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Cannabis auf Rezept: Nur 382 Schwerkranke in Deutschland besitzen eine Ausnahmeerlaubnis

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Patienten, die in Deutschland Cannabisblüten oder -extrakt zu medizinischen Zwecken erwerben möchten, müssen nach § 3 Absatz 2 Betäubungsmittelgesetz einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis stellen. Doch erst 424 solcher Anträge wurden seit Mai 2005 von der Bundesopiumstelle, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), genehmigt.

Der Erwerb von Medizinal-Cannabis ist in Deutschland streng reglementiert. Chronisch Kranke, die Cannabisblüten oder -extrakte zur Behandlung ihrer Leiden erwerben möchten, müssen sich den Erwerb medizinischer Cannabisprodukte von der Bundesopiumstelle genehmigen lassen – ein langer bürokratischer Weg.

698 Anträge auf eine Ausnahmeerlaubnis hat das BfArM in den letzten zehn Jahren entgegengenommen, nur 424 Patienten erhielten einen positiven Bescheid. Die Zahl der erteilten Ausnahmegenehmigungen ist jedoch von Jahr zu Jahr gestiegen: Während 2007 nur vier Antragstellern eine Erlaubnis erteilt wurde, waren es 2012 bereits 55. 2014 erhielten 145 Patienten eine Genehmigung für Medizinal-Cannabis und in diesem Jahr sind bereits bis Anfang März 32 positive Bescheide erteilt worden. Ein Teil der Patienten hat seine Genehmigung dem BfArM zufolge inzwischen entweder zurückgegeben oder ist verstorben.

Bei der Vorstellung des Jahresberichts 2014 des UNO-Drogenkontrollrats bestätigte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), das Vorhaben, Menschen, die an Krankheiten wie Multipler Sklerose leiden, den Zugang zu alternativen Mitteln zur Schmerzbehandlung wie Cannabisblüten oder -extrakten in Zukunft zu erleichtern.

Zudem sollen diese Behandlungsmethoden künftig auch über die Krankenkassen abgerechnet werden können. Bisher müssen Patienten den teuren Medizinal-Cannabis aus eigener Tasche bezahlen. Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kündigte im Februar 2015 an, entsprechende Gesetze neu zu regeln. Diese könnten bereits 2016 in Kraft treten.

In der Forschung ist das medizinische Potenzial einiger der in Cannabis enthaltenen Stoffe wie Cannabidiol (CBD) seit Längerem bekannt. So zeigte eine Untersuchung der Nationalen Gesundheitsinstitute der USA beispielsweise, dass CBD ein „großes Behandlungspotenzial [2] besitzt, indem es oxidativen Stress, Entzündungen, Zelltod und Fibrosen dämpft.“
Denkbar wäre eine Anwendung in der Krebstherapie – beispielsweise bei Brustkrebs – sowie bei Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa oder bei kardiologischen Krankheitsbildern. Wegen seiner entzündungshemmenden und schmerzstillenden Eigenschaften wird eine Behandlung mit Cannabis zudem zur Linderung verschiedener Symptome der genetisch bedingten Hautkrankheit Epidermolysis bullosa (EB) [3] diskutiert.

Bei Schmerzmedizinern hingegen sind die anstehenden Neuregelungen umstritten [4]. „Wir fordern sonst für alle Medikamente strenge Studien und haben strengste Zulassungsregelungen – das alles gibt es für Medizinal-Hanf überhaupt nicht“, sagte Gerhard Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin, in Bezug auf die geplante Lockerung der Reglementierung. Bisher gebe es zwar Indikationen, für die eine positive Wirkung von Medizinal-Cannabis belegt sei. Aber für einen allgemeinen Einsatz fehle die Datengrundlage.

By Mjpresson (Own work) [CC BY-SA 3.0 [5]], via Wikimedia Commons [6]

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