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Debatte reißt nicht ab: Offener Brief an Migrationsbeiratsvorsitzenden Aydin Tas

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Im Landauer Rathaus trifft sich ein Mal im Monat der Beirat für Migration und Integration.
Foto: Foto: pfalz-express.de/Ahme

Landau – Diyap Özdüzenciler, langjähriges ehemaliges Mitglied des Beirats für Migration und Integration, sah sich aufgrund der umfangreichen Berichterstattung über Aydin Tas, der noch bis November das Amt des Vorsitzenden inne hat, veranlasst, eine – wie er betont – rein sachliche Stellungnahme zu verfassen.

Hier der Brief im Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Tas,

Hallo Aydin,

ich habe mir lange überlegt, ob ich diesen Brief schreiben soll. Erst Ihr Artikel in der Rheinpfalz am 07.08.2014, dann in Facebook und jetzt im Pfalz-Express am 08.09.2014 hat mich letztendlich veranlasst, diesen offenen Brief zu schreiben. Als ehemaliges Mitglied des Beirates für Migration und Integration und ein Mann der ersten Stunde möchte ich gewisse Dinge richtigstellen.

Laut Ihrer Aussage soll der Hauptgrund Ihres Entschlusses der Folgende sein:

Zitat Bericht: „Sich aus dem Beirat zurückzuziehen, ist laut Tas die große zeitliche Belastung, die zu Lasten seiner Familie gehe. Und eben dieser möchte er sich künftig stärker widmen. Daher möchte er auch nicht bei dem nächsten Beirat Wahlen für Migration und Integration erneut Kandidieren. „Schließlich trage ich ja Verantwortung für meine Familie“.

Ich bin erstaunt, dass jemand, der sich seiner Familie wegen vom Amt als Vorsitzender der Beirat für Migration und Integration zurückziehen wollte, nun für einen Sitz im Stadtrat kandidiert. Offenbar war die Familie nur eine vorgeschobene Begründung.

Denn nicht nur streben Sie einen Sitz im Stadtrat an, sondern Sie lassen sich durch die SPD für Ausschüsse im Sozial, Kultur und Sport sowie für einen Aufsichtsratssitz in der Stadtholding wählen. Und schließlich kandidieren Sie für den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden des SPD-Ortsverbands.

Wenn die SPD dem zukünftigen Beirat für Migration und Integration einen großen Gefallen tun will, dann darf sie Sie nicht mit Migrations- oder Integrationsaufgaben betrauen, sonst werden Sie Ihrem Nachfolger an der Spitze des Beirats für Migration und Integration ständig von außen hineinregieren.

Der Beirat besteht aus zwölf Mitgliedern. Sie alle tragen durch ihren Einsatz zum Erfolg oder Misserfolg des Ganzen bei. Schade, dass Sie das in Ihren öffentlichen Äußerungen kein einziges Mal erwähnen. Auch die Arbeit Ihrer Vorgängerin und deren Vorgänger würdigen Sie nicht.

Sie tun so, als ob Sie das Rad neu erfunden hätten.

Dabei haben Sie viele Themen und Veranstaltungen, die vor Ihrer Zeit vorhanden waren, nur neu aufgegriffen, wie z.B.: Bücherlesungen, Wochen der Kulturen, politische Diskussionen, Interkulturelles Fest, Kommunales Wahlrecht für nicht EU Bürger…

Die Zeugen für meine Aussagen leben alle noch bzw. sind teilweise sogar immer noch im Beirat aktiv. z.B. Hilal Incedere, Veronique Ziegler, Francesca Chillemi-Jungmann. Daher finde ich Ihre Aussagen unfair und nicht richtig gegenüber Ihren elf Kollegen/innen und vor allem Ihre Vorgänger/in.

Weiterhin möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihren Wunsch unmöglich finde, einen Frauen-Badetag im Landauer Freibad für muslimische Frauen einzuführen, die sich im Bikini oder Badeanzug den männlichen Blicken entziehen wollen.

Als ehemaliges Vorstandsmitglied des Islamischen Kulturvereins in Landau kann ich Ihren Wunsch nachvollziehen, jedoch auf keinen Fall akzeptieren. Menschen die ihren Frauen verbieten, in öffentliche Bäder zu gehen, gehören nicht in unser Jahrhundert.

Frauen in unserer Gesellschaft, sowohl in der Türkei als auch in Europa, haben jahrhundertelang hart gekämpft, um Freiheiten zu erreichen.

Wenn die Landauer Verwaltung solchen Wünschen nach Absonderung nachkäme, wäre das kein Ausdruck von Weltoffenheit, sondern von Unwissenheit.

Was kommt danach:

-Koran-Unterricht in deutschen Schulen durch einen Imam…

-Dass muslimische Mädchen nicht mehr am Sportunterricht in der Schule teilnehmen dürfen…

Lieber Herr Tas, Sie verlangen von unseren Landauer Politiker etwas, das in Ihrer Erdogan-Türkei nicht mal existiert. Wenn Menschen mit Ihrem Weltbild in die politischen Gremien kommen und entscheiden können, dann sorge ich mich als Bürger dieses Landes um die Zukunft meiner Kinder.

Ich finde gut und wichtig, dass unsere Politik bunter und kulturell reicher wird, aber wir sollten unabhängig von Herkunft, Glauben und Hautfarbe Menschen wählen, die die grundlegenden Wertvorstellungen unserer Gesellschaft vertreten, sonst werden wir hier irgendwann eine Türkei haben, die noch nicht einmal in der Türkei existiert.

Mit freundlichen Grüßen,

Diyap Özdüzenciler

Landau, 12.09.2014

 

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