30 Jahre Kinder- und Jugendtelefon: Gute Zuhörer und Problemlöser bei der Arbeit

19. Oktober 2013 | Kategorie: Allgemein, Landau, Regional

Christian Zainhofer überreichte Ilse Gärtner (Mitte) die Goldene Ehrennadel mit Urkunde, die höchste Auszeichnung, die der Kinderschutzbund zu vergeben hat. Rechts freut sich Viola Sauter.
Foto: Ahme

Landau. 30 Jahre Kinder- und Jugendtelefon: Gestern wurde dieses Jubiläum offiziell im Pfarrsaal Heilig Kreuz begangen. Im Mittelpunkt stand jedoch die Verabschiedung und Ehrung von Ilse Gärtner, auf die später noch eingegangen wird.

„Sie sind Problemlöser und Anhörer“ wandte sich OB Hans-Dieter Schlimmer an die Vorsitzende des Kinderschutzbundes Landau-SÜW, Viola Sauter, an Ilse Gärtner  und die zahlreich erschienenen Berater, die durch die Jahre hindurch ehrenamtliche Arbeit für das Kinder- und Jugendtelefon geleistet haben. „Das ist heute euer Fest“.

Grußworte mit Respekt

Weitere Grußworte sprachen Kreisbeigeordneter Nico Schenk für den Landkreis Südliche Weinstraße, Landtagsabgeordnete Christine Schneider, sowie die Bundestagsabgeordneten Hitschler und Gebhart. Allen gemein war der große Respekt für die ehrenamtliche Leistungen der Berater, die sehr viele Stunden ihrer Freizeit für das Projekt einsetzen. „Ich verneige mich in Dankbarkeit“ sagte beispielsweise Thomas Hitschler, der eine Ration Süßigkeiten und Beruhigungstees für die Aktiven dabei hatte. Schlechtes Zeugnis, Stress mit den Eltern oder den Freunden seien bedrückende Situationen, sagte Schneider und bedankte sich bei Ilse Gärtner als „Frau der ersten Stunde“ nicht nur im Bereich des Kinder-und Jugendtelefons.

Rückblick Ilse Gärtners

Es war an eben dieser Frau, einen Rückblick zu halten. „Vier Generationen an Menschen habe ich in diesen 30 Jahren kennen gelernt“, erzählte sie. Viele Projekte des Kinderschutzbundes hätten, so gut sie auch gewesen waren, nicht überlebt, das Kinder-und Jugendtelefon schon.

Als Gemeinschaftsprojekt habe man sich schon zu Beginn (der Kinderschutzbund war damals erst zwei Jahre alt) der Qualitätssicherung verpflichtet gefühlt und qualifiziert ausgebildet. Damals bildeten Elisabeth Schad und Ilse Gärtner die erste Beratergruppe aus.

Die ersten Telefondienste im Schulhof 5, einer nicht sehr einladenden ersten Unterkunft des Jungendtelefons, beschränkten sich in der Anfangszeit auf cirka 100 Anrufe im halben Jahr. Mittlerweile gibt es jährlich zwischen 10.000 bis 12.000 Anrufe, alleine in Landau. Mittlerweile ist man auch gut vernetzt in der Bundesarbeitsgemeinschaft Sorgentelefone mit bundeseinheitlichen kostenlosen Nummern. Dass diese Nummern kostenlos sein können, ist Sponsoren wie der Telekom zu verdanken.

Podiumsdiskussion

Seit 2003 gibt es auch eine Email-Beratung, die mit 1000 Emails pro Jahr im Bereich Landau eine sehr gute Erfolgsquote aufweist. Das Problem, dass auch Scherzanrufe sich unter die vielen echten Probleme mischen, beläuft sich bei schriftlichen Anfragen auf Null, wie Waltraud Meisner später bei der Podiumsdiskussion erzählte.

Jugendliche beraten Jugendliche: Dies ist ein Dienst, den es seit 2009 gibt. 16 bis 19 Jährige beraten Gleichaltrige. Erfahrungen, die die jugendlichen Berater hiermit machen, werden gerne fürs Studium oder für die Ausbildung genutzt. Jonas Kühn, als einer der wenigen Männer Jugendberater, möchte zum Beispiel Pädagogik studieren. „Es ist ein super Weg zur Selbstreflexion“.

Christin Fritz, die zukünftig Berater ausbilden wird, stellte in der Podiumsdiskussion Carola Schaurer vor (sie war damals erste Beraterin des Kinder-und Jugendtelefons), Jonas Kühn, Elke Anton, Waltraud Meisner sowie Boris Wagner vor. Letzterer kann als Lehrer seine vielfältigen beruflichen Erfahrungen mit einbringen. Große Themen in der Telefonberatung beziehen sich auf pubertäre Erfahrungen, auf Liebe und Sexualität.

Verabschiedung und Ehrung Ilse Gärtners

Höhepunkt der Feierlichkeiten war die Verabschiedung Ilse Gärtner´s, der ersten hauptamtlichen Mitarbeiterin beim Kinderschutzbund. Sie sei als „Zehnkämpferin“ in vielen Bereichen des Kinderschutzbundes tätig gewesen, habe selbst auch cirka 200 Telefon-Berater ausgebildet, berichtete Viola Sauter, die selbst noch von Gärtner ausgebildet worden war.
Christian Zainhofer, Vizepräsident des Deutschen Kinderschutzbundes überreichte Ilse Gärtner anschließend  für deren „unglaublich großes Engagement“ die Goldene Ehrennadel, es ist dies die höchste Auszeichnung, die der Kinderschutzbund vergeben kann.

Festvortrag Dipl. Psych. Dr. Trenkle

Der Dipl.Psych. Bernhard Trenkle aus Rottweil hielt einen Festvortrag zum Thema Humor in Beratung, bei dem das Publikum viel zu lachen hatte und humorvolle Einblicke in moderne Therapie- und Beratungskonzepte bekam.

Er verglich den Einsatz von Humor in der Beratung mit der Verwendung von Champagner in der Küche. Man kann diesen als Aperitif verwenden, ein Champagner-Sorbet machen oder auch eine Soße abschmecken. Wer Champagner aber als Hauptnahrungsmittel definiert, hat ein Problem, erklärte Trenkle dem schmunzelnden Publikum.

Er sprach deshalb kurz über seine „Grundküche“, die Ericksonsche Hypnotherapie. Der amerikanische Psychiater Milton Erickson gilt nicht nur als Pionier einer modernen Hypnosetherapie, sondern auch als Ausgangspunkt der lösungsorientierten Beratung sowie der Ressourcenorientiertung der Familien- und Psychotherapie. Über viele Fallbeispiele definierte Trenkle wie Humor als Element eine Rolle in Beratung und Therapie spielen kann.

Obwohl er zwei Witzbücher geschrieben hat, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden, verwendet er jedoch selten Witze in seinen Sitzungen mit Klienten. Dagegen spielt die Verwendung von witzigen Sprüchen und Aphorismen eine große Rolle in seiner Arbeit.

Das Ende des Vortrages enthielt ein kurzweiliges Feuerwerk von witzigen Sprüchen. Er zitierte Michael Marie Jung mit: „Es gibt Teile in mir, die haben sich noch nicht das Du angeboten.“ Genauso wie Georg Kreissler: „Als wir noch dünner waren, standen wir uns näher“.

Aus dem Themenschwerpunkt Paar- und Beziehungsprobleme stammen weitere Sprüche: „Partnerschaft heißt nicht dass der Partner schafft“, „Es ist gut, dass es die Ehe gibt, sonst müssten wir womöglich ein Leben lang gegen völlig wildfremde Menschen kämpfen“ oder „Körperliche Abwesenheit ist oft besser als Geistesgegenwart“. (desa)

Das KINDER- UND JUGENDTELEFON – Die Nummer gegen Kummer: 0 800 111 0 333

Es handelt sich um ein anonymes Beratungsangebot des DKSB für Kinder und Jugendliche.
Es bietet Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, offen und anonym über ihre kleinen und großen Probleme zu sprechen und Fragen zu stellen, die sie beschäftigen. An etwa 100 Standorten arbeiten bundesweit 3000 ehrenamtliche, gut geschulte Berater/ -innen.
Montag bis Samstag von 14 bis 20 Uhr

Seit 1983 bietet das Kinder- und Jugendtelefon Landau Kindern und Jugendlichen Hilfe und Beratung an. Angegliedert an die Bundesarbeitsgemeinschaft KJT des DKSB orientiert sich das Kinder- und Jugendtelefon an deren Richtlinien.
Die Nummer gegen Kummer ist ein kostenloses und anonymes Beratungsangebot des Deutschen Kinderschutzbundes. Die Kinder und Jugendlichen können während der Beratungszeiten anrufen und mit den ehrenamtlichen, qualifizierten Beratern über alles sprechen, was sie bewegt und bedrückt. Sie können hier aber auch Informationen über und Kontaktdaten von Beratungsstellen in ihrer Nähe bekommen.

Zusätzlich zur Telefonberatung werden auch E-Mail Beratungen durchgeführt. Diese beantworten die E-Mails vertraulich und anonym, mit der Einschränkung, dass selbstverständlich die E-Mailadresse des Kindes oder Jugendlichen stimmen muss. Die Berater sind hierbei in ein bundesweites Netz eingebunden, das heißt, die Anfragen und die Antworten kommen nicht direkt hier aus der Region.

Das Kinder- und Jugendtelefon ist während der Dienstzeit unter der bundesweit einheitlichen Nummer auch während der Schulferien ansprechbar.

Die Beratungen am Telefon führen qualifizierte Laienhelfer ehrenamtlich durch. Die Ehrenamtlichen kommen aus allen Berufs- und Altersgruppen; ihre Auswahl unterliegt hohen Ansprüchen (Prüfung der prinzipiellen Eignung, 100-stündige Ausbildung durch eine Diplom-Psychologin, Supervisionsgruppen im 4-Wochen-Rhythmus). (red)

 

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