Ängste, Burnout, Depressionen: Die sieben größten Gefahren für die Psyche

15. Mai 2016 | Kategorie: Gesundheit, Kreis Bad Dürkheim, Panorama
Dr. Friedrich Straub ist Chefarzt der Schlossparkklinik Dirmstein. Der Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie ist u.a. spezialisiert auf Burnout-Erkrankungen und Depressionen.

Dr. Friedrich Straub ist Chefarzt der Schlossparkklinik Dirmstein (Kreis Bad Dürkheim). Der Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie ist unter anderem spezialisiert auf Burnout-Erkrankungen und Depressionen.

Etwa acht Millionen Menschen leiden hierzulande unter Psychosen, Burnout und anderen seelischen Störungen. Dr. Friedrich Straub, Chefarzt der Schlossparkklinik Dirmstein, erklärt die häufigsten Erkrankungen, deren Ursachen und Heilungschancen.

Psychische Erkrankungen nehmen seit Jahren zu. Längst sind Burnouts, Depressionen und andere seelische Störungen öfter die Ursache für Krankenhausaufenthalte als Herzinfarkte oder Rückenleiden, warnen Experten.

Hier ein Überblick der häufigsten Beschwerden und deren Behandlungsmöglichkeiten:

Angsterkrankung

Herzrasen, Schweißausbrüche, weiche Knie: Angststörungen bzw. Angsterkrankungen gehören neben Depressionen zu den häufigsten psychischen Störungen. Eigentlich eine wichtige Schutzfunktion bei drohenden Gefahren, wird es nur problematisch, wenn Ängste überhand nehmen.

Weit verbreitet sind die übermäßige Furcht vor Tieren, Krankheiten, vor Höhe oder etwa Fahrstuhlfahrten. Diese Angststörungen zählen zur Gruppe der Neurosen (siehe unten).

Was sind die Symptome?

Typisch sind starke Angstgefühle ohne objektiven Grund. Häufig verbunden mit  Schweißausbrüchen, Übelkeit, Schwindel und Atemnot. Aus dem Angstgefühl werden oft regelrechte Panikattacken, vom Arzt auch als Panikstörungen bezeichnet.

Konzentrieren sich die Ängste auf bestimmte Situationen oder Objekte (beispielsweise Spinnen oder Hunde), so spricht der Experte von einer Phobie. Weit verbreitet ist etwa die Angst vorm Zahnarzt (Dentalphobie) oder engen Räumen (Klaustrophobie).

Wer ist besonders gefährdet?

Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Experten gehen davon aus, dass jeder Zwanzigste wegen einer Angststörung behandelt werden müsste.

Was schützt davor? Was hilft Betroffenen?

Angsterkrankungen lassen sich sehr gut behandeln. Je nach Art und Ausmaß der Beschwerden können Psychotherapie und Medikamente helfen. Insbesondere die Verhaltenstherapie gilt als erfolgversprechend.

Bipolare Störung: Wechselbad der Gefühle

Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt – dieses Verhaltensmuster kennzeichnet Menschen mit einer Bipolaren Störung. Aufgrund des heftigen Wechsels von Hochgefühlen und depressiven Phasen wurde dieses Leiden früher auch als manisch-depressive Erkrankung bezeichnet.

Experten schätzen, dass hierzulande etwa fünf Millionen Menschen unter dem extremen Auf und Ab der Gefühle leiden.

Was sind die Symptome?

Betroffene leben in einem kaum auszuhaltenden Spannungsfeld von intensiven Hochgefühlen und kreativem Tatendrang einerseits und Niedergeschlagenheit und Trauer andererseits. Oft vergehen Jahre, bevor diese Erkrankung treffend diagnostiziert wird.

Wer ist besonders gefährdet?

Meist tritt diese psychische Störung zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr auf. Experten gehen davon aus, dass die Verteilung wichtiger Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter, im Gehirn nicht richtig funktioniert. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Genetische Faktoren spielen als Ursache ebenfalls eine wesentliche Rolle. Stress und bestimmte Medikamente können die Entstehung begünstigen.

Was schützt davor? Was hilft Betroffenen?

In der Regel ist eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Therapie erforderlich.

Burnout

Burnout ist ein „Volksleiden“, wenn auch ohne wissenschaftlich anerkanntes Krankheitsbild. Manche Experten meinen, dass es sich hierbei im Grunde genommen um Depressionen oder andere psychische Erkrankungen handelt. Sie sprechen in diesen Fällen von einer Erschöpfungsdepression.

Auf jeden Fall ist es schwierig, eine klare Trennlinie zwischen Burnout und Depression zu ziehen.

Was sind die Symptome?

Typisch bei einem Burnout ist der chronische Erschöpfungszustand. Die Betroffenen fühlen sich ausgebrannt, leer und antriebslos. Ihnen fällt es immer schwerer abzuschalten und innere Ruhe zu finden.

Häufig klagen die Betroffenen aber auch über Schlaflosigkeit, Angstzustände, Hyperaktivität sowie Gefühle der Ohnmacht, der Resignation oder der inneren Leere.

Wer ist besonders gefährdet?

Nicht nur Prominente und Manager, Lehrer und Krankenschwestern „erwischt“ es.  Selbst Schüler leiden immer häufiger unter entsprechenden Symptomen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Der Grund: Haushalt, Familie und Job – diese stressige Dreifachbelastung führt oftmals zum Burnout.

Grundsätzlich sind insbesondere sehr leistungsorientierte Menschen gefährdet. Nicht selten geraten aber auch Menschen durch lange Arbeitslosigkeit oder familiäre Probleme so stark unter Druck, dass es zu seelischen Störungen kommt.

Was schützt davor? Was hilft Betroffenen?

Wichtig ist es, im Job auch mal Nein sagen zu können und sich nicht ausschließlich über Beruf und Karriere zu definieren. Ausreichende Ruhe- und Erholungszeiten sowie Entspannungstechniken wie Yoga oder Autogenes Training helfen ebenfalls dabei, ein hohes Stresslevel abzubauen.

Ein Burnout ist heilbar, doch Rückfälle sind natürlich nicht ausgeschlossen. In vielen Fällen können Psychotherapie und MBSR (= mindfulness based stress reduction nach Jon Kabat-Zinn) hilfreich sein.

Depression

Experten schätzen, dass in Deutschland rund drei Millionen Menschen Depressionen (lat. deprimere = niederdrücken) haben. Im Gegensatz zu Verstimmungen, unter denen viele Menschen insbesondere in Trauerphasen oder in der trüben Jahreszeit leiden, kann eine Depression Monate und Jahre andauern.

Die Bewältigung des (Berufs-)Alltags wird für die Betroffenen immer mehr zum Problem. Die Suizidquote ist hoch: Zehn bis fünfzehn Prozent der Betroffenen nehmen sich das Leben.

Was sind die Symptome?

Eine Depression ist weitaus mehr als nur ein Stimmungstief. Betroffene fühlen sich niedergeschlagen, antriebslos und verzweifelt. In der Regel bestimmen Schwermut und Niedergeschlagenheit den Alltag.

Oft kommen Beschwerden wie Ängste, Magen- oder Darmprobleme, Kopfschmerzen sowie Schlafstörungen hinzu. Auch Suchterkrankungen, Angst- oder Panikattacken sowie Essstörungen sind nicht selten.

Wer ist besonders gefährdet?

Es gibt viele mögliche Auslöser. Oft gehen der Erkrankung sehr belastende Ereignisse wie etwa der Tod des Ehepartners oder berufliche Misserfolge voraus. Auch Überforderungen können eine Ursache sein. Treffen kann es jeden – Kinder ebenso wie alte Menschen. Sicher ist, dass auch genetische Faktoren eine Rolle spielen.

Was schützt davor? Was hilft Betroffenen?

Vorbeugen ist schwierig. Je früher im Falle einer Erkrankung die Behandlung einsetzt, desto größer sind die Heilungschancen. Üblicherweise umfasst die Behandlung Psychopharmaka (Antidepressiva) sowie psychotherapeutische Unterstützung. In manchen Fällen helfen auch Lichttherapie und Schlafentzug.

 Dissoziative Störungen

Dissoziative Störungen (lateinisch = Trennung, Ablösung) bekommt etwa jeder Zehnte in seinem Leben zu spüren. Darunter versteht der Psychiater  die Abspaltung des Bewusstseins von früheren belastenden Erinnerungen und Gefühlen.

Diese Trennung von Denken und Wahrnehmung ist an und für sich ein gesunder Schutzmechanismus des Körpers auf belastende oder gefährliche Situationen. Kommt es jedoch auch in harmlosen Situationen zu einer Abspaltung oder werden diese Phasen und deren Folgen unkontrollierbar, so spricht der Experte von dissoziativen Störungen.

Es kommt zu einer verfälschten Wahrnehmung der eigenen Identität. Der Betroffene fühlt sich nicht mehr als ganzheitliches Wesen, sondern eher als „neben sich selbst stehend“.

Was sind die Symptome?

Bei dissoziativen Beschwerden kommt es zu den verschiedensten Störungen der Bewegungs- und Sinnesempfindung – ausgelöst durch belastende Ereignisse wie etwa Gewalteinwirkung.

Neben einem Gefühl der Entfremdung sind Erinnerungslücken, Gedächtnisverlust, Lähmungen, Seh- oder Hörstörungen weitere mögliche Beschwerden. Bei der „dissoziativen Fugue“  (= Flucht) verschwindet der Betroffene aus seinem bisherigen Leben und nimmt eine neue Identität an. Sein bisheriges Leben ist vergessen.

Als schwerste Form gilt die „dissoziative Identitätsstörung“, auch als „multiple Persönlichkeitsstörung“ bekannt. In diesem Fall leben mehrere Persönlichkeiten in einer Person.

Wer ist besonders gefährdet?

Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer. Meist kommt es in den ersten 30 Lebensjahren zu dieser Erkrankung, nicht selten nach traumatischen Erlebnissen. Oft tritt die Störung in Verbindung mit anderen psychischen Erkrankungen wie Depressionen (siehe oben) oder Burnout (siehe oben) auf.

Was schützt davor? Was hilft Betroffenen?

Da sich die Symptome dissoziativer Störungen schwer von vielen anderen neurologischen Erkrankungen unterscheiden lassen, kommt es häufig zu Fehldiagnosen. Therapeutisch sinnvoll ist eine Kombination aus Psychotherapie und Psychopharmaka.

Neurose

Neurosen (griechisch = Nerv) gelten als psychische Volkskrankheit unserer Zeit. Oft werden Menschen, die auffallend ängstlich sind, ungewöhnlich reagieren oder etwas überspannt handeln, als Neurotiker „abgestempelt“.

Parade-Beispiel ist Woody Allans „Stadtneurotiker“. Doch hinter dem veralteten und wissenschaftlich überholten Begriff verbergen sich ernsthafte Erkrankungen wie Angststörungen (siehe oben) oder Depressionen (siehe oben).

Was sind die Symptome?

Charakteristisch für diese psychische Störung ist ein schüchternes, unsicheres und gehemmtes Verhalten. Den Betroffenen ist ihre Erkrankung bewusst (im Gegensatz zum Psychotiker). Weit verbreitet sind unter anderem Depressive Neurosen, Angst- und Zwangsneurosen (Betroffene haben beispielsweise den Zwang, sich immer wieder die Hände zu waschen).

Wer ist besonders gefährdet?

Häufig manifestieren sich Neurosen in Zeiten von Lebenskrisen. Experten gehen aber davon aus, dass verschiedene Faktoren bei der Entstehung mitwirken – unter anderem Umwelteinflüsse, genetische Veranlagung und die Persönlichkeitsstruktur.

Psychotherapeuten sehen den Konflikt zwischen den eigenen Wünschen und Trieben sowie der Realität als Hauptursache.

Was schützt davor? Was hilft Betroffenen?

Dank verschiedener Arten der Psychotherapie ist eine Besserung oder sogar Heilung möglich. Neurotischen Störungen kann man aber nicht vorbeugen.

Psychose: Wenn der Realitätssinn verloren geht

Im Gegensatz zum Neurotiker verlieren Menschen mit Psychosen zeitweise jeglichen Bezug zur Realität. Sie sehen die berühmt-berüchtigten „weißen Mäuse“ oder fühlen sich als Opfer einer Verschwörung. An dieser schweren Wahrnehmungsstörung erkranken ein bis zwei Prozent der Bevölkerung in ihrem Leben.

Was sind die Symptome?

Typische Symptome sind Halluzinationen und Wahnideen. Die Betroffenen sehen oder hören Dinge, die nicht existieren. Ihr Wesen verändert sich, oft wirken sie zunehmend emotionslos und zerstreut.

Gedächtnis- und Orientierungsverlust sind möglich. Unruhe, Schlaf- und Konzentrationsstörungen treten oft im Anfangsstadium auf.

Wer ist besonders gefährdet?

Junge Menschen zwischen 14 und 25 Jahren. Gibt es bereits innerhalb der Familie Erkrankte, so sollte bei ersten möglichen Anzeichen der Arzt aufgesucht werden. Als Ursache einer nicht-organischen Psychose werden  unter anderem erbliche und Umwelteinflüsse sowie belastende (Kindheits-)Erlebnisse vermutet.

Was schützt davor? Was hilft Betroffenen?

Bei rechtzeitiger Therapie ist bei nicht-organischen Psychosen dank der Kombinationsbehandlung aus Medikamenten und Psychotherapie fundierte Hilfe möglich.

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