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Freie Wähler zeigen sich auf dem Hambacher Schloss kämpferisch: „Anpacken statt abwarten“

Auf dem Hambacher Schloss trafen sich die Freien Wähler zum Bundesparteitag. Foto: Pfalz-Express/Ahme [1]

Auf dem Hambacher Schloss trafen sich die Freien Wähler zum Bundesparteitag.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Neustadt-Hambach. Die Freien Wähler hielten am 18. März auf dem Hambacher Schloss ihren Bundesparteitag ab.

155 stimmberechtigte Delegierte aus dem ganzen Bundesgebiet trafen sich, um ein gemeinsames Wahlprogramm für die Bundestagswahl im September zu beschließen.

Das Motto „anpacken statt abwarten“ und Angela Merkel mit ihrem bekannten Rautesymbol prangten über dem Podium, auf dem der Bundesvorstand, Bundesgeschäftsführer Arnold Hansen, Vorsitzender Hubert Aiwanger, die Stellvertreter Gregor Voht und Manfred Petry und Schatzmeisterin Christina Hudyma, Platz genommen hatten. Der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Stefan Wefelscheid und der Neustadter FWG-OB-Kandidat Marc Weigel sprachen Grußworte.

Insgesamt 192 Änderungsanträge auf das vom Bundesvorstand vorgeschlagene Parteiprogramm waren ursprünglich eingegangen, 112 Anträge blieben stehen und wurden in der Folge in der Versammlung behandelt. Unter anderem wurde die doppelte Staatsbürgerschaft abgelehnt, sowie eine „freiheitliche Gesellschaft ohne Verschleierung“ festgeschrieben.

Stefan Wefelscheid. Foto: Pfalz-Express/Ahme [2]

Stefan Wefelscheid.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Stefan Wefelscheid: „Der politische Gegner sitzt in Berlin und anderswo. Wir müssen ein aussagekräftiges Wahlprogramm beschließen um uns dagegen zu positionieren. Wir sind die anständige Alternative zu allen Parteien, auch zu der selbst ernannten „Alternative“.

Marc Weigel stellte ein Wort des Patrioten Dr. Wirth, einem der Anführer des Hambacher Festes, an den Beginn der Veranstaltung: „Darum Patrioten wollen wir das große Werk der Reform der Freiheit und Volkshoheit beginnen und leiten.“

Weigel: „Ein besseres Motto hätte man nicht finden können. Neustadt ist ein guter Ort für die Freien Wähler und ein sehr symbolträchtiger Ort.“

Und Weigel führte den Vergleich weiter: Das Hambacher Schloss als Schauplatz der frühen Demokratiebestrebung auf deutschem Boden. Anlass sei damals die Unzufriedenheit der pfälzischen Bevölkerung mit der bayerischen Verwaltung gewesen. (Gelächter bei den Anwesenden, Vorsitzender Hubert Aiwanger kommt aus Bayern und der bayerische Landesverband ist der stärkste in Deutschland.)

Marc Weigel. Foto: Pfalz-Express/Ahme [3]

Marc Weigel.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Man habe mit 400 Personen in Neustadt einen starken Verein, einen der ältesten Wählervereine in Deutschland. 1912 von 20 Leuten gegründet, habe man die Politik unabhängig von Parteien in die Hand nehmen wollen.

Ulrike Müller, Europaparlamentarierin, beschwor danach den europäischen Gedanken: „Europa muss zusammen rücken“. Es sei „sehr schwer“, Europa den Bürgern näher zu bringen, beklagte Müller.

Sie umriss in etwa den Fahrplan der Freien Wähler im Europaparlament: Gemeinsame Außen-und Sicherheitspolitik der dort vertretenen Staaten. Was die Türkei betrifft, solle man Beitrittsverhandlungen komplett stoppen und keine Visaerleichterungen gewähren.

Es brauche klar definierte Zuwanderungsgesetze, auch neue Lebensmittelgesetze.
Kriminelle Machenschaften in diesem Bereich sollten intensiver bestraft werden.
„Es gibt eine Vielzahl von Themen innerhalb Europas. Dieser Bundestagswahlkampf wird entscheidend sein.“ Man sei hervorragend verwurzelt in der Kommunalpolitik, in den Landtagen ebenfalls, jetzt fehle noch die Bundesebene.

Eine neue Kampagne solle die Aufbruchstimmung in der Partei deutlich machen. „Wir müssen auf uns aufmerksam machen und sachorientiert an den Problemen arbeiten“.

Hubert Aiwanger. Foto: Pfalz-Express/Ahme [4]

Hubert Aiwanger.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Die Stimmung war entspannt und gleichzeitig konzentriert. „Heute ist ein historischer Tag“, sagte auch Hubert Aiwanger. „Wir wollen auf Bundesebene mitmischen und ein Parteiprogramm verabschieden, „das wir auch an Infoständen weiter geben können.“

Kein Programm zu haben, sei ein Vorwurf gewesen, dem die Freien Wähler nun mit dem neuen Programm, das alle wichtigen politischen Fragen beinhalte, begegnen könnten.

Es handle sich um ein Programm, das nicht aus Sicht der Verwaltung oder von Lobbyisten, sondern aus Sicht des Bürgers gemacht sei. „Politik für den Bürger machen ist unsere oberste Richtschnur“, so Aiwanger eindringlich.

Warum die Freien Wähler nicht sehr erfolgreich in der Bundestagswahl waren? Aiwanger wird noch deutlicher: „Die Partei „Die Piraten“ haben uns die Medienshow gestohlen.“

Und weiter zur AfD: Sie sei „ein vom Establishment mitbegründeter Blitzableiter um den Frust in den Straßengraben abzuleiten“.

Deren Protagonisten seien „jahrzehntelange Parteigänger der CDU, durch die Springerpresse in alle Munde“ gekommen.

Die AfD hätte Themen wie die Eurorettungspolitik geklaut, Strukturen abgegriffen und Leute abtelefoniert. Auch die AfD habe den Freien Wählern „die Show stehlen wollen“. Wer die AfD wähle, bringe die Grünen in die Regierung, befürchtet Aiwanger. Es entstehe so eine gegenteilige Flüchtlingspolitik. Nun wolle man zum Gegenangriff übergehen.

Er könne sich eine Zusammenarbeit mit konservativen Kräften vorstellen. „Wir sind eine vernünftige, koalitionsfähige Partei“, so der Bundesvorsitzende. „Aber nicht mit Merkel, die hat Vertrauen verspielt.“

Anträge werden vorgestellt und begründet. Foto: Pfalz-Express/Ahme [5]

Anträge wurden vorgestellt und begründet.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

„Wir sind keine Hetzer sondern Brückenbauer und Ideengeber. Das ist gelebte Verantwortung, das gilt es rüber zu bringen.“ Man müsse Fundamente erhalten, all dies, was das Land und seinen Wohlstand ausmache. Dazu gehöre Familienpolitik, ein funktionsfähiges Bildungssystem. Die kommunale Ebene solle nicht bevormundet werden. „Wir wollen kein Europa der Bürokraten, kein Ausverkauf von Grund und Boden.“

Geltende Gesetze müssten auch in der Flüchtlingspolitik angewendet werden. Merkel habe einen „riesen Fehler“ gemacht; die AfD sei ein Ergebnis der Merkelschen Flüchtlingspolitik. Statt in Washington über TTIP zu verhandeln, solle Merkel lieber über faire Handelsabkommen mit Afrika beraten, das sei eine Perspektive in der Flüchtlingspolitik.

Zur Kanzlerdebatte: „Ob Kanzlerin Merkel oder Kanzler Schulz, das ist keine Alternative, sondern ein Topf.“

Weitere Eckpunkte sehen die Freien Wähler in der direkten Bürgerbeteiligung: „Man muss sich den Segen des Volkes holen. Wir müssen den Bürger mit der Politik versöhnen“.

Auch Aiwanger sieht die Türkei nicht in der EU und erteilt deren Beitritt eine klare Absage: „Die EU würde der Türkei beitreten“.

Man müsse mit der Türkei, Amerika, Russland, England zusammen arbeiten. Dezentralität, Regionalität, den anderen auch anders sein lassen und die Demokratie erneuern: „Deutschland braucht uns.“ (desa)

Bundesvorstand auf dem Präsidium. Foto: Pfalz-Express/Ahme [6]

Bundesvorstand auf dem Präsidium.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

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