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50 Jahre Lebenshilfe Landau-Südliche Weinstraße: Unvorstellbar, wenn es sie nicht gäbe

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Georg Rothöhler freute sich, viele Gäste zum Lebenshilfe-Geburtstag begrüßen zu können.
Fotos: Ahme

Offenbach. Mit einem Festakt im Werk I der Südpfalzwerkstatt wurde am Freitag  „50 Jahre Lebenshilfe“ der Kreisvereinigung Landau-Südliche Weinstraße gefeiert.

Der Vorsitzende  des Vereins Georg Rothöhler begrüßte als Ehrengäste Ministerpräsident a. D. Kurt Beck, Minister Alexander Schweitzer, Landrätin Riedmaier, OB Schlimmer, die Landtagsabegordneten Schwarz, Schneider Schleicher-Rothmund sowie die Vorsitzende des Landesverbandes der Lebenshilfe, Barbara Jesse.

Besonders freute sich Rothhöhler über einen Gast,den Ehrenvorsitzenden und Gründungsmitglied der Lebenshilfe, Professor, Dr. Hermann Josef Hilbert. Dieser sprach später in einer bewegenden Rede über die schwierigen Anfänge der Lebenshilfe in den sechziger Jahren und rührte damit so manchen Zuhörer fast zu Tränen.

Zunächst aber fasste Georg Rothöhler „50 Jahre, die mit Spaß und Anstrengung verbunden waren“ zusammen. „Wir können stolz darauf sein, was wir erreicht haben. Das Programm der Lebenshilfe ist umgesetzt worden: Hilfe fürs Kleinkind bis ins hohe Alter.“ Dabei seien gute Mitarbeiter Teil des Erfolgsprogramms, aber auch die gute Zusammenarbeit von festen Mitarbeitern und ehrenamtlichen Personen.

Einer, der die Erfolge der Lebenshilfe viele Jahre verfolgt und sie unterstützt hat, ist Kurt Beck. In seiner Festrede skizzierte er das Bild das früher die Gesellschaft von Benachteiligten hatte. „Über Jahrhunderte hinweg haben sich Eltern für ihre Kinder geschämt und sie als Strafe Gottes angesehen“, so Beck.

Die Lebenshilfe sei in eine Gerechtigkeitslücke gestoßen, habe Veränderungen angestoßen und dadurch auch eine Veränderung in der Gesellschaft erreicht. In dieser heutigen Gesellschaft sei  man bis zur Inklusion gekommen und könne Menschen unterschiedlicher Möglichkeiten als gleichwertig einordnen- ein revolutionärer Prozess, so Beck. Die Lebenshilfe habe Behinderten neue Lebensperspektiven eröffnet. „Der Gedanke der Inklusion muss weiter geführt werden“, sagt Beck leidenschaftlich und appelierte an ein Miteinander von Lebenshilfe und allen, die die Lebensumstände mitgestalten, wie zum Beispiel auch Architekten und Stadtplaner.

Auch in den Köpfen der Menschen habe sich viel verändert. Eltern sei die Sorge genommen, was mit ihren behinderten Kindern passiert, wenn sie nicht mehr da sind.

Diese Sorge der Eltern griff auch Minister Schweitzer auf. „Die Lebenshilfe war immer Antreiber neuer Entwicklungen. Besonders Georg Rothöhler ist da zu nennen, aber auch Geschäftsführer Dahl und der Leiter der Südpfalzwerkstatt, Helmut Heller prägen das Gesicht der Lebenshilfe.“

Schweitzer nannte die Integrationsbetriebe Südpfalzwerkstatt, Cap-Markt in Herxheim oder Hotel Kurpfalz in Landau als Beispiel gebend. Die Lebenshilfe schaffe nicht zuletzt auch Arbeitsplätze. Schweitzer lobte auch die Landesregierung:  „Niemand  hat mehr Integrationsplätze geschaffen als Rheinland-Pfalz“.
„Von einer inklusiven Gesellschaft haben alle etwas“, so Schweitzer und nannte die Integrative Kindertagesstätte in Bad Bergzabern, in die seine beiden Jungs ein selbstverständliches Miteinander erleben könnten.

„Unvorstellbar, wenn die Lebenshilfe nicht da wäre“, sagte Landrätin Riedmaier in ihrem Grußwort. Großes Lob und Respekt zollte sie „Mister Lebenshilfe Georg Rothöhler: „Wir sind Ihnen sehr dankbar und verehren Sie für Ihre Arbeit“. Als Lebenshilfe-Geburtstagsgeschenk überbrachte sie einen Scheck über 1.500 Euro in ihrer Funktion als Verwaltungsratsvorsitzende der Sparkasse Südliche Weinstraße.

Professor Dr. Hermann Josef Wilbert, inzwischen 81 Jahre, war selbst Vater eines betroffenen Sohnes namens Josef. Kinder in den sechziger Jahren verschwanden in Anstalten, in denen sie verwahrt wurden. Sie endeten in der Psychiatrie oder wurden in Haft gesetzt.

„Aus heiteren Kindern wurden verstörte Versager“, so Wilbert. In den Niederlanden war man seinerzeit weiter. Tom Mutters hatte ein neues Konzept entwickelt, das er 1964 nach Landau brachte, das Konzept der Lebenshilfe. „Die Eltern haben erkannt: Die Lebenshilfe ist unsere einzige Chance“, so Wilbert, der selbst auch als Vorsitzender die Lebenshilfe, die fast untergegangen wäre, viele Jahre geprägt hat, obwohl sein Sohn bald nach der Gründung gestorben war. Trotzdem sah es Wilbert als Pflicht an, den Verein weiter zu führen.

Für den Bewohnerbeirat und Werkstattrat sprach Felix Dutiné ein paar Worte: „Uns geht es hier einfach saugut“, freute sich der junge Mann, der begeistert Fußball spielt und Fahrrad fährt und Vieles in seiner Umgebung mitgestalten kann.

Die Landesvorsitzende Barbara Jesse betonte die unverminderte Aktualität der Lebenshilfe-Idee und bekräftigte, wie Minister Schweitzer die Forderung nach einem bundesweiten Teilhabegesetz. „Das wird vielen Menschen die Möglichkeit geben, so normal wie möglich zu leben. Wir benötigen eine Politik der Menschenrechte“, so Jesse. (desa)

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