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Leserbrief zur Erweiterung des Gefahrstofflagers in Germersheim: Mehr Transparenz und effektives Sicherheitsmanagement

15. November 2017 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional
Foto: red

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Der Leserbrief bezieht sich auf den Artikel „Germersheim: Keine Transparenz der US-Army bei Gefahrstofflager – „Stochern im Nebel“.

(http://www.pfalz-express.de/germersheim-keine-transparenz-der-us-army-bei-gefahrstofflager-stochern-im-nebel/)

„In dem Artikel und der gegenwärtigen Diskussion wird der Fokus auf das 70 to Gefahrenstofflager im US-Depot (Gebäude 7915) gelegt, das auf 1.900 to erweitert werden soll. Dabei wird aber außer Acht gelassen, dass es bereits ein weiteres Gefahrenstofflager im US-Depot (Gebäude 7983) gibt, für das die Kreisverwaltung mit Genehmigungsbescheid vom 19.10.2009 eine Betriebsgenehmigung zur Lagerung weiterer 1.200 to Gefahrstoffe erteilt hat. Das ist noch gar nicht so lange her.

Der damalige Antrag wurde vom US-Depot gestellt und ohne mir bekannte öffentliche Diskussion genehmigt. Genau das wäre nun auch wieder mit dem gegenwärtigen zweiten Erweiterungsantrag geschehen, wenn nicht die Rheinpfalz und der Pfalz-Express öffentlichkeitswirksam und umfangreich über die geplante Erweiterung des Gefahrstofflagers im US-Depot berichtet hätte. Damit haben sie sachkundige Menschen auf den Plan gerufen, ohne die wir heute keine Bürgerinitiative hätten. Wir würden dann gegenwärtig nicht über das Lager, auch in einer SWR4-Podiumsdiskussion, diskutieren, sondern die zweite Lagererweiterung wäre bereits ohne größeres Aufhebens genehmigt.

Wir reden also hier nicht über eine Erweiterung der Gefahrstofflagerkapazität von 70 auf 1.900 to im US-Depot Germersheim/Lingenfeld, sondern von gegenwärtig 1.270 auf nun 3.100 to, wovon zusätzlich noch die Lagerung von 50 to hochgiftiger Substanzen in Reinform beantragt ist. Das sollte allen Beteiligten bewusst sein.

Während nun der aktuelle Erweiterungsantrag aufgrund der zahlreichen fundierten Einwendungen detailliert untersucht wird und entsprechende Facheinheiten hinzugezogen werden, stellt sich die Frage, was eigentlich bei dem ersten Erweiterungsantrag genau bewilligt wurde. Die Nachbargemeinde Philippsburg wurde entgegen üblicher Gepflogenheiten damals zumindest nicht angehört.

Die vom Vorsitzenden der Bürgerinitiative beantragte Einsicht in die Akten der ersten Erweiterung wurde von der Kreisverwaltung nach drei Monaten immer noch nicht ermöglicht. Diese Einsichtnahme könnte noch so manche Überraschung zu Tage fördern, da gegenwärtig der Öffentlichkeit gar nicht bekannt ist, welche Gefahrenstoffe damals zur Lagerung konkret beantragt wurden und was genau genehmigt wurde.

Im Hinblick auf die Sicherheit der Menschen muss also augenblicklich festgestellt werden, dass es keine bzw. nur eine sehr unzureichende Kontrolle der zuständigen Bundeswehreinheit BAIUDBw gibt, dass wir nicht wissen was gelagert wird und wie es gelagert wird, und wir wissen, dass es kein Notfallkonzept gibt. Und das Gravierenste: Wir haben in der US-Army einen Partner, dem die Begriffe Transparenz, Offenheit und Sicherheitsszenarien offenbar Fremdwörter sind.

Natürlich ist das gegenwärtige Genehmigungsverfahren ein hochkomplexes Verfahren, bei dem viele juristische Spitzfindigkeiten zu bewerten sind, aber ich will es einmal umgangssprachlich formulieren: Wir müssten doch alle ziemlich blöd sein, einem solchen Erweiterungsantrag zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu entsprechen.

Zunächst gilt es das Bewusstsein unserer amerikanischen Freunde vor Ort zu verändern. Es muss verdeutlicht werden, das seit 1990 das US-Depot ebenso wie ein Werk z.B. der BASF vollumfänglich deutschem Recht zu entsprechen hat, und dass das US-Depotgelände kein exterritoriales Gelände mehr ist. Wenn dieses Bewusstsein nicht vorhanden ist, haben die deutschen Aufsichtsbehörden hier Hilfestellungen zu leisten.

Erst wenn die erforderliche Transparenz und ein effektives Sicherheitsmanagement für die Kontrolleinheiten und somit auch den lokalen Behörden ersichtlich ist, schafft dieses auch Vertrauen in der Bevölkerung. Erst dann kann man über eine Erweiterung nachdenken. Zum jetzigen Zeitpunkt und unter den derzeitigen Rahmenbedingungen steht das für mich außer Frage.

Gerald Seibel

Germersheim

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Ein Kommentar auf "Leserbrief zur Erweiterung des Gefahrstofflagers in Germersheim: Mehr Transparenz und effektives Sicherheitsmanagement"

  1. Demokrat sagt:

    Nach meiner Meinung ist in der heutigen Zeit auch mit Terroranschlägen auf derartige Einrichtungen zu rechnen.
    Welche Auswirkungen dies hätte möchte ich mir nicht vorstellen.
    Der Gedanke, dass unsere Behörden hier einfach eine Genehmigung erteilt hätten, macht mir Angst!