Einrichtung der Pflegekammer in Rheinland-Pfalz: „Wichtiger Schritt“ oder „mageres Teilergebnis?“

1. April 2013 | Kategorie: Allgemein, Landau, Politik Rheinland-Pfalz, Regional

Renate Herzer, Vorstand des DPO Rheinland-Pfalz referierte im Januar bei einer gut besuchten Veranstaltung des Vinzentius Krankenhauses zur beabsichtigten Einführung einer Pflegekammer. Foto: Ahme

Rheinland-Pfalz – Die Pflegekammer kann kommen. In einer Pressekonferenz stellte Sozialminister Alexander Schweitzer die Fakten vor und nannte das Ergebnis einen „wichtigen Schritt“. In einer Befragung haben sich rund 75 Prozent der teilnehmenden Pflegekräfte für die Einrichtung einer Pflegekammer in Rheinland-Pfalz ausgesprochen.

„Die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung in Rheinland-Pfalz kann nur über gut qualifiziertes Personal gewährleistet werden. Die gemeinsamen Anstrengungen von Politik und Praxis der vergangenen Jahre haben gute Ergebnisse erzielt“, sagte Schweitzer. Zukünftig müsse noch mehr daran  gesetzt werden, die Pflegekräfte in der Ausübung ihrer gesellschaftlich wichtigen Aufgabe zu unterstützen.

Noch nie seien in Deutschland so viele Menschen in der Pflege mit einer Kampagne erreicht worden: Potentiell alle, persönlich mindestens 15.000 Beschäftigte, seien durch die Informationsmaßnahmen angesprochen und an dem Dialog beteiligt worden. Für die Befragung hätten sich 9.324 Personen registrieren lassen, das entspräche rund 20 Prozent aller in Rheinland-Pfalz tätigen Pflegekräfte.

An der Abstimmung beteiligten sich 7.061 Pflegekräfte: 5.357 (75,8 Prozent) stimmten für die Einrichtung der Pflegekammer, 1.704 (24,1 Prozent) stimmten dagegen.

„Die Landesregierung sieht dies als wichtigen Schritt zur Einrichtung einer Pflegekammer“, so Schweitzer.

Durch die Befragungskampagne sei eine neue, außerordentliche Dichte im Dialog mit den Pflegekräften in Rheinland-Pfalz erreicht worden. Dieser Dialog solle fortgesetzt und intensiviert werden. Der Weg hin zur Einrichtung einer Pflegekammer werde daher über eine Gründungskonferenz weiter beschritten.

In diesem Rahmen sind im gesamten Land regionale Basiskonferenzen geplant. Außerdem sollen Ansprechpartner in den Einrichtungen gewonnen werden, die für Fragen zur Kammer zur Verfügung stehen. „Mit diesen Instrumenten sollen die inhaltlichen Fragen zur Ausgestaltung der Kammer in enger Abstimmung mit den Pflegenden diskutiert und ein Meinungsbild zur Relevanz der Pflegekammer erarbeitet werden.

Es freut mich besonders, dass die Geschäftsführerin der Marienhaus Holding GmbH, Schwester Basina Kloos, sich bereit erklärt hat, den Vorsitz der Gründungskonferenz zu übernehmen“, sagte der Minister. Die Gründungskonferenz sei zudem eine Informations-, Beratungs- und Anlaufstelle für die Pflegekräfte und Vorbereitungsinstrument für den gesetzlich vorgesehenen Gründungsausschuss.

Dieser werde die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Pflegekammer schaffen. „Mit der Aufnahme der Pflegekammer als gleichberechtigte Berufskammer in das Heilberufsgesetz stellen wir die Pflege mit anderen Berufen des Gesundheitswesens gleich und bringen die Wertschätzung, die sie in Rheinland-Pfalz genießt, zum Ausdruck“, so Schweitzer.

CDU-Fraktion  erklärt:

Dazu erklärt die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Hedi Thelen:„Natürlich begrüßen wir das klare Votum zu Gunsten der Pflegekammer –zumal die Landesregierung hier viel zu lange auf der Bremse gestanden und die Notwendigkeit einer Pflegekammer zunächst verneint hat. Leider hat die Landesregierung damit in ihrem Findungsprozess kostbare Zeit verstreichen lassen. Während die CDU bereits im Jahr 2010 einen entsprechenden Parteitagsbeschluss gefasst hat, ist die Landesregierung erst spät aus dem Winterschlaf erwacht. Die Entscheidung der in der Pflege tätigen ist auch schöner Erfolg für die CDU-Landtagsfraktion, die das Thema in Rheinland-Pfalz auf die Tagesordnung gebracht hat. Unser Einsatz im Parlament für die Einrichtung einer Pflegekammer – u.a. mit einer Fraktionsanhörung mit rd. 200 Teilnehmern – hat sich also gelohnt. Wir sind davon überzeugt, dass eine Pflegekammer mit dazu beitragen wird, insgesamt die Situation der Pflegekräfte zu verbessern.

Letztlich wird damit die Pflegekammer auch allen pflegebedürftigen Menschen in Rheinland-Pfalz zu Gute kommen. Das ist wichtig, denn künftig werden immer mehr ältere Menschen immer weniger jüngeren Menschen gegenüber stehen. Das zieht eine Zunahme der Zahl der Menschen mit Betreuungs- und Pflegebedarf nach sich und stellt die Beschäftigten in pflegerischen Berufen vor immense Herausforderungen. Der Bedarf an professioneller Pflege wird in den kommenden Jahren massiv zunehmen.

Wir erwarten nun, dass der Sozialminister den Parlamentariern in der nächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses am 11. April 2013 die Details der Umfrage und das weitere Vorgehen vorstellt. Insbesondere müssen die nächsten Schritte zur Umsetzung nun schnell erfolgen. Außerdem muss die Landesregierung bei den in der Pflege tätigen weiter intensiv für die Pflegekammer werben und Aufklärungsarbeit leisten. Mit ihrer Befragung hat sie gerade einmal rd. 1/3 der Pflegekräfte erreicht.“ Durch die Einrichtung einer Pflegekammer werde die dringend notwendige Aufwertung der Pflegeberufe erreicht, so Thelen. Die Sicherung klarer Berufsstandards und die Stärkung der Verhandlungsposition der Pflegekräfte gegenüber Krankenkassen, Trägerverbänden und Ärztekammern seien wesentliche Elemente, die für die Einrichtung einer Pflegekammer sprechen. Zudem werde ein Verbraucherschutz für die älteren Bürger gewährleistet.

Kritik

Aber es gibt auch Kritik. Sie kommt von der Gewerkschaft ver.di. Die Befragung sei aufgrund der geringen Beteiligung nicht  repräsentativ. „Wir sind der Auffassung, dass eine demokratische  Befragung der Betroffenen der richtige Weg ist. ver.di bleibt jedoch bei ihrer kritischen Haltung zur Errichtung einer Pflegekammer. „Die dringlichsten Probleme wie Verbesserung der Rahmenbedingungen, Finanzierung des Gesundheitswesens und eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte können durch eine Pflegekammer nicht gelöst werden.“

Auch der  Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege, Thomas Greiner, übt Kritik. Er spricht von einem „mageren Teilergebnis“ und davon, dass die Pflegekräfte „mit den Füßen“ abgestimmt und sich (laut mploy-Magazin), gegen Zwangsmitgliedschaft und hohe Zwangsabgaben ausgesprochen hätten. (desa/msagd.rlp.de/cdu-fraktion-rlp.de)

Siehe auch Bericht im Pfalz-Express, Januar 2013 : http://www.pfalz-express.de/unhaltbare-zustande-in-der-pflege-wird-rheinland-pfalzische-pflege-kammer-erkampft/

 

 

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