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Mediziner sehen große Fortschritte bei Krebsbehandlung – Präzisionsmedizin eröffnet neue Wege

Foto: dts Nachrichtenagentur [1]

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Berlin  – Bei der Behandlung von Krebs feiern Mediziner in Deutschland große Fortschritte.

Mit Hilfe der sogenannten Präzisionsmedizin schlagen Krebsforscher neue Wege bei der Bekämpfung der Krankheit ein.

Im Magazin „Focus“ verspricht der US-Forscher Todd Golub, Leiter des Krebsprogramms am Broad-Institut, wichtige Schritte auf dem Weg zur „kompletten“ Heilung durch die Molekularmedizin.

Grundlage sei die fortschreitende Entschlüsselung jener Gene, die die Entwicklung von Tumoren bestimmen. Auf deren Basis „werden wir eine neue Einteilung von Tumoren erstellen“, so Golub. Man werde Krebs „nicht mehr nach Organen klassifizieren“, stattdessen sei „der molekulare Mechanismus der Tumorbildung entscheidend“.

Für schwarzen Hautkrebs beispielsweise liege bereits ein Medikament vor, das auf jene Krebs-Mutation, die bei der Hälfte der Melanome eine Rolle spielen, ziele und „bei den meisten Patienten den Tumor dramatisch zum Schrumpfen brachte“.

Heutige Chemotherapeutika seien nach Golubs Ansicht eher „Cocktails voller Gift“. Es sei „erstaunlich, dass sie überhaupt wirken“, so der Forscher, dessen Institut sowohl der Harvard-Universität als auch dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston angegliedert ist.

Auch auf dem Gebiet der Ursachen-Forschung und damit der Früherkennung von Krebs spiele die Genetik eine wachsende Rolle.

Derzeit seien etwa 120 Krebs-Gene bekannt, zitiert das Magazin den Humangenetiker Stefan Aretz, Leiter des Zentrums für erbliche Tumorerkrankungen der Universität Bonn.

Die Medizin nehme an, dass „drei bis fünf Prozent der Tumor-Erkrankungen durch erblich bedingte Mutationen ausgelöst werden“, so Aretz.

„Revolution in der Tumormedizin“

Wenige Tage vor Beginn des Deutschen Krebskongresses (DKK) weist dessen Vizepräsident auf rasante Erfolge hin: „Wir erleben in der Tumormedizin eine regelrechte Revolution“, sagte Ulrich Keilholz, Vizepräsident des DKK, dem Nachrichtenmagazin „Focus“.

Die Entwicklung sei „phantastisch“. Vor einigen Jahren noch habe man Patienten nichts bieten können außer Chemotherapie, so Keilholz, der zugleich Vorsitzender des Charité Comprehensive Cancer Center in Berlin ist.

„Patienten, die früher nach einem halben Jahr gestorben wären, bekommen heute eine milde Therapie. Und wenn wir sie nach fünf Jahren wiedersehen, geht es ihnen immer noch gut.“

Einer der entscheidenden Durchbrüche sei mit der modernen Immuntherapie, den Checkpoint-Inhibitoren, gelungen.

Der Experte beklagte zugleich eine exponentielle Entwicklung der Kosten. „Der Arzt kommt immer mehr in die Zwickmühle“, sagte Keilholz. Er müsse Patienten möglichst gut behandeln und zugleich möglichst wirtschaftlich arbeiten. „Das geht bei den heutigen modernen Substanzen immer weniger zusammen. Da wird der Arzt alleingelassen.“

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery kündigte an, die Frage ethischer Preisgestaltung auf die Tagesordnung des nächsten Ärztetages zu rücken.

Onkologika seien mit 4,7 Milliarden Euro im Jahr 2014 die umsatzstärkste Wirkstoffgruppe im Arzneimittelmarkt der gesetzlichen Versicherungen. „Dabei erfolgt die Preisbildung allein nach Marktinteressen“, sagte Montgomery und verwies auf entsprechende US-Untersuchungen.

Zudem seien Krebsmedikamente oft als „Orphan Drugs“, als Mittel für seltene Krankheiten, in klinischen Studien weniger gründlich geprüft. „Da stellt sich die Frage, ob wir akzeptieren sollten, dass so viel Geld aus unserem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem herausgepresst wird“, so Montgomery.

„Auch deshalb werden wir auf unserem nächsten Deutschen Ärztetag über Transparenz bei der Preisbildung sprechen und auch darüber, inwieweit die Preise am Patientennutzen orientiert sind.“

Der Krebskongress findet vom 24. bis 26. Februar in Berlin statt. (dts Nachrichtenagentur)

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