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Landau: Stephan Harbarth auf CDU-Südpfalz-Treffen: „Gesetze werden im Parlament gemacht, nicht vom Propheten“ – Ehrenamtliche ausgezeichnet

19. November 2016 | Kategorie: Kreis Germersheim, Kreis Südliche Weinstraße, Landau, Politik regional, Regional
Große Bühne für Politiker und Geehrte in der Jugenstilfesthalle. Fotos: Pfalz-Express

Große Bühne für Politiker und Geehrte in der Jugenstilfesthalle.
Fotos: Pfalz-Express

Landau – Alle Jahre wieder trifft sich die südpfälzer CDU in der Jugenstilfesthalle.

Und alle Jahre wieder steht ein Gastredner auf dem Podium – in den letzten Jahren waren es beispielsweise Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Gesundheitsminister Wolfgang Gröhe oder die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner.

In diesem Jahr war Dr. Stephan Harbarth zu Gast, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag aus dem Rhein-Neckar-Kreis, seit 2009 im Bundestag und seit wenigen Wochen das neue Gesicht der Unions-Bundestagsfraktion für Themen Innere Sicherheit, Recht – und für das Ehrenamt.

Das passte, denn traditionell steht das CDU-Südpfalztreffen im Zeichen des Ehrenamts: Die „Aktion Menschlichkeit“ zeichnet Mitbürger aus, die sich in besonderer Weise für Gemeinsinn und Solidarität einsetzen.

Den Abend moderierte wie stets die Landtagsabgeordnete Christine Schneider.

„Welt in Bewegung“

Dass die Zeiten momentan alles andere als einfach sind, sprachen sowohl der südpfälzer Bundestagsabgeordnete Dr. Thomas Gebhart als auch der Landauer Oberbürgermeister Thomas Hirsch an.

Auf der einen Seite laufe die Wirtschaft gut, es herrsche nahezu Vollbeschäftigung, die Arbeitslosenquote sei die niedrigste seit 25 Jahren, sagte Gebhart in seiner Ansprache. Der Bund käme im dritten Jahr in Folge ohne neue Schulden aus und auch im kommenden Jahr gebe es keine Neuverschuldung.

7.000 zusätzliche Stellen seien bei der Bundespolizei geschaffen worden, in die Infrastruktur werde weiter investiert.

Zum Stichwort Infrastruktur hagelte es scharfe Kritik von Gebhart an die Adressen der Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg: „Wenn die zweite Rheinbrücke nicht gebaut wir, liegt es nicht am mangelnden Geld – das ist vorhanden. Aber beide Länder haben es in den vielen Jahren nicht fertiggebracht, das Baurecht herzustellen.“

Die Welt verändere sich, es gebe viele Unsicherheiten, so Gebhart weiter. Natürlich sei Vieles noch verbesserungswürdig und „manchen Menschen geht es nicht so gut.“ Dennoch stehe Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern sehr gut da.

Die Bundesregierung habe viele Maßnahmen beschlossen, um die Herausforderungen zu bewältigen, betonte Gebhart. So sei zum Beispiel die Zahl der Flüchtlinge auf 83.000 in diesem Jahr zurückgegangen: „Ein Bruchteil im Vergleich zu letztem Jahr.“

Bei einigen Punkten sei man vorangekommen, bei „anderen vielleicht nicht so sehr“. Das müsse Schritt für Schritt behoben werden. Dazu gehöre auch die Einstufung der Mahgreb-Staaten als sichere Herkunftsländer. Auch da reihe sich Rheinland-Pfalz im Bundesrat leider bei den Blockierern ein, sagte Gebhart, der unlängst auf dem Klimagipfel Marrakesch mit dem marokkanischen Botschafter gesprochen hatte. Dieser habe versichert, dass Marokko zur Kooperation bereit sei.

Kommunen ächzen unter Soziallasten

Auch Thomas Hirsch schränkte das „Gutgehen“ ein wenig ein: „Eigentlich geht es uns gut, besonders hier in der Region“, sagte das Landauer Stadtoberhaupt. Es gebe eine „spitzenmäßige Kita-Versorgung“ und beste Kontakte zur Technologieregion Karlsruhe und zur Metropolregion – die CDU habe dabei einen maßgeblichen Teil beigetragen.

Dennoch sieht Hirsch „dunkle Wolken am Himmel“, und zwar aus kommunaler Sicht: Die Haushalte seien extrem belastet durch soziale Kosten und wegen struktureller Unterfinanzierung kaum auszugleichen.

Es habe schon seinen Grund, weshalb die meisten verschuldeten Kommunen in Rheinland-Pfalz seien, meinte Hirsch und warf die Frage auf: „Was passiert, wenn nicht endlich umgesteuert wird und die sozialen Lasten weiter ansteigen?“ Auch in Landau habe man hunderte Flüchtlinge aufgenommen, aber: „Wer hilft auf der Kostenseite bei der Integration?“

Die Kommunen profitierten nur wenig vom Bund, so Hirsch. Zudem habe man Sorgen wegen der Sicherheitslage. Die Polizeistellen seien nur zu 90 Prozent besetzt, Ausstattung fehle und Vieles sei nur dem persönlichen Engagement von Polizisten zu verdanken.

Zur Rheinbrücke sagte der OB: „Was, wenn die Rheinbrücke nicht mehr zur Verfügung steht, von heute auf morgen? Es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas in Rheinland-Pfalz passiert.“

Lob für Thomas Gebhart gab es sowohl von Hirsch als auch von Christine Schneider: Dieser sei ein „starker Bundestagsabgeordneter“, der das Ohr bei den Menschen habe und Anliegen nach Berlin weitertrage: „Es gibt keinen Besseren.“

Harbarth: „Nicht vor lauter Herz den Verstand verlieren“

Auch Hauptredner Stephan Harbarth lobte die „Qualität seiner Arbeit“. Gebhart verfüge auch über eine hervorragende Reputation als Kollege und Umweltpolitiker, so Harbarth.

Harbarth mag die Südpfalz und ist dort oft unterwegs. „In der Südpfalz sind die Menschen frei von Zorn“: Diese Bemerkung entlockte den Anwesenden ein Schmunzeln. Offensichtlich ist das in der Hauptstadt nicht ganz so selbstverständlich.

Dr. Stephan Harbarth

Dr. Stephan Harbarth

Trotz der „wunderbaren Lebensart in der Südpfalz“ gebe es auch Themen wie Flüchtlingspolitik, Integration und Innere Sicherheit, die die Menschen hier beschäftigten, erklärte der CDU-Politiker und fand in der Folge weitere klare Worte. Seine Grundüberzeugung und die Anderer in der Partei sei: Man wolle mit Herz und Verstand möglichst Vielen helfen, doch die Möglichkeiten seien begrenzt.

Jene, die nicht schutzbedürftig seien, die die Gastfreundschaft missbrauchten, müssten das Land verlassen. Die anderen, die vor Terror fliehen, sollten Schutz und Zuflucht finden: „Ich denke, wer angesichts der fürchterlichen Bilder kein Mitleid empfindet, hat kein Herz. Wer aber Mitleid sein politisches Handeln bestimmen lässt, hat keinen Verstand.“

Kein Land habe unbegrenzte Aufnahmemöglichkeit. Im letzten Jahr wären alle staatlichen Institutionen ohne das ehrenamtliche Engagement kollabiert. „Deutschland ist kein ausländerfeindliches Land – das müssen wir den Kritikern deutlich zeigen“, so Harbarth.

Harbarth lieferte auch entsprechende Zahlen zur Flüchtlingsproblematik: „Es sind nicht nur Ärzte und Ingenieure zu uns gekommen. Die Realität hat uns eingeholt: Nur 10 bis 15 Prozent haben eine Berufsqualifikation, 30 bis 40 Prozent sind Analphabeten.“

Dabei seien Kosten und Aufwand enorm. Bei den Erwachsenen werden zirka 1.100 Euro pro Monat veranschlagt, bei unbegleiteten Kinder 3.000 Euro pro Monat. Der Bund unterstütze die Länder allein in diesem Jahr mit 9,5 Milliarden Euro.

Zur Integrationsproblematik sagte Harbarth, dass Integration nur in den Arbeitsmark nicht genüge. Eine Wohnsitzauflage sei nötig. „Mir ist schleierhaft, warum das Land meint, das bräuchten wir nicht.“ Diese würde eine Ghettobildung verhindern. Ein Problem sieht Harbarth bei nicht berufstätigen Einwanderer-Frauen: „Da ist die Integration natürlich noch schwerer. Gerade diese Frauen haben aber einen großen Einfluss auf die zweite und dritte Generation.“

Im Übrigen sei das „alte Multikultidenken“ gescheitert – eine Situation (der unbegrenzten Einwanderung) wie im letzten Jahr, dürfe und werde sich nicht mehr wiederholen, so Harbarth. Immerhin – die Balkanroute sei geschlossen worden (nicht von Deutschland, Anm.d. Red.), das Türkei-Abkommen funktioniere.

Es müsse auch endlich die Frage nach den „Sicheren Herkunftsländern Marokko, Algerien und Tunesien“ geklärt werden, erklärte wie zuvor Thomas Gebhart auch Harbarth. Rheinland-Pfalz werde seiner Verantwortung in der Flüchtlingspolitik nicht gerecht. Es solle kein Asyl für Wirtschaftsflüchtlinge geben, so Harbarth und meint damit Flüchtlinge eben aus diesen Staaten. Diese seien außerdem weit überproportional an Straftaten beteiligt.

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Keine Scharia in Deutschland

Die beiden Bundestagsabgeordneten Gebhart und Harbarth erreichen viele Emails. Manche seien nichts anderes als Hetze („Das ist nicht akzeptabel“), oft seien es aber auch Sorgen („Die müssen wir ernst nehmen“).

„Wir müssen klare Ansagen machen. Wer glaubt, hier in der Scharia leben zu können, dem müssen wir sagen: Ihr habt euch das falsche Land ausgesucht“, spricht Harbarth Tacheles.

Regeln und die Werteordnung des Landes müssten als Selbstverständlichkeit eingehalten werden. Das Grundgesetz stehe dabei über der Religion: „Gesetze macht das Parlament und nicht der Prophet“, so der CDU-Politiker bestimmt.

1.500 Kinder, davon 400 unter 14 Jahren, leben in Deutschland. Sie sind meist mit weitaus älteren Männern verheiratet. „Dies ist mit unseren Wertevorstellungen absolut nicht vereinbar. Dreizehnjährige Mädchen gehören nicht in die Ehe, sondern in die Schule“ – riesen Applaus vom Publikum. Harbarth kündigte an, diese Ehen aufheben zu lassen.

Zur inneren Sicherheit sagt er, es werde kein rasches Ende der terroristischen Bedrohung geben: „Der Islamische Staat muss Handlungsfähigkeit beweisen. Viele werden nach Europa zurück kehren.“

Mehr Polizei

Man könne diese Art des Terrorismus nicht mit dem der Roten Armeefraktion vor Jahren vergleichen werden. „Der islamistische Terror ist der Feind der westlichen Kultur. Wir werden die Spaltung des Landes nicht zulassen und den Terrorismus mit aller Härte bekämpfen“. Dazu seien Polizei, bessere Ausrüstung und schärfere Gesetze nötig.

„Bundesinnenminister De Maiziere hat die Bundespolizei um 7000 Polizisten verstärkt, in Baden-Württemberg wurde die Polizei um 1500 Personen aufgestockt. Wie viele zusätzliche Stellen gibt es in Rheinland-Pfalz?“ fragt Harbarth und weist auf steigende Wohnungseinbruchszahlen hin.

Alle drei Minuten werde eingebrochen. Das sei für die Betroffenen eine „traumatische Erfahrung“. Harbarth fordert deshalb eine staatliche Förderung von einbruchshemmenden Maßnahmen und härtere Strafen für die Täter. „Wir reden seit Monaten auf die SPD deswegen ein“.

Die Verurteilungsquote liege unter drei Prozent, mehr Kontrolle, mehr Polizei sei nötig. „Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie Ergebnisse liefert“. Insgesamt befände man sich aber auf einem guten Weg und hätte für alle Schwierigkeiten die richtigen Lösungen.

Harbarth: „Wir haben höchste Beschäftigungszahlen, steigende Löhne und Renten, einen ausgeglichenen Haushalt. Deutschland geht es gut, dies soll auch so bleiben. Dazu tragen Ehrenamtliche, wie die heute Ausgezeichneten bei. Sie machen unser Land freundlicher und wärmer“.

Auszeichnungen für ehrenamtliches Engagement

Die südpfälzer CDU-Kreisverbände zeichneten wie jedes Jahr jeweils aus ihrem Gebiet (SÜW, GER, LD) Menschen aus, die sich mit außerordentlichem Engagement für ihre Mitmenschen einsetzen.

Kinder- und Jugendfarm Landau e.V

Für den Kreisverband Landau wurde die Kinder- und Jugendfarm Landau mit dem Preis ausgezeichnet. Der Verein, der unter der Leitung von Dagmar Flörchinger erst vor vier Jahren gegründet wurde, hat es in dieser kurzen Zeit geschafft, einen erlebnispädagogisch wertvollen Aktivspielplatz auf dem Gelände der Landesgartenschau zu gestalten und mit Leben zu füllen. Das Bildungsangebot wird in Kooperation mit Schulen, Kindergärten und der Uni Landau organisiert.

Mobile Retter e.V.

Das Projekt „Mobile Retter – Kreis Germersheim“ unter der Leitung von Dr. Matthias Wölfel wurde vom Kreisverband Germersheim ausgezeichnet. Durch eine Smartphone-App werden die Mobilen Retter, die sich in nächster Nähe zum Notfallort befinden, per GPS geortet und alarmiert und können so schneller als der Rettungsdienst vor Ort sein. Diese wenigen Minuten können im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden.

Möbellager Bad Bergzabern

Der Kreisverband Südliche Weinstraße zeichnet in diesem Jahr das Team des Möbellagers vom Haus der Familie Bad Bergzabern unter der Leitung von Helga Schreieck und der Diakonie aus.

Dort werden gespendete Möbel repariert und an Bedürftige und Flüchtlinge vergeben. (cli/desa)

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Der Chor "Twenty up" sorgte für den musikalischen Rahmen.

Der Chor „Twenty up“ sorgte für den musikalischen Rahmen.

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