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Fragen über Fragen: Bundesjustizminister Heiko Maas in Herxheim zum Bürgerdialog

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Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), Moderator Hartwig Thöne.
Fotos: Kunze

Herxheim – „Gut leben in Deutschland“ lautete das Motto des Bürgerdialogs, zu dem der Bundesminister für Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas (SPD) am Freitagabend (4. September) eingeladen hatte.

Das Chawwerusch-Theater hatte dazu seinen Saal zur Verfügung gestellt.

Eröffnet wurde der Abend durch „Glücksministerin“ Gina Schüler vom „Ministerium für Glück und Wohlbefinden“, einem Projekt der Hochschule Mannheim.

Was ist mir wichtig im Leben? Diese Frage sollte den Abend tragen. Familie, Arbeitsplatz, Gesundheit waren grundlegende Antworten. Doch die Bürger bewegte an diesem Abend wesentlich mehr.

Bundesjustizminister Maas erschien etwas später. Nach der Besichtigung der Rheinbrücke bei Wörth hatte Maas auch eine Flüchtlingsunterkunft in Schaidt [2] besucht.

So zielte auch gleich die erste Bürgerfrage in Richtung der niedrigen Honorare für Sprachdozenten und beruflichen Kräfte in der Integration. Maas antwortete, er wolle eine Verbesserung, es sollten mehr und schneller Sprachkurse für Flüchtlinge angeboten werden.

Im Koalitionsausschuss würden derzeit die Themen über die Finanzierung behandelt. Auch die Mindeststandards in Arbeitsverträgen, die Problematik bei Werksverträgen und der Leiharbeit seien in der Diskussion, so Maas.

Weiter erhitzte der „Mangel an sicheren Vollzeitarbeitsstellen, gerade auch für Alleinverdiener und eine angemessene Bezahlung“, die Gemüter.

Nun war Maas nicht als Arbeitsminister gekommen, aber die Anliegen waren zu gewichtig für die Bürger, um auf Andrea Nahles zu warten. Der Bundesjustizminister sagte, die Regierung könne nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, nicht aber die Unternehmenspolitik beeinflussen.

Der Dauerbrenner „zweite Rheinbrücke“ kam auch auf den Tisch. Für Maas – als zweites ressortfremdes Thema an diesem Abend – war die Aufregung darüber gut nachvollziehbar. Die Brücke sei in einem schlechten Zustand und das bei einem sehr hohen täglichen Pendleraufkommen.

Rheinland-Pfalz habe einen vordringlichen Bedarf, die Rahmenbedingungen seien geschaffen worden, doch die Probleme begännen in Karlsruhe: „Eine Problematik, die in Baden-Württemberg gelöst werden muss, sonst endet die Brücke im Wasser.“

Viele Ängste, viele Befürchtungen

Ängste und Befürchtungen äußerten die Bürger angesichts des Freihandelsabkommens TTIP. Was, wenn Schiedsgerichte geltendes Recht außer Kraft setzen könnten und Verbraucherschutz ausgehöhlt werde?

Maas beschwichtigte, man solle „erst mal abwarten, was drin steht“. Es gäbe Standards, die in den USA sogar höher wären als in Europa. Es seien vor TTIP bereits 132 Freihandelsabkommen geschlossen worden – ganz ohne Aufregung.

Doch die Bürger ließen sich nicht beschwichtigen: „Warum wird um den Inhalt so ein Geheimnis gemacht? Warum wird noch nicht einmal den Abgeordneten Einblick gewährt?“

Der südpfälzer CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Thomas Gebhart klinkte sich ein und versicherte, dass niemand im Bundestag für das Abkommen stimmen würde, wenn geltende Standards unterschritten werden würden.

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V.li.: Bundestagsabgeordneter Thomas Gebhart (CDU), Bundestagsabgeordneter Thomas Hitschler (SPD), rheinland-pfälzischer SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer.

Ein Bürger, der sich als „Vertreter der jungen Generation“ bezeichnete, sprach besorgt die Vorratsdatenspeicherung an – ein Thema, bei dem sich der Bundesjustizminister zuerst dagegen ausgesprochen, dann aber seine Meinung geändert hatte.

Der junge Mann wollte wissen, was den Gesinnungswandel bei ihm ausgelöst habe: „Schließlich findet unser gesamtes Leben im digitalen Raum statt.“  Es sei seiner Meinung nach gefährlich, wenn der Staat Daten sammle und auswerte.

Maas sprach von einem Kompromiss, den er habe eingehen müssen. Er unterstrich, dass der Staat gar nicht speichern würde. Nur mit einem Beschluss des Gerichts könne durch das Zusammenlegen zweier Schlüssel von Unternehmen und Staat Daten erfasst werden.

Dies gelte nur bei schwersten Straftaten und es gäbe eine Höchstspeicherfrist. Nach deren Ablauf würden die Daten gelöscht. Dennoch blieb so mancher Bürger kritisch.

Was mit dem Ausspionieren unter Freunden, zwischen den USA und der BRD, sei, wurde gefragt. Maas erwiderte, dass es durchaus noch Fragen zu klären gibt, die Arbeitsweise der NSA jedoch nicht beeinflussbar wäre.

Bei der heutigen Bedrohungslage spielten Informationen eine enorm wichtige Rolle, daher sei die Arbeit der Geheimdienste von großer Bedeutung.

Es gab viele Fragen an Heiko Maas an diesem Abend. Die Problematik der Massentierhaltung und die damit oft einhergehende Tierquälerei wurde angesprochen, Standards und Überprüfungen, die korrigiert werden müssten. Auch die Abschaffung der Sommerzeit wurde thematisiert.

Mit einer Bitte wandte sich die Geschäftsführerin des Theaters, Monika Kleebauer, an Maas: „Heidenau darf nicht mehr passieren. Wie können wir die Flüchtlinge unterstützen, um in Arbeit und Praktika zu kommen? Können nicht die bürokratischen Hürden abgebaut werden, damit alles schneller und effektiver geht?“

Maas entgegnete bezüglich der Vorkommnisse in Heidenau: „Das sind rechtsradikale Organisationen, die nicht unbekannt sind. Die Mittel der Justiz müssen genutzt werden, es muss eine härtere Bestrafung bei einem rassistischen Hintergrund geben.“ Auch der Abbau der Bürokratie hinsichtlich der Flüchtlingspolitik solle in Angriff genommen werden.

Hartwig Thöne, der den Abend moderierte, stellte die Abschlussfrage an den Minister: „Sind Sie glücklicher durch ihr Amt“?

Die Antwort des Justizministers war eindeutig: „Nein. Wenn ich durch das Amt glücklicher werden würde, hätte ich was falsch gemacht. Man sollte kein Amt brauchen, um glücklich zu werden.“ (Gabi Kunze/red)

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