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FDP-Kreisparteitag in Germersheim: „Mit viel Optimismus in die Zukunft“

8. März 2018 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional

V.li.: Andy Becht, Mario Brandenburg, Christian Völker.
Fotos: Pfalz-Express/Licht

Germersheim – Interessante Einblicke in die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik gab es beim Kreisparteitag der FDP am Dienstag in Germersheim.

Gewählt wurde natürlich auch: Der bisherige Kreisvorsitzende Christian Völker wurde mit 97 Prozent in seinem Amt bestätigt. Zu seinen Stellvertretern votierten die Mitglieder den Bundestagsabgeordneten Mario Brandenburg, Steffen Scherrer und Julian Popov (JuLi-Verband).

Brandenburg und Staatssekretär Andy Becht (auch Bezirksvorsitzender der FDP Pfalz) hielten jeweils eine Rede, in der sie die Positionen und Erfolge der FDP darstellten.

„Denkpause hat gut getan“

Die FDP habe generell ein positives Welt- und Leitbild, sagte Becht. Die Zeiten der Katharsis und Denkpausen, als die FDP keine Regierungsbeteiligung hatte, hätten keinesfalls geschadet – im Gegenteil: „Wir haben uns Gedanken über die Menschen und das Staatsbild gemacht.“

Die Reform des Rechtssystems, eine Politik „die rechnen kann“, Selbstbestimmtheit in allen Lebenslagen, das Hochhalten der eigenen Leistung oder der Abbau von Überregulierung („ein unkomplizierter Staat“) seien Schwerpunkte der Partei, die in der Bevölkerung gut ankämen. „Auch wenn wir medial nicht immer stark berücksichtigt werden.“

Auch über die Sterbehilfe oder die gleichgeschlechtliche Ehe habe sich die FDP Gedanken gemacht und die vernünftigsten Kompromisslösungen gefunden. Dennoch: „Die FDP ist nichts für schwache Nerven“, witzelte Becht.

„Ampel trägt FDP-Handschrift“

Die Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz trage ebenfalls die deutliche Handschrift der FDP. 160 Millionen Euro Schulden seien in der Ampel getilgt und das höchste Bauvolumen umgesetzt wurden. Allein die Mittel für Landesstraßen seien so hoch wie noch nie, seit FDP in der Ampel sei, sagte Becht. Auch Planungsbeschleunigungen strebe die FDP an: „Ein großes Planungsverfahren dauert zehn Jahre. Das ist eindeutig zu lang.“

Zudem wolle die FDP die „weltbeste Bildung“ und die Aufhebung des Kooperationsverbots. „Der Bund hockt auf der Kohle“, kritisierte Becht, dabei sollten doch Gelder in die Länder kanalisiert werden. Das habe man der Bundeskanzlerin bei den Sondierungsgesprächen abringen wollen.

Becht stellte sich hinter die Aussage von Bundes-FDP-Chef Christian Lindner und seinem Satz: „Besser nicht regieren als falsch regieren“: „Das ist richtig. Wir haben die Republik nicht in den Abgrund gestürzt wegen der 8 Prozent.“

Für Verkehrsprojekte in Rheinland-Pfalz habe die FDP vorgesorgt und schon etliche Pläne in der Schublade. Mehr als 800 Vorhaben sollen es ein. Für Klarheit gesorgt habe man dahingehend, dass die 17 aktuellen Vorhaben konkret in Planung gingen. Straßen seien nun mal wichtig: „Auch ein Bus des ÖPNV braucht sie und kann nicht fliegen.“

Zur zweiten Rheinbrücke sagte Becht, dass der Planfeststellungsbeschluss immens wichtig sei, denn „laut Ingenieurskunst wird eine Brücke wird so alt wie ein Menschenleben.“ Dieser Punkt sei mittlerweile erreicht. Ein Lob ging an Landrat Dr. Fritz Brechtel, der couragiert den Vorstoß zu einem Radweg über die Brücke mittrage.

Allgemein gelte für das politische Geschäft: „Die mit dem grimmigen Gesicht sind die Anderen – wir bieten Zukunft mit einem Lächeln im Gesicht.“

Brandenburg: FDP hat ausgewogenste Lösungen

Der 2017 neu in den Bundestag gewählte Rülzheimer Mario Brandenburg attestierte: „Das sind definitiv interessante Zeiten. Immerhin: Habemus Kanzlerin, so scheint es.“ (lat.: Wir haben, Anm.d.Red.)

Für die Kreis-FDP-Mitglieder im Stadtgarten-Restaurant bot Brandenburg eine spannende Innensicht ins Berliner Politikgeschehen.

70 Prozent des Koalitionsvertrags sei „SPD“: „Schade, das ist nicht die beste Lösung“, meinte Brandenburg. Die SPD bringe sich „aus Angst vor dem Tod“ selbst um, sei „merkelisiert“. Aus staatspolitischer Verantwortung hätte sie einen Gegenpol bilden sollen, „damit es nicht die Ränder tun.“

Auch die CDU kam nicht gut weg in Brandenburgs Beurteilung. Er erkenne „inhaltlich überhaupt nichts mehr“, das Profil der Partei sei vollkommen unklar.

„Es ist wie Bauschaum rein sprühen – irgendwie besetzen sie alle Themen, sind aber vollkommen formlos.“ Es sei eine politische Bankrotterklärung, wenn eine Partei sich über den längsten Balken (Wahlgrafik) freue und alles andere egal sei.

Ein gutes Zeugnis stellte Brandenburg allerdings den CDU-Kommunalpolitikern vor Ort aus. „Aber die führende Riege ist meiner Meinung nach vollkommen überholt.“

Die Grünen hätten mit Robert Habeck und Annalena Baerbock eine „interessante Entwicklung genommen, so Brandenburg. „In nicht so strittigen Ausschüssen ist es eine sehr gute Zusammenarbeit, weil Realos die Oberhand haben.“ Man könne voneinander lernen. In Kernthemen sei es oft schwierig, weil die Grünen in manchem Dingen „idealistisch durchdrungen“ seien. Trotzdem müsse man aufeinander zugehen.

„Die AfD tut, wofür sie gewählt worden ist: Sie macht Radau“, sagte Brandenburg zu der neu im Bundestag vertretenen Partei. Allerdings hätten die linken Parteien immer noch nicht begriffen, wie man mit der AfD umgehen solle. „Wie klein kann man sich machen, wen man Angst hat, einen AfD-Abgeordneten zum Vorsitzenden des Kulturausschusses zu wählen?“

Brandenburg appellierte für ein Umdenken. Man könne die AfD nur entzaubern, indem man sie mitmachen lasse. „Und wenn man sie nicht entzaubert, haben sie etwas richtig gemacht. Man muss sie nicht unterstützen, aber auch nicht kindisch blockieren.“

Wie zuvor Becht betonte Brandenburg die pragmatische und vernünftige Seite der FDP. Seine Partei habe die meisten Kompromiss-Situationen in strittigen Fragen erarbeitet. Als Beispiel nannte er die vor einiger Zeit heftig diskutierte „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche (z. B. Fall der Gießener Ärztin Kristina Hänel, die Ende November wegen „unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche“ zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden war, Anm.d.Red.).

Die Lösung der FDP: „Man darf es hinschreiben, aber es darf nicht werbend sein.“ Brandenburg weiter: „Ich kann mich als Mann nicht hinstellen und fordern, eine Frau darf das nicht googlen.“

Auch beim Thema Familiennachzug für Flüchtlinge sei der FDP-Antrag der rechtlich ausgewogenste. Trotz aller guter Arbeit fände die FDP jedoch „medial fast nicht statt.“ Die Umfragewerte seien aber „so was von stabil bei 9 Prozent. Es ist immer schwerer, eine ausgewogene Position zu erklären“, sagte Brandenburg.

„Feiern 50 Mbit/s wie Raumfahrtprojekt“

Kein Vertrauen hat der FDP-Politiker in die künftige Regierung, die verschlafene Digitalisierung noch auf die Reihe zu bekommen. Der Digitalpakt sei nie passiert. „Mir fehlt der Glaube: Warum sollen dieselben Leute, die es 12 Jahre nicht interessiert hat, jetzt für das Thema brennen?“

China und die USA investierten hunderte Milliarden in die Forschung zur Künstlichen Intelligenz. „Und wir klatschen für 50 Mbit/s.“ (Megabit pro Sekunde). Deutschland sei das einzige Industrieland, das darüber überhaupt noch diskutiere. „Wir feiern die 50 Mbit/s wie ein Raumfahrtprojekt.“

Über die Erklärung der geschäftsführenden Bundesregierung zum unlängst erfolgten Hack auf den Bundestag spöttelte Brandenburg (selbst Informatiker): „Ein ´kontrollierter Hack´- was soll das sein? Sind Sie schon mal kontrolliert verprügelt worden?“

Es sei zudem typisch, dass man sich „wieder einmal“ nicht einig sei, welcher Ausschuss den Hackerangriff aufarbeiten solle.

Auch das bürokratiefreie Jahr für Startups sei entstanden aus der „Nachhilfe“ der FDP. „Die Gründer setzen alles auf eine Karte, glauben an etwas.“ Unternehmergeist müsse unbedingt unterstützt werden. Auch in diesem Punkt habe die CDU „40 Jahre die Fenster zugemacht in der Hoffnung, die Zukunft kommt nicht vorbei.“ So ticke die FDP ganz gewiss nicht.

Brandenburg ermutigte im Kommunalwahl-Vorbereitungsjahr die Verbandsmitglieder, sich politisch zu engagieren und „auf die Liste zu gehen. Kommunalpolitik ist ehrlich, schnell und macht sehr viel Spaß.“

Völker: FDP traut sich was

Der neue und alte Kreisverbandsvorsitzende Christian Völker berichtete, dass der Verband derzeit 130 Mitglieder verzeichnen könne und bereits drei weitere  Aufnahmeanträge vorlägen. Auch viele junge Leute seien dazu gekommen: „Das hat den Altersdurchschnitt von 47,3 Jahren verjüngt auf jetzt 43,8 Jahre.“

Völker verwies darauf, dass die FDP auch soziale Themen angehe. So habe man sich beispielsweise in Kandel für flache Gehwege eingebracht oder für die Überdachung der Bushaltestelle in der Nansenstraße gesorgt. „Die Stadt hatte kein Geld – die FDP hat Sponsoren gefunden. So einfach kann das manchmal gehen.“

„Makabere Kritik der Landes-CDU“

„Makaber“ nannte Völker die Kritik der Landes-CDU (unter anderem vom Landtagsabgeordneten Martin Brandl), weil das Verkehrsministerium nicht alle abgerufenen Gelder verbaut hatte.

Brandl sei der Meinung, die FDP hätte anderen Bundesländern Geld weggenommen und dann nicht verwendet. Das sei sachlich falsch, so Völker, da die nicht verbauten Mittel nicht in andere Bundesländer fließen. Rheinland-Pfalz stünden nach dem Königsteiner Schlüssel rund 4,8 Prozent der Mittel zu. Abgerufen worden seien jedoch 6,3 Prozent der gesamten Bundesmittel für den Fernstraßenbau.

„Scheinbar ist die CDU in Rheinland-Pfalz dafür, lieber weniger optimistisch zu sein und weniger abzurufen, um sich dann für die Zielerfüllung feiern zu lassen, anstatt etwas zu optimistisch zu sein und am Ende vielleicht nur 97 Prozent zu schaffen.“ Optimismus findet Völker allemal besser, als „immer in der Komfortzone zu bleiben.“

Das sei eben der Unterschied zur CDU, sagt Völker: „Die FDP ist zukunftsorientiert und optimistisch. Bei der CDU fährt man auf Sicht und scheut das Risiko.“ (cli) 

 

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