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Kreis Germersheim: Umsteigen – Warten – Umsteigen: „Verkehrsforum Südpfalz“ diskutiert mit Kommunalpolitikern über Bahn- und Busverkehr

Diskutierten über Lösungen: BI und Politik. Fotos: Pfalz-Express/Licht [1]

Diskutierten über Lösungen: BI und Politik.
Fotos: Pfalz-Express/Licht

Germersheim-Sondernheim – Am Diskussionsabend der Bürgerinitiative (BI) „Verkehrsforum Südpfalz“ stellten sich sechs Kommunalpolitiker den Fragen der BI-Vorsitzenden Hans-Jürgen Burckhardt und Herbert Jäger zum öffentlichen Personennahverkehr im Kreis Germersheim.

Die BI wurde vor fast genau einem Jahr gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, den ÖPNV in der Region zu verbessern.

Am Tisch saßen Landrat Dr. Fritz Brechtel (CDU), Germersheims Bürgermeister Marcus Schaile (CDU), Bellheims Verbandsbürgermeister Dieter Adam (FWG), der Germersheimer Bürgermeisterkandidat Armin Lutzke (parteilos), der Bellheimer Verbandsbürgermeister-Kandidat Thorsten Metz (CDU) und der Jockgrimer Verbandsbürgermeister-Kandidat Karl Dieter Wünstel (CDU).

Eingeladen, aber nicht dabei waren SPD-Landratskandidatin Nicole Zor und der Jockgrimer Verbandsbürgermeister Uwe Schwind (SPD), was Hans-Jürgen Burckhardt offenbar sauer aufstieß und zu einem späteren Zeitpunkt zu scharfer Kritik veranlasste. Vorab jedoch forderte er die Politiker dazu auf, die momentane Situation am Beispiel der Strecke Wörth – Germersheim in Form von Schulnoten zu beurteilen.

Schulnoten für den ÖPNV

Landrat Brechtel vergab die Note 2 „im Vergleich zum Landesdurchschnitt.“ Man habe deutliche Verbesserungen erreicht mit der Einführung der Stadtbahn und mit Buszubringern. Allerdings müsse das System stringent weiter verbessert werden. Brechtel verwies darauf, dass die Bahn-Verträge mit der VRN und der AVG noch bis bis 2020 und bei Bussen bis 2023 liefen. 140.000 Euro flössen jährlich in Verbesserungsmaßnahmen, da der ÖPNV unter anderem an die veränderte Schullandschaft angepasst werden müsse (drei neue IGS).

Bürgermeister Schaile schränkte die Benotung ein wenig ein: 2-3 vergab der Germersheimer Stadtchef an die Verkehrsbetriebe. Es gebe doch an einigen Stellen gravierende Mängel, manches sei noch im Argen.

Auch Dieter Adam verpasste den Unternehmen eine 2-3: Man habe zwar viel gemacht, das Bussystem sei gut. Bei der Bahn aber gebe es nach wie vor Probleme mit Takt und Pünktlichkeit.

Für Armin Lutzke hingegen reicht der ÖPNV nur für die Note 3 minus. Es fehlten beispielsweise Verbindungsstrecken von Sondernheim nach Speyer ohne umzusteigen. Die beiden Verkehrssysteme passten nicht zusammen, „da braucht es Lösungen.“ Der Mitfahrer-Parkplatz in Germersheim-Mitte werde kaum genutzt, dafür platze der Hauptbahnhof aus allen Nähten, sagte Lutzke. Zudem fehlten Ladestationen für E-Autos.

Karl Dieter Wünstel benotete den Bahn- und Busverkehr mit einer 3. Im Vergleich zu vor 15 habe sich zwar einiges getan, trotzdem: „Das Thema Pünktlichkeit stößt den Nutzern sehr stark auf.“ Es brauche eine bessere Anbindung nach Karlsruhe und mehr Busverbindungen nach Neupotz und Hatzenbühl. Die gegenüber früher geänderten Streckenführungen führt auch zu Handlungsbedarf in den Gemeinden. So gebe es zum Beispiel oft keine Unterstellmöglichkeiten an den Bushaltestellen.“

Thorsten Metz, selbst täglicher Bahn-Pendler zwischen Bellheim und Karlsruhe oder Speyer, vergab eine 2 für den Verkehr an Arbeitstagen. Für die Wochenenden sieht Metz nur die Note 3, und für den Busverkehr ebenso. „Die Superluxuslösung“ einer Anbindung überall und zu jeder Zeit sei leider unbezahlbar. Dennoch gebe es noch viel zu ergänzen und zu überplanen, so Metz.

Die Probleme und Lösungsansätze, die angesprochen wurden, entsprachen im Großen und Ganzen den Themen, die schon im Februar beim „Stadtbahn-Gespräche mit der AVG“ im Bürgersaal diskutiert werden. Alle Informationen dazu gibt es hier [2].

Am Mittwochabend im VfR-Vereinsheim in Sondernheim aber standen Unpünktlichkeit, lange Umsteigezeiten, zu häufiges Umsteigen im Fokus, weil es an sogenannten Durchbindungen (Direktverbindungen) vom Norden des Landkreises bis nach Karlsruhe fehle. Am Beispiel eines Zuhörers mit einer schweren Gehbehinderung sagte Burckhardt, es „wäre ein Segen, wenn die Bahnen durchfahren würden.“

Umsteigen dauert

Burckhardt veranschaulichte mit zahlreichen Beispielen, wie umständlich eine Fahrt von A nach B derzeit noch immer sein kann. In den Gemeinden muss oft mit Bussen zum nächsten Bahnhaltepunkt gefahren, dann mit der Bahn mehrmals umgestiegen und anschließend wieder ein Busanschluss gefunden werden – ein zeitintensives Unterfangen.

Ein Kilometer indes zähle zum „zumutbaren Bereich“, um zu Fuß zu einer Haltestelle zu gelangen, erklärte Burckhardt. Leider befänden sich Bahnhöfe oft an der Peripherie eines Orts, aber: „Einige überlappen sich immerhin schon im Kreis.“ In diesem Punkt sei Rheinzabern besonders gut ausgestattet mit vielen Doppelüberlappungen im 1-Kilometer-Radius von Haltepunkten.

Verkehrsforum Südpfalz, Herbert Jäger, Hans-Jürgen Burckhardt [3]

Dass die Strecke gen Süden nach Wörth mit dem „größten LKW-Montage-Werk der Welt“ (Daimler) schwach frequentiert sei und keine ausreichenden Fahrgastzahlen aufzuweisen habe, schreibt Burckhardt ebenfalls dem „Umsteigerisiko“ zu. Normalerweise müsse dort ein „irrer Verkehr“ stattfinden, das sei aber nicht der Fall. Auf vergleichbaren Strecken in der Region sei die Nutzung des ÖPNV drei mal höher als im Kreis Germersheim.

Ein Bürger kritisierte zudem die Busanbindungen von Lingenfeld nach Süden im Schulverkehr. Sein 13-jähriger Sohn müsse 40 Minuten vor Unterrichtsbeginn in der Schule „rumgammeln“, weil zu einem späteren Zeitpunk kein Bus fahre.

Landrat Brechtel sagte, zum Auslauf-Zeitpunkt der Verträge müsse man gut vorbereitet sein. Derzeit seien 89 Busse im Einsatz. Bevor die Verträge erneuert würden, sei es angezeigt, eine umfangreiche Situationsanalyse anzufertigen, mit Umfragen und möglicherweise unter Hinzuziehung eins externen Fachbüros aus der Region. Ebenso sollten intelligente Routing-Systeme genutzt werden. „Wir müssen strategisch schauen, welches Buskonzept wir brauchen. Noch haben wir Zeit, um kreativ zu sein“, so der Landrat.

Weitere Vorschläge wurden im Zusammenhang mit einem Ruftaxi oder Mitfahrerbänken (Wünstel) genannt.

Verschwörung der SPD?

Hans-Jürgen Burckhardt mutmaßte gegen Ende über das Fernbleiben von Nicole Zor und Uwe Schwind, dass diese „möglicherweise eine Weisung von Oben“ bekommen hätten: „Ist es vielleicht gewünscht, dass Strecke klein gehalten wird?“ In der Koordinierungsstelle, die die Verträge aushandele, säßen „viele Leute, die alle das SPD-Parteibuch in der Tasche haben“, sagte Burckhardt.

Brechtel zeigte Größe, nahm den politischen Konkurrenten in Schutz und warnte vor Spekulationen. Ansonsten gelte: „Wir kämpfen weiter, machen runde Tische, denn wir haben gute Argumente.“ (cli)

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