Germersheim: Gefahrstofflager im US-Depot: Bürgerinitiative schaltet Rechtsanwaltskanzlei ein

18. März 2018 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional

BI-Vorsitzender Dietmar Bytzek.
Foto: Pfalz-Express

Germersheim/Lingenfeld – Die Bürgerinitiative (BI) „ Kein Gefahrstofflager im US-Depot Germersheim/Lingenfeld“ vermeldet am Dienstag in einer Pressemeldung, man habe der Kreisverwaltung „schwere Versäumnisse“ nachgewiesen.

Es geht um die Erweiterung des Gefahrstofflagers im US-Depot in Germersheim (wir berichteten mehrfach). Meinungsverschiedenheiten zwischen BI und Kreisverwaltung gab es unter anderem wegen externer Notfallpläne und der Störfallverordnung (siehe unten).

Auf Anregung der BI habe die Rechtsanwaltskanzlei Stich, Dörr, Roth & Partner aus Kandel nun ein Gutachten zur Genehmigung des vorhandenen Lagers (im Jahr 2009 erweitert) über 1.200 Tonnen erstellt.

Das Rechtsgutachten komme nach Auswertung der Unterlagen zu dem Schluss, dass die Kreisverwaltung „sehr wohl zuständig ist und auch externe Katastrophenschutzpläne erstellen muss“, so Bytzek.

Die am 26. Februar 2018 erfolgte Akteneinsicht durch die BI habe erste Hinweise für eine „mögliche rechtswidrige Genehmigung des Lagers“ ergeben und bestätigte „pikanterweise“ die Aussagen des Rechtsgutachtens.

Die Akteneinsicht habe weiterhin erbracht, dass er Immissionsort einem reinen Wohngebiet zugeordnet werde. Durch den weiteren Ausbau müssten demnach die Anlieger mit massiven Wertverlusten ihrer Grundstücke rechnen, so die BI.

Geplant ist nun, dass die Rechtsanwaltskanzlei die Kreisverwaltung im Auftrag der Bürgerinitiative zum Handeln auffordern soll.

Auch gegen Bundeswehr vorgehen

Auch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAUIDw) als Überwachungsbehörde verstößt laut BI offenbar auf der Grundlage der anzuwendenden Störfallverordnung gegen die Gesetze. „Auch hier werden wir zum Schutz der Bürger dagegen vorgehen müssen“, kündigt Bytzek an. „Wir fordern daher die Schließung des Gefahrstofflagers in einem reinen Wohngebiet, zumindest aber, dass die gleichen Sicherheitsstandards wie für zivile Lager angewendet werden.“

Für die Überwachung des Gefahrstofflagers sind die Kontrolleure des Kontrolleure des (BIUDbw zuständig. Die Kontrollen werden bis zu einem Monat im Voraus angekündigt. Die Bundeswehr kann die Betreiber allerdings nur „bitten“, gefundene Mängel abzustellen.Eine rechtliche Handhabe dazu gibt es nicht.

Landrat Dr. Fritz Brechtel sagte dazu im SWR-Fernsehen, es könne nicht sein, dass Bundeswehr nur Bittsteller sei. Die militärischen Ausnahmeregelungen gehörten überprüft, „ob noch notwendig sind.“ Nato-Recht ändern geht nicht auf kommunaler Ebene.

Volker Schaffhauser von der BI sagte, man habe die militärischen Geheimnisse satt. „Wir leben in einer Demokratie.“

Hintergrund-Information

Im Meinungsstreit um die Zuständigkeit für die Erstellung von externen Notfallplänen für das Gefahrstofflager im US-Depot hatte die Kreisverwaltung im Januar erklärt, dass sie dafür nicht zuständig sei.

Die Kreisverwaltung hatte auf Anfrage der BI in einem Schreiben vom 19. Dezember mitgeteilt, dass sie selbst keine externen Notfallpläne erstellt habe.

Die Bürgerinitiative „ Kein Gefahrstofflager im US-Depot Germersheim/Lingenfeld“ sieht das anders: „Im Genehmigungsantrag stehe („im Fettdruck“), dass der Betreiber (US-Army/DLA Distribution) der Kreisverwaltung die erforderlichen Informationen (interne Notfallpläne) vor der Inbetriebnahme zur Verfügung stellen müsse, so seinerzeit der BI-Vorsitzende Dietmar Bytzek.

Wie ebenfalls im Genehmigungsbescheid aufgeführt, müsse die Kreisverwaltung zum Brand- und Katastrophenschutz externe Notfallpläne erstellen. Ferner werde bestätigt, dass für das genehmigte Lager die Störfallverordnung anzuwenden ist.

Bis heute lägen sechs Jahre nach der Inbetriebnahme des 2009 schon einmal erweiterten Lagers weder interne noch externe Gefahrenabwehrpläne vor.

Die Kreisverwaltung schrieb dazu, es handele sich auch nicht um „echte Auflagen“, sondern lediglich um Hinweise. Überwachungsbehörde für die Anlage sei das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BIUDbw). Deshalb könnten die Pläne auch nicht eingesehen werden.

Weiterhin gelte die Mitteilung vom 18 Januar. Darin heißt es:

„Der § 5a LBKG (Brand- und Katastrophenschutzgesetz), auf den Bezug genommen wird, regelt in seiner damals gültigen Fassung die Erstellung externer Notfallpläne für schwere Unfälle mit gefährlichen Stoffen. Danach sind die Landkreise dafür zuständig, für bestimmte Vorhaben externe Notfallpläne zu erstellen.

Allerdings wird innerhalb des § 5a LBKG auf die Richtlinie 96/82/EG vom 9. Dezember 1996 verwiesen. Nach Artikel 4 der Richtlinie sind militärische Einrichtungen, Anlagen oder Lager vom Anwendungsbereich ausgenommen. § 5a LBKG ist in seiner damals gültigen Fassung für das US-Depot somit nicht anwendbar. Dies führt dazu, dass keine Rechtspflicht für die Erstellung externer Notfallpläne besteht.

Die Kreisverwaltung konnte demnach das US-Depot rechtlich auch nicht zur Vorlage der für die Erstellung externer Notfallpläne erforderlichen Informationen vor Inbetriebnahme verpflichten. Vor diesem Hintergrund wurde die Stellungnahme des Katastrophenschutzes nur als Hinweis in den Genehmigungsbescheid aufgenommen.

Da der Kreisverwaltung die Sicherheit der Menschen und ihrer Umwelt an erster Stelle steht, beinhaltete der Bescheid schon damals Forderungen, welche im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung über die damalige Rechtslage hinausgingen.

Sicherheit der Bevölkerung

Dass die Kreisverwaltung keine Notfallpläne einfordern kann, bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass keine gezielte und zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen Katastrophenschutzeinheiten stattfindet.

Es ist seit Jahren geübte Praxis, dass sich die jeweiligen Feuerwehreinheiten des US-Depot und die Freiwillige Feuerwehren der Verbandsgemeinde Lingenfeld im Brand- und Katastrophenfall gegenseitig unterstützen. Zwischen der Feuerwehr des US-Depots Germersheim und den Feuerwehren der Verbandsgemeinde Lingenfeld fanden und finden gemeinsame Übungen statt.

Der Erstangriff der Feuerwehren im Brand- und Katastrophenfall ist unabhängig von der Erstellung von externen Notfallplänen gewährleistet.“ (red/cli)

 

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