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Donald Trump einer der „Kings of Kallstadt“: Pfalz-Express-Interview mit Regisseurin Simone Wendel und Filmvorführung am 7. Oktober

6. Oktober 2016 | Kategorie: Kreis Bad Dürkheim, Kreis Südliche Weinstraße, Regional
Simone Wendel mit dem Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Kallstadt, Axel Messer. Hier fand das Pressegespräch statt. Foto: Pfalz-Express/Ahme

Simone Wendel mit dem Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Kallstadt, Axel Messer. Hier fand das Pressegespräch statt.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Edenkoben. Am Freitag wird der Film „Kings of Kallstadt“ im Künstlerhaus Edenkoben gezeigt. Danach gibt es ein Gespräch mit der Regisseurin Simone Wendel.

(Freitag, 7. Oktober, 19 Uhr, Künstlerhaus Edenkoben, Weinstraße 181)

„Ich bin Simone Wendel und komme aus Kallstadt, einem kleinen Weindorf in der Pfalz. Ich bin über zwanzig Ecken mit mächtigen Imperien-Inhabern aus den USA verwandt, die wiederum auch aus dem gleichen Dorf stammen: Donald Trump und Heinz-Ketchup.“

Mit diesen Worten beginnt der Dokumentarfilm „Kings of Kallstadt“ (2014), in dem die Regisseurin Simone Wendel der Frage nachgeht, ob es Zufall sein kann, dass die beiden Industrie-Magnaten aus dem gleichen kleinen Dorf stammen und was das Besondere an diesem Völkchen ist, das so bedeutende Söhne in die Welt entlassen hat.

Dazu trifft sich Wendel mit den unterschiedlichsten Bewohnern Kallstadts und befragt sie zu Beruf und Alltag, zu Ketchup-Rezepten und Vereinszugehörigkeiten, zu deren Verwandtschafts-verhältnissen mit Trump und Heinz und begegnet schließlich sogar dem Industriegiganten und US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump selbst.

Darüber hinaus gelingt es der Regisseurin, ein liebevolles Portrait ihres Heimatdorfes zu skizzieren, eine Hommage an das Dorfleben, die den Zuschauer verstehen lässt, warum die Kallstadter so sehr in ihrer Heimat verwurzelt sind.

Das anschließende Filmgespräch führt Hans Thill.

Eintritt: 7 Euro/4 Euro (ermäßigt für Schüler und Studenten)

Quelle: badenstein

Quelle: barnsteinerfilm

Der Pfalz-Express sprach im Vorfeld mit Regisseurin Simone Wendel über Kallstadt, Trump und das Filmemachen.

Simone Wendel ist in Kallstadt geboren und aufgewachsen. Der Vater war sehr aktiv in Vereinen und im Gemeinderat. „Ich habe auf diese Weise viel vom Dorf – und Vereinsleben mitbekommen“, sagt sie.

Dann kamen Abitur und Studium. Wendel verließ vor zirka 20 Jahren Kallstadt und wohnt nun in Mannheim. Hauptberuflich ist sie Kommunikations-Designerin und Filmemacherin.

Mit dem nötigen Abstand habe sie festgestellt, dass „ich das sehr gerne mag, was sich nicht ändert und was einem einen gewissen Halt gibt“. Man würde es wohl als Heimat betrachten, was sie so umschreibt.

PEX: Wie wichtig ist der Begriff Heimat?

Ich glaube, der Begriff hat eine extreme Renaissance erlebt. Ich habe mal ein Projekt gemacht vor neun Jahren – da war das verstaubt. Jetzt hat sich das geändert. Es ist ein Gegenpart zur Globalisierung – wir haben sogar eine Hochphase des Heimatgefühls.

Durch das Internet gibt es eine ständige Verfügbarkeit der Welt. Nach Globalisierungswahn hat sich mittlerweile eine Sehnsucht nach Geborgenheit und Gemütlichkeit herauskristallisiert.

PEX: Geht nicht trotzdem der Trend zur Stadt?

Das kann man so nicht pauschalisieren. Ich würde mir gerne in der Stadt ein kleines Dorf bauen. Ich habe aber mehrere Herzen in meiner Brust und bin für viele Dinge begeisterungsfähig.

PEX: Was ist denn der Unterschied von Stadt und Dorf? Wo lebt sichs besser?

Es gibt kein „besser“, es ist einfach anders und Geschmackssache. Außerdem wäre es naiv, Stadt und Dorf vergleichen zu wollen, das sind zwei Welten.

PEX: Was zeichnet Kallstadt besonders aus?

Die Kallstadter haben großen Sinn für Humor und nehmen die Dinge entspannt und gelassen.

PEX: Haben Sie ein Beispiel dafür?

Wenn sie den Film sehen, dann verstehen Sie es. Na ja, die Kallstadter können über sich selbst lachen. Sie haben einen Hang zu Spitznamen untereinander und sind sehr umtriebig und wuseln rum. Kann ich auch auf mich beziehen (lacht).

PEX: Ist es den Kallstadtern bewusst, dass sie berühmte Auswanderer haben?

Das war ihnen schon immer klar, aber es wollte noch Niemand einen Film darüber machen. Sie haben jetzt übrigens genug Trubel, nachdem Donald Trump so bekannt ist.

PEX: Gibt es offizielle Erinnerungsstücke an Heintz und Trump? Bilder oder Straßennamen? Oder ein Museum?

Die Kallstadter haben kein Museum. Das ist ein kleiner Ort. Das Weingut Heintz hat eine Ketchup-Flasche bei sich stehen. Das finde ich sympathisch. Man ist hier nicht so sehr beeindruckt von den Vorfahren.

PEX: 2012 war eine Kallstadt-Abordnung in den USA. Wie haben die Leute die Reise empfunden?

Es hat den Leuten gut gefallen – sie haben viel erlebt und gesehen. Sie haben die Firma Heintz-Ketchup besucht und haben Karten für ein Baseballspiel geschenkt bekommen.

Es wurde die Feuerwehr in New York besucht und das Highlight war die Teilnahme an der Steubenparade in New York. Die Kallstadter hatten Winzerkittel und Dirndl an, manche waren als Trauben verkleidet und man hatte einen Saumagen aus Stoff dabei, der dann mit Ballons gefüllt wurde. Das war witzig. Manche Amerikaner haben „Saumagen“ gerufen – die kannten das. Es war auch noch ein Bacchus dabei, der hatte sehr viele Frauen im Arm.

PEX: Wie kommt es, dass sich die Leute im Film so natürlich bewegen?

Sie haben nicht gemerkt, dass sie gefilmt werden. Das ist die Kunst, unsichtbar zu sein.

PEX: Würde das Dorf nochmal auf Reisen gehen?

Ich glaube schon. Die würden überall hinfahren. Hinterher wurde schon gefragt : „Wann reisen wir denn wieder“. Kallstadter sind sehr gerne unterwegs und sie sind erlebnisfreudig. Sie feiern gerne und laden Gäste ein. Kallstadt hat nur 1200 Einwohner, dafür aber 20 Restaurants.

Donald Trump: Seine Vorfahren stammen aus der Pfalz. Foto: dts Nachrichtenagentur

Donald Trump: Seine Vorfahren stammen aus der Pfalz.
Foto: dts Nachrichtenagentur

PEX: Kommen wir zu Donald Trump, der ja jetzt als Präsidentschaftskandidat für Aufregung sorgt. Was ist das für ein Mensch? Wie kommt es, dass er so gut rüberkommt?

Politisch kann ich mich nicht über ihn äußern. Er war jedenfalls sehr freundlich, professionell und pünktlich. Er ist ein Medienprofi und weiß, wie er sich inszenieren will. Wir hatten allerdings Familienbonus.

Ich habe ihm viel von der Familie erzählt und wollte ihm Kallstadt nahebringen. Wir haben ihm Bilder von Kallstadt gezeigt. Es schien ihm gefallen zu haben.

PEX: War er denn schon mal in Kallstadt?

Nein, aber er hat gesagt, dass er kommen wolle.

PEX: Was bedeutet denn Heimat für ihn?

Amerikaner interessieren sich mehr für ihre Herkunft als mancher Deutsche.

PEX: Kann Donald Trump deutsch?

Nein, aber sein Cousin, der ist tatsächlich sehr heimatverbunden. Der heißt John Walter und ist executive president of trump management. Über ihn bin ich zu Donald gekommen.

PEX: Wären die Kallstadter denn auf einen so berühmten Mann vorbereitet?

Ich will nicht über die Kallstadter mutmaßen. Die würden aber sicherlich ihm gerne „hello“ sagen.

PEX: Und der Film?

Es ist ein Dokumentarfilm, keine Dokumentation. Die wäre objektiver, ein Dokumentarfilm ist sehr subjektiv und auch freier. Da kommt auch immer die Perspektive zum Tragen. Dieser Film musste subjektiv sein.

PEX: Wann ging der Film an den Start?

Vor zwei Jahren war Premiere in Mannheim mit 700 Leuten. Im Sommer 2015 gab es eine open air-Veranstaltung in Frankenthal und eine große Veranstaltung in Freinsheim mit zirka 300 Leuten. Die Leute amüsierten sich immer königlich. Manche waren vier mal drin. Der Film ist auch in Berlin, München, Leipzig und Hannover gelaufen.

PEX: Der Film zeigt, was einen Pfälzer ausmacht, oder?

Ja, die Leute können sich stark damit identifizieren.

PEX: Was war denn die größte Problematik?

Die größte Schwierigkeit war tatsächlich der Schnitt: wir hatten 270 Stunden Material, das wir verdichten mussten. Es gab ja kein Drehbuch.

Ich hatte vorher keine Vorstellung, was kommt. Die Schnittphase war sehr anstrengend. Man muss ein Gefühl entwickeln und fragen „was will mir das Material sagen?“

PEX: Wie muss man sich den Aufbau vorstellen?

Wir springen zwischen Dorf und USA hin und her, wir fangen im Dorf an und enden dort – das ist die grobe Struktur.

Eigentlich sollte man auch nicht mehr als drei Hauptfiguren haben, bei uns war das ein ganzes Dorf! Es waren wichtige Dorfpersönlichkeiten dabei. Da wusste ich genau, das funktioniert. Das sind gute Typen.

PEX: Wollen sie auf der Heimatschiene weiter machen?

Ich bin kein Heimatforscher. Man kann an vielen Orten spannende Dinge finden, wenn man genau hinschaut. Ich habe ein Faible für Unpopuläres.

Bei mir geht’s immer um Menschen, die mich sehr begeistern. (desa)

Foto: Pfalz-Express/Ahme

Foto: Pfalz-Express/Ahme

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