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Atempause für Reiz-Thema Geothermie – Mediationspapier unterschrieben

 

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Am „eckigen“ Tisch saßen sich Befürworter und Gegner der Geothermie gegenüber. Am Ende unterschrieb die Mehrheit das Mediationspapaier. Fotos: Licht

Landau – Ein Zwischenergebnis sei erreicht, sagte Prof. Dr. Wolfram Schottler, Sprecher der Bürgerinitiativen, „wenngleich das noch keine Akzeptanzerklärung darstellt.“ Gemeint ist das Ergebnis der „Mediation tiefe Geothermie in der Vorderpfalz“.

Seit über zwei Jahren ringen sämtliche Beteiligten – Betreiber und Investoren einerseits, Bürgerinitiativen andererseits und die Landesregierung, die beide Seiten zufriedenstellen wollte -, ihre jeweiligen Positionen zu zementieren. Im Alten Kaufhaus in Landau wurde nun ein Papier unterzeichnet, das die Ergebnisse der zahlreichen Mediatonssitzungen festhält.

Weiter mit einem „Geothermie-Forum“

Das Papier soll den Übergang bilden für ein weiterführendes „Geothermie-Forum.“ Mediator Prof. Dr. Ziekow nannte als Kern der Mediationsvereinbarung den Schutz vor Lärm, des Trink- und Grundwassers, Erdbeben- und Haftungsfragen sowie eine deutliche Verstärkung von Elementen der Bürgerbeteiligung. Ziekow erklärte das Ergebnis zu einer allgemeinen Leitlinie im Umgang mit Geothermie, die weit über das aktuelle Projekt hinausgehe.

Wo künftig Kraftwerke gebaut werden sollen, müssen zuvor nun die Risiken – in der Hautsache Erdbeben, aber auch Lärm und Emissionen – so weit als möglich ausgeschlossen werden. Die Bürger sollen frühzeitig und transparenter informiert, Ombudsleute eingesetzt werden. Auch einen „Geothermie-Lotsen soll es geben, der die Organisation des geplanten Forums übernimmt. Eine direkte Bürgerbeteiligung konnten die Bürgerinitiativen jedoch nicht durchsetzen.

Die Begeisterung hält sich dennoch in Grenzen. „Nicht einmal die Betreiber selbst kennen alle Risiken der Technologie“, warnte Wolfram Schottler und forderte, die Bestimmungen, die beispielsweise beim Fracking gelten, auch für die Geothermie zu übernehmen. Deshalb könne das bislang Erreichte kein Endergebnis sein.

Für Betreiber und Investoren wird es nun nicht mehr ganz so leicht, ihre Projekte umzusetzen. „Eine Herausforderung“, sagte Dr. Christian Lerch, Geschäftsführer im Bereich Geothermie der Pfalzwerke geofuture. Man hätte aber ebenfalls einen Lernprozess durchgemacht und können jetzt die Ängste und Sorgen der Bürger besser verstehen.

Wirtschaftsministerin Lemke: „Meisterwerk“

Wirtschaftsministerin Eveline Lemke lobte den Verlauf der Mediation als „beispielgebend“. Alle betroffenen Parteien hätten sich demokratisch lösungsorientiert verhalten: „Das Ergebnis ist ein Meisterwerk“, so die Wirtschaftsministerin. „Ich stehe klar hinter den Ergebnissen.“ Die Regierung stehe zudem zu ihrer Zusage, ein Plebiszit zu unterstützen, betonte Lemke. (Plebiszit=Abstimmung des Wahlvolks über eine Sachfrage, Anm.d.Red.).

„Kein Grund zu feiern“

Nicht unterschrieben haben die beiden Bürgerinitiativen Steinweiler und Landau. „Für uns gibt es hier nichts zu feiern“, sagte Werner Müller, 1.Vorsitzender der Bürgerinitiative Geothermie Landau e.V.

Das Papier sei völlig inakzeptabel, bekräftigte auch Walter Ecker, Vorsitzender der BIG Steinweiler (wie berichteten). „Alle wesentlichen Elemente fehlen. Es handelt sich schließlich um Anlagen, die gewaltige Erdbeben verursachen können – und hier saßen Nichtbeteiligte, Nichtbetroffene und haben mit einer Unterschriftenaktion über die Bürger hinweg bestimmt. Man hat wohl tatsächlich vergessen, wer hier etwas bewirkt hat: Das war nicht die lahme Mediation. Unser aktiver Widerstand und der unserer Freunde aus Rohrbach hat bewirkt, dass man sich zumindest ansatzweise mit der Thematik beschäftigt hat.“

„Wer nicht mitarbeiten will, braucht sich nicht zu beschweren“

Werner Freudenmacher, Vorsitzender der Bürgerinitiative Geothermie Freckenfeld (BiGF) e.V., sieht das völlig anders und betonte: „Wer bewusst nicht dabei sein wollte, der kann auch nicht unterschreiben oder eine Unterschrift ablehnen.  Nicht-Teilnehmer sind nicht unterschriftsberechtigt. Die BI Steinweiler und BI Landau haben von Anfang an die Teilnehme an der Mediation abgelehnt“, so Freudenmacher.
„Alle BIs waren gemeinsam im August 2010 beim ehemaligen Ministerpräsident Kurt Beck, dort hat er die Mediation zugesagt und ALLE, die sich beteiligen wollten waren dazu eingeladen.  Die Landesregierung hat ausdrücklich die Bürger, die Kraftwerksbetreiber, die Kommunen und die zuständigen Behörden eingeladen, sich an einen Tisch zu setzen.
`Wir setzen auf das Interesse aller Beteiligten am moderierten Dialog` waren die Worte von MP Beck. Wer nicht am Mediationsverfahren mitarbeiten möchte, sich verweigert, der braucht sich auch anschließend nicht zu beschweren.“

Wohin führt die Geothermie?

Hans-Joachim Kreisel, 1. Vorsitzender der Bürgerinitiative “pro Geothermie”,  Befürworter der Geothermie, hätte niemals gedacht, dass es zwischen den zerstrittenen Parteien zu einer solchen Einigung kommen könne, sagt er. „Das ist schon ein besonderer Moment. Und ich glaube, wenn man die Angst vor der Technologie einmal abgelegt hat, kann die Geothermie ein großer Nutzen für die Bürger sein.“

Tatsächlich wird das Thema Geothermie Bürger, Wirtschaft und Politik wohl weiter umtreiben. Neben Umweltfragen taucht immer häufiger die Überlegung des wirtschaftlichen Nutzens auf – selbst auf Unternehmerseite: So hatte unlängst die Energie Südwest die geplante dritte Bohrung in Kraftwerk Landau  gecancelt – zu unrentabel, hieß es seitens des Aufsichtsrats. (cli)

 

 

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