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Jungstörche wurden besendert: Per „Animal tracking“ wird Weg der Tiere verfolgt

22. Juni 2017 | Kategorie: Regional, Rheinland-Pfalz
Die Kinder der Montessorischule beobachten gespannt den Jungstorch. Foto: Pfalz-Express/Ahme

Die Kinder der Montessorischule beobachten gespannt Jungstorch „Maxi“.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Pfalz. Die Aktion PfalzStorch und die Vogelwarte Radolfzell waren am 21. Juni den ganzen Tag in der Region unterwegs um elf Jungstörche zu besendern.

Um 9.30 Uhr begann die Aktion in Rülzheim an der Narrenburg.

Die Feuerwehr unterstützte das Team dabei mit einem Einsatzfahrzeug und der hohen Drehleiter.

Danach erhielten auch die Jungstörche auf der Golden-Grape-Ranch in Landau-Mörlheim ihre Sender.

Anschließend wurden in Freisbach die Jungen besendert. Ein Storch wird „Gerhard“ heißen, im Andenken an den Umweltpfarrer Gerhard Postel, der in Freisbach bis zu seinem all zu frühen Lebensende wohnte. Er gilt als der Mitinitiator und Motor der Aktion PfalzStorch. So soll sein Andenken bewahrt werden. Seine Familie war aus diesem Grund anwesend.

Zum Abschluss ging es weiter zum Aussiedlerhof am Kropsbach in Neustadt-Duttweiler. Auch dort erhielten die jungen Störche einen Sender.

Landrätin Riedmaier und Landrat Brechtel lassen sich von Christiane Hilsendegen über das Projekt informieren. Foto: Pfalz-Express/Ahme

Landrätin Riedmaier und Landrat Brechtel lassen sich von Christiane Hilsendegen über das Projekt informieren. Im Hintergrund Ehepaar Dexler.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Zurück zur Golden-Grape-Ranch in Mörlheim: Hier hat das Ehepaar Nadine und Marco Dexler auf dem weitläufigen Gelände ein Storchennest installiert.

Christiane Hilsendegen, die Leiterin des Rheinland-Pfälzischen Storchenzentrums, begrüßte Landrätin Riedmaier und Landrat Brechtel; die Landkreise haben einige Besenderungen finanziert.

Mit dabei waren auch Kinder der Montessori-Schule Landau. Lehrerin Frauke Grevener und 20 Kinder aus drei Klassen können, wie die Fachleute, nach der Besenderung der beiden Jungstörche Maxi und Süwe3 den weiteren Weg der Störche per App und dem Programm animal tracker auf dem Handy verfolgen.

Christian Reis und Dr. Wolfgang Fiedler sind die Experten, die sich mit der Storchenbesenderung bestens auskennen. Reis musste zunächst die beiden Jungstörche aus luftiger Höhe vorsichtig aus dem Nest holen. Bei dieser Gelegenheit wurden auch Gummiringe gefunden, die wohl die Elterntiere angebracht hatten. Leider wurde auch ein totes Junge im Nest gefunden.

Maxi und Süwe3 waren gottseidank bei guter Gesundheit und brachten das stolze Gewicht von jeweils drei Kilogramm auf die Waage.

Auch über das Schicksal der Störche Süwe1 und Süwe2 wurde gesprochen. Storch Süwe1 war in Frankreich auf einem nicht gesicherten Mast gelandet und bekam einen Stromschlag. Süwe2 verschlug es bis nach Afrika in den Senegal. Dort wurde er wohl abgeschossen, erzählt Christiane Hilsendegen. Naturranger fuhren ins Dorf und brachten den Sender mit zurück – eine abenteuerliche Geschichte.

Mit stoischer Gelassenheit ließen die beiden Störche die Beringung und Besenderung über sich ergehen. Reis und Fiedler waren sehr vorsichtig; Christiane Hilsendegen schrieb die Ergebnisse und Beringungsnummern auf. Auch den Kindern wurde gesagt, sie sollten ganz leise sein. Aufmerksam verfolgten sie jeden Handgriff der Storchenexperten, die, nachdem sie die Störche wieder zurück ins Nest gebracht hatten, viele Fragen zur Lebensweise der Tiere beantworten mussten. Frauke Grevener und ihre Kollegin Gabriele Schmidtchen wollten den Kindern den Lebensraum Tier anschaulich, quasi vor Ort, erlebbar machen.

Christian Reis erzählt einiges Wissenswertes über die Störche. Zum Beispiel das: Wenn man sich dem Nest nähert, fallen sie in eine Art Schockstarre, man nennt das „Akinese“.

„Sie stellen sich tot und dadurch können wir sie schnell beringen. Der Altsstorch kommt dann auch bald wieder zurück. Bei anderen Vögeln geht das nicht so einfach“. Den Störchen könne man auch noch ein anderes fremdes Junge ins Nest legen- „das ziehen sie auch groß“.

Zirka 4 bis 6 Eier liegen normalerweise im Nest. Storchenküken schlüpfen nach und nach. Erstgeschlüpfte haben größere Chance zu überleben. Und nur die Stärksten überleben.

Ende Juli, Anfang August gehen sie dann auf große Reise. „Viele Jungstörche sind noch unerfahren, 2/3 sterben schon im ersten Lebensjahr“, erzählt Reis.

Von 100 Jungstörchen kommen zehn ins geschlechtsreife Alter. Oft kommen die Störche wieder in ihre Heimatregion zurück, aber es gibt auch Ausnahmen.

In der Südpfalz gibt es dieses Jahr 140 Nester. Reis hat dieses Jahr 270 Störche beringt: „Das war ein gutes Jahr“. Letztes Jahr gab es ein nasses Frühjahr: „Das variiert jedes Jahr, die Natur regelt das. (desa)

Nachtrag Christiane Hilsendegen, Storchenzentrum vom 28. Juni:

Am 21. Juni wurden 12 Jungstörche in Rheinland-Pfalz besendert.
Der Besenderungstermin konnte wegen überfüllter Terminkalender der beteiligten Personen nur auf diesen relativ späten Termin gelegt werden, was die Tour zeitweise sehr spannend machte. Z. B. in Freisbach waren die Jungvögel nicht so einfach davon zu überzeugen, dass jetzt die rechte Zeit zum Besendern ist.

Normalerweise legen sie sich flach auf das Nest und stellen sich tot, sobald etwas oder jemand Fremdes über dem Nestrand erscheint. Man sagt auch, sie fallen in Akinese. Aber diese Phase hatten die zwei wohl fast hinter sich. Aber Christian Reis, der Storchenberinger in der Südpfalz, auch der „Storchenflüsterer“ genannt, redete ihnen gut zu und konnte sie so sicher vom und wieder auf das Dachnest bringen.

Die Vögel tragen manchmal noch zwei Namen, was aber nach der Geschlechtsbestimmung noch geändert wird:
Tungdil, Hedwig und Lissy werden aus Rülzheim, SÜWE III und Max/Maxi von der Golden-Grape-Ranch in Landau-Mörlheim, Gerhard und Borni III von Freisbach aus, Hannes und Jockel/Josy vom Aussiedlerhof in Neustadt-Duttweiler, Alex/Alexa und Vinzenz/Vinzenza aus Knittelsheim und Nick/Nicole von der Kollerinsel aus starten.

Sie werden bald unter diesen Namen in der kostenlosen App animaltracker zu sehen sein.

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