Bad Bergzabern: Seefeldt: Leben im Alter – Kommunen müssen neue Strukturen für 21. Jahrhundert aufbauen

28. Mai 2017 | Kategorie: Kreis Südliche Weinstraße, Politik regional, Regional
V.li.: CDU-Landratskandidat Dietmar Seefeldt, Beigeordnete Monika Scheder, Bürgermeister Dr. Fred-Holger Ludwig. Fotos: Pfalz-Express/Licht

V.li.: CDU-Landratskandidat Dietmar Seefeldt, Beigeordnete Monika Scheder, Bürgermeister Dr. Fred-Holger Ludwig.
Fotos: Pfalz-Express/Licht

Bad Bergzabern – Dietmar Seefeldt, CDU-Landratskandidat für den Kreis Südliche Weinstraße, hatte zum Thema „Leben im Alter und Pflege“ ins Haus des Gastes eingeladen.

Konkret ging es darum, was insbesondere Kommunen gestalten und steuern können, wenn die Gesellschaft immer weiter altert.

Dabei räumte Seefeldt erst einmal mit dem Vorurteil auf, dass ältere und alte Menschen ausschließlich „versorgt“ werden müssten. Das neue Leitbild heiße „Teilhabe“, nicht nur „Versorgung“. Viele Ältere seien nicht allein Objekt der Hilfe, sondern selbst in der „Sorge“ aktiv, so Seefeldt in seinem Vortrag.

Für die Zukunft sieht Seefeldt generationsübergreifende Konzepte gefordert, wie beispielsweise die Förderung „Neuer Nachbarschaften“, gemeinsames Leben von Alt und Jung gemeinsam („Haus der Familie“) und eine weitsichtige Demografiepolitik vor Ort in den Gemeinden. Dafür müsse jeweils der Bedarf festgestellt und Ungleichheiten der Lebensbedingungen im Alter wahrgenommen werden. Dann gelte es, gezielt gegenzusteuern. Ein Teil der Kosten könne mit Fördergeldern finanziert werden.

Laut einer Umfrage bei Menschen über 50 Jahren der „Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege“ antworteten 70 Prozent, dass sie sich eine Pflege zu Hause wünschten.

47 Prozent wären mit einem Pflege-Mix (Familie und Profis) zufrieden, 15 Prozent könnten sich auch ein Pflegeheim vorstellen. Der Fokus liegt also in den eigenen vier Wänden: Die meisten Menschen wollen im Alter bis zum Lebensende am liebsten Zuhause leben und auch dort gepflegt werden.

Dietmar Seefeldt SÜW BZA

Wunsch und voraussichtliche Wirklichkeit passten aber nicht mehr zusammen, erläuterte Seefeldt. Die Schere zwischen Pflegepotenzial und Pflegebedarf gehe zu weit ausweinender. Deshalb seien grundsätzlich neue Antworten gefragt.

Eigeninitiativen wie die Gründung von Bürgervereinen in den Gemeinden, organisierte Nachbarschaftshilfen, Anschaffung von Bürgerbussen, Telefonringe, Runde Tische, örtliche Gesprächs- und Kontaktforen oder Internetplattformen zum Austausch sollten laut Seefeldt von den Kommunen tatkräftig unterstützt werden – eine „sorgende Gemeinschaft“ also.

Jede Gemeinde solle sich zudem mit der Planung dem Bau, und dem Betrieb von ambulanten Wohn-Pflege-Gemeinschaften mit jeweils bis zu 12 Plätzen für pflegebedürftige, demenzkranke Menschen in der Dorfmitte einsetzen.

Als Beitrag der Kommunen sieht Seefeldt die Kreisverwaltung in der Rolle als:

  • Initiator (für Entwicklungsrichtung und Projekte)
  • Grundsatzpapier-Stifter „Pflege 5.0“
  • Leiter einer regionalen Pflegekonferenz
  • Informationsgeber (an Gemeinden, Aktivisten, Multiplikatoren)
  • Unterstützer (Fachberatung, Öffentlichkeitsarbeit, Informationstagungen, „Roadmap“ zur Umsetzung erstellt)
  • Netzwerk-Organisator (Seniorenbeauftragte, regionale Pflegekonferenz, Investoren-Verwaltung- Bürgerschaft in Kontakt bringen).

Die Gemeinden und Verbandsgemeinden könnten die Organisation von Runden Tischen und Bürgerversammlungen zum Thema „Älter werden“ initiieren und Aktionspläne erstellen, in der die Bürger aktiv einbezogen werden.

Scheder: „Einheitliche Standards machen Pflegeberuf attraktiver“

Eine generalistische Pflegeausbildung ist für die Beigeordnete der Stadt Bad Bergzabern, Monika Scheder (CDU), grundlegend für einen weiteren Ausbau der Pflegestrukturen: „Eine Personalbemessungsgrenze muss einfach her, damit alle richtig versorgt werden können.“

Alle in der Pflege tätigen müssten dieselben Ausbildung erhalten, forderte Scheder. Derzeit gebe es noch immer zu wenig Personal und keinen einheitlichen Tarif für Pflegende. Der Beruf müsse mit besserer Bezahlung und mehr Freizeitausgleich attraktiver gemacht werden, denn viele Pflegende arbeiteten zwar mit Herz und Seele, aber auch am Limit ihrer Belastungsgrenzen.

Ludwig: „Kreisverwaltung muss viel mehr unterstützen“

Mit viel Leidenschaft stürzte sich auch Bad Bergzaberns Bürgermeister Dr. Fred-Holger Ludwig (CDU) in das Thema, der sich vorab allerdings über den Ablauf des Besuchs von Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) geärgert hatte. Da hätten „Leute zwei Projekte der Stadt vorgestellt, die damit nichts zu tun haben“, so Ludwig. Das sei kein politischer Anstand.

Ludwig sagte, die über 65-Jährigen nähmen heutzutage massiv an der Gestaltung ihres Umfelds teil.

Mit steigendem Alter werde jedoch die eigene Wohnung zum Aktionsradius eines Menschen – deshalb seien Teilhabe und Lebensqualität so wichtig: „Soziale Netze am Wohnort sind ein entscheidender Punkt. Und all das hängt von der finanziellen Lage der Kommunen ab. Hätten wir mehr Geld, könnten wir mehr tun.“ In Bad Bergzabern beträgt die Pro-Kopf-Verschuldung derzeit 1071 Euro.

Vorwürfe erhebt der Bürgermeister gegenüber der Kreisverwaltung: Das Projekt Liebenau beispielsweise sei gestorben, weil es „im Endeffekt vom Kreis nicht gewollt war.“

Dabei sei Teilhabe die Grundvoraussetzung für Lebensqualität: „Soziale Netze, Mobilität, kulturelle Veranstaltungen. Kultur trägt zur Gesundung bei, nicht ein Leben ausschließlich in Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche.

Kommunen sollten die Steuerung der Aktivitäten übernehmen, so Ludwig– das klappe aber nur, wenn die Rückendeckung des Kreises vorhanden sei. Ein neuer Blick auf die kommunale Verantwortung sei notwendig, ebenso auf den sozio-ökonomischen Status. Als Beispiel nannte Ludwig Zahnersatz und Zahnbehandlungen bei älteren Menschen. Eine Sanierung finde oftmals aus finanziellen Gründen nicht statt. Dabei bedeute dies nicht nur die Pflege des Leibes, sondern auch der Seele.

In Rheinland-Pfalz besetze die Altersarmut einen Spitzenplatz: „Der zweithöchste der Bundesrepublik.“ Zu allem Übel wolle die Landesregierung 79 Prozent der Bundesfördergelder behalten, sagte Ludwig.

Ludwig monierte auch die „Arbeitsweise der Ministerien“ in Mainz. Zu diversen Anliegen habe er zahlreiche Briefe geschrieben, aber monatelang auf eine Antwort warten müssen.

Erreichbare Not-Apotheken am Wochenende („manchmal bis zu 25 Kilometer weit weg“), bessere Anschlüsse und Taktung im ÖPNV – dazu fordert Ludwig deutlich mehr Unterstützung von Land, Kreis und Verbandsgemeinde. „Junge Familien kommen nicht nach Bad Bergzabern, weil die Mobilität so stark eingeschränkt ist.“

Der Kreis müsse zudem helfen bei gesundheitlicher Prävention mit dem Aufbau lokaler Gesundheitszentren, Wanderwegen, möglicherweise sogar einer Skipiste und beim Thema Sicherheit: „Es kann nicht sein, dass eine Stadt wie Bad Bergzabern abgehängt wird.“

Von einem möglichen Landrat Seefeldt erhofft sich Ludwig, dass er hinter all diesen Dingen stehe (was Seefeldt zusicherte) und „nach oben“ deutlich mache, um was es gehe. (cli)

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Ein Kommentar auf "Bad Bergzabern: Seefeldt: Leben im Alter – Kommunen müssen neue Strukturen für 21. Jahrhundert aufbauen"

  1. Max sagt:

    Rente kürzen,
    Rente versteuern,
    Eintrittsalter erhöhen.
    Betriebsrenten Garantie abschaffen,
    Krankenbeiträge für Arbeitgeber einfrieren, ist auch eine Kürzung.
    MwSt erhöhen (3%)
    und dann über das Leben im Alter heucheln !
    solche Strukturen brauch ich nicht. Danke !