig. Er selbst stehe vor riesen Problemen mit der Geothermie. „Das ist eine große Katastrophe in Staufen, da wurden schwere Fehler gemacht und wir haben jetzt erst mal die Bremse reingehauen“. Man müsse mit dieser Technologie vorsichtig umgehen, die technischen Voraussetzungen müssten stimmen. „Die Grünen treten deshalb für eine Reformation des Bergrechts ein“, ergänzte Lindner. Kretschmann gibt dagegen der Systemlösung Power to Gas eine Zukunft. Mit ihrer Hilfe  kann Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff oder synthetisches Erdgas umgewandelt und im Erdgasnetz gespeichert werden.

Weitere angesprochene Themen wie Bürgerversicherung, Altersvorsorge und Mindestlohn sind große Themen bei den Grünen und auch Schlüsselprojekte.

Dem Terrorismus müsse man „mit mehr Europa“ entgegentreten. Einem Bundeswehreinsatz in Syrien steht Kretschmann mit gemischten Gefühlen gegenüber. „Wir müssen mit Einsätzen vorsichtig sein. Ich halte einen Einsatz ohne UN-Mandat für ausgeschlossen. Wir brauchen eine gemeinsame europäische Armee“.

Kretschmann sprach von direkter Demokratie („wir können viel von der Schweiz lernen“), er sprach aber auch davon, dass er in manchen Bürgerbewegungen eine „leichte Fanatisierung“ glaubt zu erkennen. „Trotzdem müssen Institutionen offen für Alternativen sein. Was hält eine moderne Gesellschaft zusammen? Der Streit“. Und Lindner ergänzt: „Die Politik soll sich nicht vor den Bürgern fürchten!“

Kretschmann und mit ihm die Grünen, vertreten eine „Willkommenskultur“ für Menschen mit Migrationshintergrund, sprechen sich für eine politische Teilhabe von Migranten, für eine doppelte Staatsbürgerschaft und für die Anerkennung ausländischer Abschlüsse aus. „Gute qualifizierte ausländische Arbeitskräfte dürfen nicht aus Deutschland weg!“

Dem von Manchen geforderte bedingungslose Grundeinkommen erteilt Kretschmann als „völlig undurchführbar, trotz gewissem Charme“, eine eindeutige Absage.

Höhere Kosten für Stuttgart 21? Dazu wollte sich Kretschmann nicht äußern, das sei Sache der Eisenbahnbundesamts. „Die Bahn muss das hinbekommen“. Stuttgart 21 ist eh ein wunder Punkt, der Kretschmann nach wie vor emotional beschäftigt: „Ich habe zehn Jahre dagegen gekämpft, jetzt muss ich das Teil bauen!“

Stichwort Rheinbrücke: Hier wird der Ministerpräsident nächste Woche „ein nicht einfaches Gespräch“ mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin führen.

Gesprächsbereit zeigte sich Kretschmann auch nach dem offiziellen Programmteil. Ob er noch einen Zwischenstopp am Weinpavillon des Weinguts Schneider/Beiwinkel eingelegt hat, ist allerdings nicht bekannt. (desa)

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