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Die neuen Gastroführer sind da: Die Pfalz – ein Paradies für Feinschmecker

16. Dezember 2012 | Kategorie: Essen & Trinken, Panorama, Regional

Ein Vorspeisen-Teller der „Krone“ in Hayna anlässlich eines festlichen Events. Foto: Ahme

Pfalz – Die brandneuen, mit der Jahreszahl 2013 erschienenen, Restaurantführer bestätigen der Pfalz ihren herausgehobenen Rang unter den Genießerregionen Deutschlands.

Der Pfälzer Anteil an den ausgezeichneten Restaurants ist überdurchschnittlich hoch im Verhältnis etwa zur Fläche oder Einwohnerzahl. Dies gilt im weiteren Sinne auch für das Bundesland Rheinland-Pfalz mit seinen diversen Wein- und Feriengebieten.

Bewertungen der Küchenleistungen:

Die Übersicht über die verschiedenen Gastro-Bibeln ist dabei nicht ganz einfach, weil jeder Führer eigene Symbole zur Kennzeichnung der Küchenleistung verwendet.

Im Prinzip jedoch arbeiten sie alle mit einer fünfteiligen Notenskala. So vergibt der Schlemmeratlas bis zu fünf Kochlöffel(paare), und der Michelin kennzeichnet unterhalb seiner ein bis drei Sterne eine „gute Küche zu moderaten Preisen“ mit dem Reifenmännchen Bib-Gourmand, bevor er weitere Lokale im Sinne einer Empfehlung lediglich noch nennt. Der Gault Millau vergibt null bis vier „toques“ (Kochhauben), wobei er in Anlehnung an das französische Schulnotensystem bei zwei Hauben zwischen 15 oder 16 Punkten unterscheidet. Solche Zwischennoten in Form von halben Punkten oder aufwertenden Pfeilen (der „große Guide“ von Bertelsmann) sind durchaus üblich. Einzig der VARTA-Führer hat seine ehemals ersten drei Kategorien in eine gepackt, nämlich seinen „Stern-Tipp“.

Pfälzische Erfolgs-Gastroszene:

Ganz vorne liegen gleichauf der „Schwarze Hahn“ in Deidesheim und die „Krone“ in Herxheim-Hayna. Es folgen das Restaurant „Freundstück“ im Ketschauer Hof (Deidesheim),

Dieter Luther in Freinsheim , die „alte Pfarrey“ Neuleiningen,  Steverdings „Isenhof“ in Knittelsheim und das „Walram“ im Bad Bergzaberner Schlosshotel, bevor Herxheim erneut auftaucht mit der „Pfälzer Stube“, dem Zweitrestaurant der Krone, vor der Zweibrücker Fasanerie („Ess libris“) und dem „Refugium“ im Kloster Hornbach.

Als Newcomer am stärksten eingeschlagen hat das Neustadter „Urgestein“ im dortigen Steinhäuser Hof.  Der schon an der Mosel erfolgreiche Benjamin Pfeifer  (sein Dessert ziert die Titelseite des „gusto“) dürfte auch in seinem neuen Umfeld das Zeug für einen weiteren Aufstieg haben. Ihm folgt die Wartenberger Mühle mit ihrem konzeptionell veränderten Restaurant unter dem neuen Namen „Mahlwerk“.

Mehrfach hoch gehandelt werden auch Harry Borst in Maßweiler, die Deidesheimer „Kanne“, die Weinstube Brand in Frankweiler, das „Weinkastell zum weißen Ross“ in Kallstadt, Schneider in Dernbach, das „Lamm“ in Neupotz, das „Edesheimer Schloss“, die „Backmulde“ in Speyer und das „Marly“ in Ludwigshafen.

Neu eingetragen in die Bestenliste haben sich die Ellenbergs in Heßheim, „Arens“ in Hainfeld, das Weinreich in Freinsheim  sowie das Weinbistro „Bassermännchen“ als Zweitrestaurant des Ketschauer Hofs zu Deidesheim.

Objektive Qualitätsurteile?

Ob ein Qualitätsurteil objektiv sein kann, wo Fragen des Geschmacks eine Rolle spielen, wird gelegentlich bezweifelt. Da ist es gut – und manche Führer betonen dies ausdrücklich – dass die Grundlage für ihre Benotung in aller Regel ein jeweils anonymer, unangemeldeter (Test-)Besuch vor Ort ist. Die insofern vorhandene Basis für ein unabhängiges Qualitätsurteil kann im Einzelfall allerdings wiederum fraglich werden, wenn ein in dem gleichen Führer beurteiltes Restaurant dort etwa Anzeigenwerbung schaltet.  Andererseits muss man einfach sehen, dass mit einem aufwendig recherchierten Printprodukt wie einem Restaurantführer (es gibt auch Anwendungen für das Internet) kaum Geld zu verdienen ist. Insofern können kostenpflichtig untergebrachte Fotos vom Hause legitim sein. Der andere Weg wäre der, den der „gusto“ geht: Ein Restaurant, das einen Fixbetrag zahlt, wird in jedem Fall aufgenommen und besprochen – eine vielleicht unliebsame, aber immerhin offene Verfahrensweise.

Gastroführer im Überblick:

Der Guide Michelin, der Klassiker mit fast 20 Ausgaben weltweit, bewertet mehrere tausend Restaurants und Hotels in Deutschland. Besonderes Augenmerk genießen solche Adressen, die gut und dabei günstig sind. Für entsprechende Restaurants steht das Reifenmännchen Bib in rot und für Hotels in blau auf einem Kopfkissen. Dankenswert praktisch sind die zusätzlichen Ortspläne. Der in Karlsruhe bzw. Landau ansässige Reifenproduzent vergibt in die Pfalz mit 3,5 Prozent die (relativ) meisten seiner Auszeichnungen.

Der Führer des Batterieherstellers VARTA kann es in puncto Datenfülle und Kartenmaterial mit dem Michelin aufnehmen. Seine Beurteilungen sind zuverlässig recherchiert, was bei den Restaurants auch und gerade für seine einfachen Empfehlungen (Symbol: Teller mit Besteck) gilt. Die Leistungsspitze markieren der VARTA-Tipp mit und ohne Stern; bei der Hotellerie hinsichtlich Service und Ambiente, für die Gastronomie bezüglich Service und Küchenleistung. 1-5 Diamanten informieren lediglich über die Ausstattung.

Der oft mit der Benzinmarke ARAL verbundene Schlemmeratlas ist ein reiner Restaurantführer, sein Pendant in der Hotellerie nennt sich passenderweise Schlummeratlas. Am Schlemmeratlas beeindruckt seine gute Lesbarkeit dank übersichtlicher Gestaltung und zahlreich eingestreuter Fotos. Über 4000 Restaurants aus Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland sind hier auf einer fünf- bzw. mit Zwischenschritten neunstufigen Notenskala erfreulich weitgehend differenziert.

„Der große“ Restaurant- und Hotel-Guide stammt aus dem Netzwerk des Bertelsmann-Verlags und kooperiert von daher auch mit der Zeitschrift „essen & trinken“. Seine gute Überschaubarkeit verdankt sich nicht nur dem gekonnten Layout, sondern seiner unüblichen Ordnung. Sortiert ist er in erster Linie nach (Freien-)Regionen und dann erst nach Orten: Noch eine Neuheit: Er vergibt in diesem Jahr maximal fünfeinhalb Kochhauben, so dass hinter dieser Bewertungsskala wieder höhere Anforderungen stehen.

Für seine ausführlichen und dabei gelegentlich auch bissigen Texte ist der Gault Millau bekannt. Er leistet Gastrokritik im umfassenden, positiven wie negativen Sinne; Letzteres auch mit Noten wie 11 von 20 Punkten oder gar noch weniger. Er ist nur in der Spitze der strengste Führer. Sein Selbstvergleich mit dem Michelin – dass 13 Punkte im Gault Millau einem Stern „nahekommen“ sollen –   ist insofern eine nicht nachvollziehbare Übertreibung. 16 Punkte wären da die statistisch korrektere Angabe.

Die Anderen: Ausführliche Texte über die besten Lokale Deutschlands bietet ebenfalls der zum zweiten Mal erschienene „gusto“. Sein Vorteil sind nachvollziehbare Urteile, sein Nachteil ist die sperrige 13-teilige Notenskala, deren niedrigste immer noch als Empfehlung gelten sollen.

Ein schmales Taschenbuch ist übrig geblieben, seit der Feinschmecker vor zwei Jahren praktisch alle Restaurants mit einem von 5 F-Symbolen gestrichen hat. Solche Adressen führt er jetzt nur noch in Ballungsräumen auf, dem relativen Schwerpunkt seines Interesses. (Manfred Novak)

Zur Person:

Der Autor dieses Berichts, Manfred Novak, ist ausgewiesener Gourmet und Weinfachmann und kennt sich als Restaurant-Tester im Feinschmecker-Paradies Pfalz bestens aus.

 

 

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